Holly greift nach den Sternen
anderen Kontinent zu verschwinden. Und Irina ließ fettige Teller mit stinkender Wurst rumstehen. Wenn die sich weigerte, sie zu entsorgen, ließ Holly sich auch nicht unter Druck setzen, weil sie immer zu lange das Bad besetzte.
»Ich hab das kleinste Zimmer«, sagte sie zum hundertsten Mal. »Und ich kann mir kein Wellnesscenter leisten. Ihr seid einfach, also... irgendwie unverschämt. Und ich habe niemals Seifenränder in der Wanne zurückgelassen. Ich weiß nicht mal, was das ist.«
»Hach, mein Zimmer ist so groß wie ein Plumpsklo«, rief Laura empört aus. »Trotzdem muss ich nicht drei Stunden lang meine Haut peelen oder was immer du im Bad machst.«
»Ich begreife einfach nicht, warum ihr mir meinen Rückzugsort verbieten wollt, und ich sehe nicht ein, warum ich das Bad putzen soll.« Holly winselte beinahe. »Ich bin nun mal nicht wie andere.«
Daraufhin ertönte ein unmissverständlich höhnisches Kichern von Candy, das sie jedoch in ein Husten zu verwandeln versuchte. »Ich kann an Hollys Badezimmersessions nichts ändern, aber für alles andere gibt es eine einfache Lösung.«
Drei Augenpaare sahen sie erwartungsvoll an. Candy knabberte an ihrem Croissant, während die Spannung stieg.
Niemand sollte so selbstzufrieden aussehen dürfen, während er so viele Kalorien aß, dachte Holly erbost.
»Na los, spuck’s aus«, sagte Laura ungeduldig. »Deine Lösung, nicht das Croissant.«
»Also, tja - Irina und Molly ziehen aus und wir teilen uns ihre Miete.« Candy leckte ihre Finger sorgfältig ab. »Morgen ruf ich die Agentur an und dann sollen die das arrangieren.«
»Nenn mich gefälligst nicht Molly.« Holly stieß mit ihrem Ellenbogen gegen Candys Arm und sah befriedigt, wie ein Marmeladenklecks langsam aber sicher auf ihr T-Shirt tropfte. Da es bereits bei einem Batik-Experiment ziemlich verfärbt worden war, gab es für Candy keinen Grund, so loszuschreien, als ob ihr Erstgeborener ermordet würde.
»Ich glaube, deine Feindseligkeit rührt von deiner geringen Körpergröße her. Du solltest mal mit deinem Therapeuten darüber reden.« Holly merkte, dass sie vom Thema abgekommen war. »Ich ziehe nicht aus. Das kann ich mir nicht leisten. London ist nach Zürich die teuerste Stadt der Welt. Ihr zieht aus.«
»Ich war zuerst hier«, behauptete Candy unbeirrt. »Ich geh nicht weg.«
»Du warst genau fünf Sekunden vor mir hier. Du ziehst aus und nimmst schräckliche Klamotten mit.« Irinas Gesicht war wie eine Maske. »Ich ziehen nicht aus. Dieses Apartment praktisch für Weständ und Flughafen und billig.«
»Ich kann nicht ausziehen«, protestierte Candy und wischte erfolglos an dem Marmeladenfleck herum, während sie Holly wütend anstarrte. »Conzeptua und meine Mutter haben sich verbündet. Ich durfte nur unter der Bedingung nach London, dass ich in der Wohnung von Fierce wohne.«
Holly erkannte ihr Stichwort. »Dann geh doch zurück nach New York«, schlug sie gut gelaunt vor. »Ich würde dir ja beim Packen helfen, aber leider geht das nicht, weil ich dich nicht ausstehen kann.«
»Ich meiner Mutter nie erlaubän, sie mir sagt, was ich soll tun«, sagte Irina düster. »Das kindisch.«
Candy gab ein Geräusch von sich, das nichts Menschliches mehr an sich hatte. Es hörte sich ungefähr so an, als würde man einen Jeep in einer Kiesgrube anlassen. Holly sah neugierig zu, wie Candy den Mund aufmachte und versuchte, richtige Wörter herauszupressen.
»Himmel noch mal!«, brüllte Laura plötzlich und warf vor lauter Groll ein Kissen quer durchs Zimmer. »Okay, als Erstes suchen wir uns eine verdammte Putzfrau, aber vorher müssen wir diese ganze Scheiße aus dem Weg räumen, weil man in dieser Luft ja kaum noch atmen kann.«
Holly hätte sich vor Freude am liebsten selbst umarmt. Das Personal hatte ihr sehr gefehlt, die Leute, die ihre Schränke aufräumten, ihre Schuhe ordentlich aufstellten und sich darum kümmerten, dass die Nagellackfläschchen alle nach Farben sortiert dastanden.
»... der grässliche kleine Köter...«
Holly kehrte aus ihrem kleinen Tagtraum von einem sauber geordneten Kosmetikkoffer in die Wirklichkeit zurück, in der Candy anklagend auf Mr Chow Chow zeigte, der einen übrig gebliebenen Donut zwischen den Zähnen hielt und heftig hin und her schüttelte.
»Lass das, Schätzchen«, säuselte Holly. »Du weißt doch, dass du keinen Zucker essen darfst.« Sie nahm ihn auf den Arm, weil sie ihn auf seine süße kleine Schnauze küssen wollte.
»Holly, das ist
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