Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hollywood

Hollywood

Titel: Hollywood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
Vom Netzwerk:
Träne aus den Augenwinkeln wischen. Joe griff nach der Hand seines Vaters und spürte, daß der alte Mann zitterte. »Sei nicht traurig, Papa«, sagte er. »Du hast es richtig gemacht. Von jetzt an wird das Leben viel bequemer für dich.«
    »Ich weiß noch genau; wie wir dieses Schild aufgehängt haben«, sagte Phil. »Es ist jetzt fast dreißig Jahre her. Du warst gerade geboren, und wir hatten so viele Hoffnungen.«
    »Du hast sie alle verwirklicht, Papa. Und außerdem hast du noch genug Geld auf der Bank, um einen ruhigen Lebensabend genießen zu können.«
    »Das ist es ja, was mich beunruhigt«, murmelte Phil. »Ich weiß einfach nicht, was ich noch mit mir anfangen soll.«
    Joe warf seinem Vater einen fröhlichen Blick zu. »Was macht denn Moishe Rabinowitz?« fragte er lächelnd.
    »Er geht zum Strand und schaut die Mädchen an«, sagte Phil.
    Joe lachte. »Na und? Das ist doch gar nicht so übel?«
    »Ich bring ihn um«, rief seine Mutter von hinten. Aber selbst sie mußte lachen.
    ***
    Joe drückte auf den Klingelknopf, und Laura machte die Wohnungstür auf. Er wollte ihr einen Kuß geben, aber die beiden schweren Kartons, die er schleppte, waren im Wege. Er mußte es dabei belassen, die Lippen zu spitzen, um einen Kuß anzudeuten.
    »Was bringst du denn da angeschleppt?« fragte sie lachend.
    »Bücher«, sagte er. »Meine Mutter hat sie mir mitgegeben. Sie waren noch in meinem Zimmer. Ich habe sie, seit ich lesen kann, und meine Mutter dachte, ich wollte sie vielleicht aufheben.«
    Laura sah beunruhigt aus. »Wie geht es denn deinen Eltern?«
    Joe konnte nicht antworten. Er preßte die Lippen zusammen und schien mit den Tränen zu kämpfen.
    »Komm, ich mach dir erst einmal einen Drink«, sagte Laura hastig.
    Er folgte ihr ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen.
    Laura goß ihm einen großen Scotch on the rocks ein. »Hier, trink das mal«, sagte sie.
    Schweigend leerte er das Glas bis zur Hälfte. »Weißt du«, sagte er, ohne sie anzusehen, »manchmal nimmt man Leute nur wahr, ohne sie wirklich zu sehen. Sie sind einfach immer da und scheinen immer gleich auszusehen.«
    Laura schwieg.
    »Heute habe ich meinen Vater zum ersten mal richtig gesehen, und mir wurde klar, daß ich noch nie über ihn nachgedacht habe. Und mit meiner Mutter war es genauso. Plötzlich, über Nacht, sind sie alt geworden. Heute waren sie plötzlich nicht mehr die starken, zornigen Eltern, die ich immer gekannt hatte. Sie waren ängstliche alte Leute, denen Gefahren bevorstanden, die ihnen unheimlich waren.« Joe mußte sich unterbrechen, weil er erneut Tränen in seinen Augen aufsteigen spürte. »Wahrscheinlich wissen sie gar nicht, wie sehr ich sie liebe«, sagte er. »Wahrscheinlich habe ich es ihnen viel zu selten gesagt. Meistens waren wir viel zu beschäftigt damit, uns zu streiten.«
    »Sie wissen es genauso wie du«, sagte Laura leise. »Für manche Dinge braucht man gar keine Worte. Liebe ist einfach da. Man spürt sie und braucht nicht darüber zu reden.«
    »Ich habe das Gesicht meines Vaters gesehen, als sie das Schild an seinem Laden heruntergerissen haben. Er hat es dort angebracht, als ich gerade auf die Welt gekommen war. Dreißig Jahre ist das jetzt her. Ich habe das Gesicht meines Vaters gesehen, und ich habe gesehen, wie dreißig Jahre einfach weggewischt wurden.« Er hob den Blick und sah Laura an. »Muß das so sein?« fragte er. »Werde ich in dreißig Jahren auch erleben, daß mein Leben einfach weggewischt wird?«
    Laura kniete sich hin und legte ihm ihre kühlen Hände auf die Wangen. »Nein«, sagte sie. »In dreißig Jahren werden deine Bücher immer noch dasein. Das Buch, das du vor zwei Jahren geschrieben hast, das Buch, das du jetzt schreibst, und alle Bücher, die du in Zukunft noch schreiben wirst. So wie dein Vater immer in seiner Welt leben wird, wirst du als Autor in deiner Welt leben.«
    Sie zog seinen Kopf an ihre Brust und wiegte ihn hin und her. »Schäm dich nicht deiner Tränen«, sagte sie. »Tränen gehören zur Liebe.«

Epilog
    Als sich die Ausstiegsluke der 747 öffnete, war ich der erste der wartenden Passagiere. Es dauerte noch eine Sekunde, bis der Chefsteward dem Beamten von der Einwanderungsbehörde die Passagierliste überreicht hatte, aber dann trat ich sofort hinaus auf den Flugsteig.
    Ein Angestellter der Air France kam mir lächelnd entgegen. »Willkommen zu Hause, Mr. Crown«, sagte er, griff nach meinem Aktenkoffer und führte mich ins Innere des Terminals.

Weitere Kostenlose Bücher