Hollywood
warten wir nicht einfach, bis sie sich melden?«
»Dann ist es zu spät«, sagte Gitlin. »Dann stürzen sie sich auf Sie wie die Geier und plündern Sie vollkommen aus. Keine Einkommensteuererklärung zu machen ist ein kriminelles Vergehen. Wenn Sie eine gemacht, aber keine Steuern bezahlt haben, ist es bloß ein Versäumnis.«
»Und was soll ich jetzt machen?« fragte Joe.
»Ich werde die Steuererklärungen für die beiden letzten Jahre vorbereiten, und Sie reichen sie nach. Die Verspätung erklären wir damit, daß Sie außer Landes waren. Auf diese Weise brauchen Sie bloß Verzugszinsen und eine kleine Strafe zu zahlen.«
Joe sah den Rechtsanwalt besorgt an. »Wieviel wird mich das insgesamt kosten?«
»Ungefähr fünfunddreißig- oder vierzigtausend Dollar«, erwiderte Gitlin.
»Scheiße!« sagte Joe empört. »Dann bin ich ja praktisch pleite. Das sind mehr als sechzig Prozent von dem, was ich auf der Bank habe.«
»Es ist aber immer noch besser, als erwischt zu werden. Dann wird erst einmal alles gepfändet, was Sie besitzen. Nicht nur Ihre Konten, sondern auch alle Honorare, die Ihnen zustehen.« Der Rechtsanwalt nickte bedeutsam. »Geben Sie dem Finanzamt sein Geld.«
Joe lachte. Der Mann hatte offensichtlich Humor. »Okay«, sagte er. »Ich überlasse es Ihnen. Aber dann sollten wir uns schnell um einen Vorschuß für den neuen Roman kümmern.«
»Vor allem einen hohen Vorschuß«, sagte der Rechtsanwalt lächelnd.
Joe wandte sich an Laura. »Was hältst du denn davon?«
»Paul hat recht, Joe. Laß ihn die Steuererklärungen machen, und schreib du dein Buch weiter.«
»Keine Sorge, Liebling. Ich schreib ja. Ich hoffe nur, wir kriegen den Vertrag, den wir brauchen.« Joe warf einen Blick auf die Uhr. »Du meine Güte, es ist ja schon zwei, und ich habe meinen Eltern versprochen, sie um drei beim Geflügelmarkt zu treffen. Mein Vater verkauft heute seinen Anteil am Geschäft, und er möchte gern, daß ich dabei bin. Das Haus haben sie schon in der vergangenen Woche verkauft, und am Samstag wollen sie ausziehen. Mein Bruder hat in Fort Lauderdale eine Praxis eröffnet und ihnen in North Miami eine Wohnung gemietet.«
»Werden sie fliegen?« fragte Laura.
Joe lachte. »Du kennst meine Mutter nicht! Die würde nie fliegen. Sie würde nicht mal den Zug nehmen. Nein, sie werden mit dem Auto fahren, aber nur, weil sie keinen Planwagen haben.«
»Ist das denn gut? Dein Vater ist doch so herzkrank?«
»Sie müssen sich eben Zeit lassen. Jeden Tag nur fünf Stunden, und am Ende wird meine Mutter wahrscheinlich die meiste Zeit fahren.«
Er stand auf. »Ich muß los«, sagte er.
»Ißt du bei deinen Eltern zu Abend?« fragte Laura.
»Nein«, sagte er. »Meine Mutter hat gesagt, sie hätte zuviel zu tun, um zu kochen. Sie packt schon seit Tagen. Wahrscheinlich bin ich zwischen sieben und acht Uhr zu Hause.«
»Ich koche uns was«, sagte sie.
»Mach dir keine Mühe«, sagte er und küßte sie auf die Wange. »Wir können ins Restaurant gehen.«
Gitlin wartete, bis Joe gegangen war.
Dann warf er Laura einen prüfenden Blick zu. »Ich habe noch gar nichts von Ihren persönlichen Plänen gehört, Laura.«
Die junge Frau hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich habe auch keine Pläne gemacht.«
»Ist das nicht ein bißchen unvorsichtig?« fragte Gitlin. »Er kann Sie doch jederzeit sitzenlassen. Sie sind ja schließlich nicht verheiratet.«
Ein winziges Lächeln spielte in ihren Augen. »Deswegen mache ich mir keine Sorgen. Ein Blatt Papier hat noch niemanden zusammengehalten«, sagte sie. »Keine Frau und kein Mann lassen sich von einer Unterschrift halten.«
»Aber Sie wollen ihn doch heiraten, oder?«
Laura lachte. »Merkwürdig, selbst die klügsten Männer sind, wenn es um Frauen geht, schrecklich dumm. Ich muß mich über Sie wundern, Paul. Joe weiß es vielleicht noch nicht, aber er wird mich bestimmt heiraten. Und zwar nicht, weil ich es will, sondern weil er es will.«
***
Als Joe aus der U-Bahn kam, war es kurz nach halb vier. Auf dem Weg zum Geflügelmarkt herrschte dichtes Gedränge. Der Wagen seines Vaters stand auf der Straße, Al Pavone hatte seinen Lastwagen in die Einfahrt gestellt. Joe ging direkt ins Büro.
Seine Eltern bündelten Briefumschläge und verpackten die Akten.
Seine Mutter warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. »Du kommst ja so spät«, sagte sie. »Dein Vater und ich sind schon seit heute morgen um sechs hier.«
»Jetzt bin ich ja da«,
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