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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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das nur zum eigenen Konsum.
    Vielleicht würden sie Freunden etwas abgeben. Aber das als Geschenk.
    Für die Rückfahrt hatten sie länger gebraucht, als sie erwartet hatten. Mitten
    im Skagerrak war der Wind beträchtlich abgeflaut. Als die beiden Studenten
    frühmorgens am Dienstag, dem 6. April, Blickkontakt zum Leuchtturm auf-
    nehmen konnten, war das Meer für diese Jahreszeit ungewöhnlich ruhig. Die
    Sonne brannte am Osthimmel, und sie konnten ihre dicken Schwimmwesten
    ablegen und in Wollpullovern hinter dem Steuer sitzen.
    192
    Es war ein perfekter Tag für einen ordentlichen Joint. Es brachte doch nichts,
    den Motor anzuwerfen, wenn sie an Land nur ein stickiger Lesesaal erwartete.
    Das Gras hatten sie über einen alten Bekannten an der Kopenhagener Uni
    gekauft, und es hielt, was dieser versprochen hatte. Petter und Jonas hatten
    schon vergessen, daß sie bereits zweimal durchgefallen waren und daß die
    Stelle für Studiendarlehen ihnen die Hölle heiß machen würde, wenn sie es
    diesmal nicht schafften. Das zaghafte Flappen der Segel, die nach Wind
    suchten, mischte sich mit dem Glucksen des Wassers und ließ die beiden
    Studenten das Leben positiv sehen. Wenn das Examen auch diesmal in den
    Teich ginge, könnten sie ja die Erde umsegeln. Zwei Jahre lang vielleicht. Auf
    jeden Fall wollten sie nach Sansibar, wo Jonas im vergangenen Jahr die
    Weihnachtsferien verbracht hatte. Und auch zu den Malediven, wo sie von
    Insel zu Insel schippern und vielleicht mit Touristen, die es satt hatten, immer auf derselben kleinen Insel herumzugondeln, ein wenig Geld verdienen
    könnten.
    »Da liegt einer im Wasser«, sagte Petter träge. »Steuerbord.«
    Jonas kicherte.
    »Was macht der denn?« flüsterte er dramatisch.
    »Der ist tot.«
    »Ganz?«
    »Ziemlich.«
    »Haben wir noch Bier?«
    Petter griff in eine Kühltasche und zog eine Halbliterdose Tuborg hervor. Er
    warf sie Jonas zu und machte sich dann selbst eine auf.
    »Der Typ ist noch immer da«, murmelte er.
    Jonas setzte sich auf und klemmte das Ruder ein. »Wo denn?«
    »Da.«
    192
    »Ja, Scheiße! O verdammt, Petter! Der ist doch tot, Mann!«
    »Sag ich doch«, murmelte Petter sauer.
    Jonas beugte sich übers Dollbord und spritzte sich Salzwasser ins Gesicht. Er
    rieb sich die Schläfen und schüttelte energisch den Kopf.
    »Wir müssen ihn holen. Gib mir den Bootshaken.«
    Gemeinsam konnten die beiden Studenten die Kleider des Toten fassen.
    Langsam zogen sie den bleischweren Leichnam auf das Boot zu. Der Mann -
    aus irgendeinem Grund war ihnen sofort klar, daß es sich um einen Mann
    handelte — lag mit dem Gesicht nach unten im Wasser.
    »Dreh du ihn um«, sagte Petter zögernd.
    »Kannst du machen.«
    »Nie im Leben. Meinst du, wir sollen ihn an Bord holen?«
    Jonas versuchte, die Leiche unter dem Bauch zu fassen. Das brachte eine
    Luftblase in deren Kleidern zum Platzen.
    »O verdammt. Das stinkt ja vielleicht. Loslassen! Laß los, zum Teufel!« Petter
    heulte und warf sich auf die Backbordseite. Er stieß mit dem Rücken gegen die
    Kühltasche und ließ einen Strom von Flüchen folgen.
    »Wir können ihn nicht loslassen«, fauchte Jonas und erbrach sich über der
    Leiche. »Wir müssen die Polizei verständigen, du Idiot!«
    Petter rappelte sich auf, rieb sich den wehen Rücken und schnitt Grimassen,
    weil der grauenhafte Gestank nun schon das ganze Boot erfaßt hatte.
    »Können wir ihn nicht einfach an Land schleppen? Wenn wir ein wenig Leine
    lassen, werden wir diesen Scheißgestank los.«
    »Du Obertrottel! Der Kerl löst sich doch schon auf. Wenn wir den auch nur
    zehn Meter schleppen, ist nichts mehr von ihm übrig. Gib mir jetzt ein Tau
    und stell dich nicht so an. Hilf mir doch, zum Teufel.«
    193
    Eine Viertelstunde später hatten Petter Weider und Jonas Broch ihren
    Leichenfund gesichert, indem sie ihn am Dollbord festgebunden hatten. Dann
    hatten sie über Funk die Polizei verständigt. Bestimmt würde die bald eintref-
    fen.
    »Verdammt!«
    Es war ihnen in derselben Sekunde eingefallen. In der Kajüte lag ein knappes
    Kilo Marihuana. Obwohl die Polizei vermutlich nicht das Boot der beiden
    hilfsbereiten Jurastudenten durchkämmen würde, wollten sie das Risiko nicht
    eingehen. Sie wollten später als Anwälte arbeiten, als Starjuristen mit fetten
    Bankkonten. Petter war den Tränen nahe, als Jonas resolut zwei Plastiktüten
    voller tabakähnlicher Drogen ins Meer entleerte.
    Sie hatten nicht damit gerechnet, daß das Meer so still

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