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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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Visitenkarte vor sieben Jahren — ungeheuer vorsichtig
    gewesen. Es war durchaus möglich, daß die Polizei steckenbleiben würde,
    wenn sie von einem durch Bromos pädophile Veranlagung ausgelösten Mord
    ausging. Andererseits war Bromo offenbar nicht vorsichtig genug
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    gewesen. Jemand wußte Bescheid. Jemand hatte Hanne Wilhelmsen mit
    diesen Informationen versorgt. Eine Quelle, hatte sie gesagt.
    Es mußte eine gute Quelle sein. Die Götter mochten wissen, was diese
    Gewährsperson noch zu bieten hatte.
    Die Vorstellung, daß eine Quelle gut genug informiert war, um über Evald
    Bromo Bescheid zu wissen, ließ ihn um sechs Uhr am letzten Morgen, den er
    bei Frau und Kindern zu Hause verbrachte, einen Entschluß fassen.
    Er mußte seinem Instinkt gehorchen und fliehen.
    Und das war ihm nun sogar gelungen.
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    Es war später Nachmittag am Donnerstag, dem 9. April, und niemand konnte
    Iver Feirand finden. Seine Frau konnte berichten, daß er und das Auto
    verschwunden waren und daß er offenbar einen Koffer mitgenommen hatte.
    Hanne Wilhelmsen merkte, daß es ihr egal war.
    Evald Bromos Tod war nicht mehr ihre Sache.
    Sie wollte sich auf unbestimmte Zeit beurlauben lassen und nach Hause
    fahren.
    Nur eine Aufgabe war noch zu erledigen, und sie wußte nicht so recht, ob sie
    sich darauf freute oder ob ihr davor grauste.
    »Ich will allein mit ihm sprechen«, sagte sie abweisend zu dem Wärter, der ihr
    die Tür zur Zelle aufgeschlossen hatte, in der Sigurd Halvorsrud auf einer
    Pritsche saß und sich langsam hin und her wiegte. »Du kannst ruhig gehen.
    Und schließ die Tür nicht ab.«
    Sie betrat die Zelle. Der Mann dort murmelte eine Art Mantra. Hanne hockte
    sich vor ihn. Behutsam legte sie ihre
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    Hand auf seine. Dabei spürte sie seine Anspannung, die Sehnen in seinem
    Handrücken bohrten sich wie scharfe Kanten in ihre Handfläche.
    »Es ist vorbei, Halvorsrud. Wir haben alles geklärt.«
    Er hob ganz leicht den Kopf.
    »Was sagen Sie?«
    Sie lächelte kurz und wiederholte: »Wir haben alles geklärt. Sie hatten recht.
    Salvesen hat Ihre Frau umgebracht. Und Evald Bromos Tod hat nichts mit
    Ihnen zu tun.«
    Für einen Moment glaubte sie, Sigurd Halvorsrud ringe mit dem Tod. Sein
    Gesicht wurde dunkel, fast blaulila um Augen und Mund. Er schloß die Lider,
    dann befreite er plötzlich seine Hand und stand auf. Er zog seine Hosenträger
    gerade und strich sich hilflos über die Hemdbrust.
    Hanne hatte schon unzählige Male das Innere einer Arrestzelle gesehen. Es
    gefiel ihr darin nicht, aber sie hatte bisher nie ein solches Unbehagen
    empfunden, wie es jetzt über sie hereinbrach. Sie sah Halvorsruds raschen
    Blick zur offenen Tür, als schätze er seine Fluchtmöglichkeiten ab. Sie sah ihn
    einen winzigen Schritt in Richtung Ausgang machen, dann hielt er plötzlich
    inne und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Was haben wir Ihnen nur angetan«, flüsterte Hanne Wilhelmsen und
    versuchte, ihn zu berühren, eine sinnlose, tröstliche Geste.
    Der Mann wich aus und weinte so heftig, daß er zitterte, und dabei preßte er
    die Ellbogen an den Leib und senkte den Kopf
    »Was haben wir Ihnen und Ihrer Familie nur angetan«, sagte sie, diesmal
    lautlos.
    Und diese Frage war an sich selbst gerichtet.
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    Epilog
    Hanne Wilhelmsen war seit zwei Monaten beurlaubt. Sie wußte noch nicht, ob
    sie je zur Polizei zurückkehren würde. Der Polizeipräsident hatte gesagt, sie sei jederzeit wieder willkommen, doch sie nahm an, daß auch seine Befugnisse
    irgendwann ein Ende nehmen würden. Sie mußte sich bald entscheiden.
    Iver Kai Feirand war noch nicht festgenommen worden. Sie hatten bald
    gewußt, daß er mit einem falschen Paß über Frankfurt nach Madrid gereist
    war. In Spanien verloren sich alle Spuren. Nach ihm wurde fast überall auf der
    Welt gefahndet, und Hanne war davon überzeugt, daß sie ihn finden würden.
    Wenn nicht früher, dann eben später.
    Während dieser Zeit war sie nur einmal im Büro gewesen. Das war jetzt fünf
    Wochen her, und es war nur passiert, weil Eivind Torsvik sie angerufen und
    auf einem Treffen bestanden hatte. Er wollte sich nicht mit irgendwelchen
    Kollegen abspeisen lassen. Und da er freiwillig nach Oslo gekommen war,
    mußte es um etwas Wichtiges gehen.
    Das Material, das er ihr überreicht hatte, hatte der Osloer Polizei den größten
    Triumph aller Zeiten beschert, was die Bekämpfung von sexuellen Übergriffen
    auf Kinder betraf. Die »Operation Engel« war nur eine Woche,

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