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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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noch vor elf
    Uhr. Er war sechzehn Kilometer gelaufen, während Margaret vor dem
    Fernseher gesessen hatte. Als er nach Hause kam, bot sie ihm Krabbenbrote
    und kaltes Bier an. Sie sagte nicht viel, als sie das auftischte. Während der
    vergangenen Woche war sie ständig schweigsamer geworden. Evald Bromo
    trank das Bier, ließ die Krabben aber stehen. Und Margaret hatte ihn nicht
    genötigt.
    Er hatte ganz bewußt die Badezimmertür einen Spaltbreit offen stehen lassen.
    Drinnen brannte noch immer das Licht. Das Schlafzimmer war in eine sanfte
    Dunkelheit getaucht, und von der Straße her konnte Evald den Lärm junger
    Leute hören, die irgendwo ein Fest feierten. Er schloß die Augen und
    versuchte, dem Fernseher zu lauschen. Vielleicht hatte Margaret ihn
    ausgeschaltet. Sie konnte auch weggegangen sein. Es gefiel ihm nicht, daß sie
    so spät am Abend noch spazierenging. Erst vor zwei Wochen war im Park beim
    Spielplatz eine Fünfzigjährige vergewaltigt worden.
    Er brauchte eine neue E-Mail-Adresse. Die tägliche Mitteilung, wie viele Tage
    der 1. September noch entfernt war, machte ihn wahnsinnig. Er wollte nicht
    mehr. Das Problem war, daß er einen plausiblen Grund für die Änderung fin-
    den mußte. Alle Adressen bei Aftenposten ergaben sich von selbst, seine eigene lautet e [email protected]. Natürlich konnte er über unerwünschte E-Post klagen, aber
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    dann riskierte er, daß die Computertechniker Beispiele fordern würden.
    Er konnte fast nicht arbeiten. Da er als hart arbeitender, zuverlässiger
    Journalist bekannt war, würde er noch eine Weile mit Entschuldigungen und
    Ausflüchten über die Runden kommen. Aber nicht mehr sehr lange. Er sah
    sich unerwünschte einlaufende Meldungen nicht mehr an, aber das bloße
    Wissen, daß sie da gewesen waren, ehe er sie gelöscht hatte, kam ihm vor, als
    werde ihm eine Terminliste für seinen eigenen Untergang aufgezwungen.
    Er konnte kündigen.
    Dann würde seine Adresse gelöscht werden.
    Er konnte bei Dagens Nceringsliv anfangen. Deren Angebot war sicher noch aktuell.
    Andererseits: Auch dann würde der i . September kommen.
    Evald hörte eine Tür ins Schloß fallen. Als Margaret sich einige Sekunden
    später ins Schlafzimmer schlich, stellte er sich schlafend. Er lag bis vier Uhr
    morgens wach und kehrte dabei seiner Frau den Rücken. Danach glitt er in
    einen fast bewußtlosen Zustand. Drei Stunden später erwachte er, keuchend,
    die Decke klebte ihm am Leib. Er konnte sich nicht daran erinnern, was er
    geträumt hatte.
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    Karen Borg schwenkte den rechten Zeigefinger. Er war von drei blauen
    Pflastern mit lächelnden Micky Mäusen verziert.
    »Hab mich mit dem Brotmesser geschnitten«, erklärte sie und ignorierte
    Sigurd Halvorsruds ausgestreckte Hand.
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    Der Oberstaatsanwalt saß seit einer knappen halben Stunde in Hanne
    Wilhelmsens Büro. Das Arrestpersonal war sauer gewesen, als Hanne ihn
    mitgenommen hatte, statt sich in ein Büro im Arrest zu setzen.
    Halvorsrud und die Hauptkommissarin hatten so gut wie kein Wort
    gewechselt.
    »Was ist denn los?« fragte Anwältin Borg atemlos und ließ sich in den freien
    Sessel fallen. »Aparter Zeitpunkt für einen Einsatz, das muß ich schon sagen.«
    Sie warf einen alles andere als diskreten Blick auf die schwarzgoldene Radio-
    Uhr. Die zeigte zwanzig vor zwölf.
    »Halvorsrud wollte mit mir sprechen«, sagte Hanne Wilhelmsen tonlos und
    langsam. »Ich hielt es für falsch, diesem Wunsch in deiner Abwesenheit
    nachzukommen. So, wie die Dinge liegen, meine ich.«
    Sie ließ ihren Blick von der Anwältin zum Mandanten wandern.
    Sigurd Halvorsrud hatte während der letzten vierzehn Tage eine auffällige
    Veränderung durchgemacht. Er hatte stark abgenommen. Noch immer wollte
    er unbedingt Anzug, Hemd und Schlips tragen. Obwohl er damit eine Art
    Würde beizubehalten versuchte, wirkte seine Kleidung trotzig und hilflos. Das
    Sakko hing traurig über seine Schultern und wurde inzwischen auch
    schmutzig. Wenn der Mann aufrecht stand, drohte seine Hose, zu Boden zu
    fallen. Dazu wies sein Mund jetzt einen bleichen, beleidigten Zug auf; ein
    hilfloses Schmollen, das seine ganze Erscheinung einfach erbärmlich wirken
    ließ. Die Runzeln um seine Augen hatten sich vertieft, und sein Blick irrte hin
    und her.
    »Ich möchte die Möglichkeit eines Geständnisses diskutieren«, sagte er
    zaghaft.
    Dann räusperte er sich und erklärte mit größerer Über
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    zeugung: »Ich gestehe, wenn die Polizei

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