Holunderblut
rechts den Hügel hinaufgehen, und dort steht das Altmann-Anwesen, ein gigantisch toller Gutshof, so hat es die Hohenstein beschrieben. Und wenn wir Glück haben, ist der Django um acht Uhr abends noch wach, und die Clara lässt uns rein.«
SIEBZEHN
Manchmal hat man Glück im Unglück, und manchmal ist es andersrum.
Diesmal haben die Katharina Berger und der Matteo Lucarelli definitiv Glück gehabt. Das ewige Mädchen, die wasserstoffblonde Clara Altmann, hat ihnen die Tür geöffnet, und weil auch sie aus der Zeitung erfahren hat, dass der Typ am Steuer vom Thomas seinem E-Type nicht der Thomas gewesen ist, ist sie so wahnsinns erleichtert gewesen, dass sie einen ganz einen guten Tag gehabt hat. Und wie sie jetzt am Abend die Tür geöffnet hat, wo es noch so schön und warm war, und über den grünen Hügel und ihren Gutshof so ein fantastisches letztes Herbstlicht gestrahlt hat, da hat auch sie richtiggehend gestrahlt. Gut hat sie ausgesehen, offene Haare, nicht diese Girlie-Flechtzöpfe links und rechts wie neulich, Jeans, ein ganz ein profanes weißes Top und Ledersandalen mit Strassteinchen hat sie angehabt, und wären im Flur hinter ihr nicht Kunstwerke über Kunstwerke gestanden und gehangen, ein riesiger Flur in einem riesigen Haus, das riesig nach Vermögen ausgesehen hat, sie hätte als eine ganz eine normale, durchschnittliche Person durchgehen können, die einfach froh und glücklich ist.
Gefreut hat sie sich über der Katharina ihren Besuch, und auch über den italienischen Ehemann, den die Katharina dabeigehabt hat, ein hochgewachsener höflicher Typ, der sie optisch ein bisschen an ihren Ex erinnert hat,und der sie sehr nett begrüßt hat mit einem sehr schönen Italienisch.
Der Haushund hat die Besucher nur neugierig beschnüffelt, ein schöner Dalmatiner war das, gastfreundlich auch er, also kein Bellen, kein Winseln, gar nichts, nur das Scharren der Hundepfoten auf dem sandfarbenen Travertinboden und dann ein treues Hinterhertrotten in die Wohnküche.
Kein Problem, dass die beiden sich ein bisschen mit dem Django unterhalten wollen, hat die Clara gemeint, nachdem die Katharina und ihr Italiener gerne ein Glas Prosecco angenommen haben.
Das deutsch-italienische Polizistenpärchen war leicht und elegant gekleidet, nichts mit Uniform, was den Buben hätte beunruhigen können.
Dann hat die Clara sie zum Django ins Zimmer hinaufgeführt, wobei: Zimmer war untertrieben, das war ein Spielzeugsaal, alles Ton in Ton in Weiß und Cremefarben, französische Balkone, leichte Gardinen, durch die der Wind gestrichen ist, und ins Zimmer sind die letzten Abendsonnenstrahlen hereingefallen, und der Django ist auf dem Bauch gelegen, auf dem Boden, mitten in einer Riesenlandschaft aus Playmobilritterburgen und Gummidinosauriern und zu Berglandschaften aufgetürmten Bettdecken und Kissen, und hat Kanonengeräusche von sich gegeben und mit seinen Rittern und Dinos geredet, dialogische Monologe,
ich fress dich auf, du blöder Ritter! Bumm! Ich schieß dich ab du böses Monster! Bumm! Beng! Wegflieg! Totsei!
, und die Dinos durch den Raum geworfen.
»Djangomio, Schatzi, ich hab Besuch für dich, zwei ganz nette liebe Freunde, die sind bei der Polizei und möchten mit dir über den Papi reden.«
Die Katharina hätte das Ganze zwar lieber ein bisschen diskreter eingefädelt beim Django, weil sie gefunden hat, dass man einen Fünfjährigen ja nicht gleich überfallen muss, aber die Clara hat das schon irgendwie richtig gemacht, die hat nämlich genau gewusst, dass sie mit dem Wort Polizei beim Django höchste Aufmerksamkeit erregen kann.
Der Django hat sich auch sofort hingesetzt und war ganz still und aufmerksam, und die Clara hat ihn mit den beiden Besuchern alleine gelassen, darum hat die Katharina sie gebeten.
Dann hat der Django von der Katharina zum Matteo geschaut und wieder zurück zur Katharina, und er ist dagesessen in seinem verdreckten Hilfiger-Poloshirt und in Unterhosen, weißblonde halblange Haare, tiefdunkle große Augen, Stupsnase, volle Lippen, ein sehr, sehr feines und hübsches Gesicht.
Der Matteo ist vor ihm in die Knie gegangen und hat
ciao
gesagt und ihm die Hand hingestreckt. Und der Django hat ihm ganz artig seine ungewaschene Bubenhand gereicht und auch
Tschau
gesagt.
»Matteo Lucarelli.«
Der Django hat ganz kurz noch einmal zur Katharina hingeblickt, vielleicht, um sich zu vergewissern, ob er alles richtig macht, und gesagt: »Django Altmann. Bist du in echt ein
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