Holunderküsschen (German Edition)
schnöden Zöpfe wie man sie macht, wenn man die Wohnung putzen will. Bei ihr ist es ein Pferdeschwanz wie ihn Gwyneth Paltrow zur Oscar -V erleihung tragen würde. Dazu trägt sie einen eleganten Hosenanzug. Wüsste ich nicht wie Katja wirklich ist, ich würde vor Ehrfurcht erstarren. Stattdessen schmeiße ich mich ihr an den Hals und weine ihr die teure Bluse nass. Als der erste Anfall vorbei ist und meine Tränen langsam versiegen, tätschelt sie mir den Rücken und rümpft die Nase.
„Pumbi, egal was passiert ist, was du auf jeden Fall brauchst ist eine Dusche und ein kühles Glas Champagner.“
Leider muss ich gleichzeitig lachen und weinen und an meiner Bluse riechen, weil ich wir k lich ein wenig stinke.
„Du hast was!?“
Ich fahre erschrocken zusammen. Bis eben hat Katja mir fast die ganze Zeit schweigend z u gehört und nur ab und zu ein paar sachliche Zwischenfragen gestellt oder mitfühlende Beme r kungen gemacht. Der jetzt offensichtliche Vorwurf in ihrer Stimme bringt mich völlig aus dem Konzept.
„Wie? Wieso? Warum nicht? Schließlich kann ich ja nichts dafür, wenn mich die Bahn mit so einem Typen in einem Abteil unterbringt“, protestiere ich.
„Schlafwagen“, korrigiert mich Katja und wirft mir düstere Blicke zu. „Du warst mit dem Mann ganz alleine in einer Zweierkabine.“
Sie tut gerade so, als ob ich mit dem Typen in einem Separee verschwunden wäre.
„Es waren wirklich nur ein paar Gläser“, beteure ich ihr. „Ich bin mir sicher, dass der Kerl mir was in den Drink getan hat.“
„Wie kommst du zu dieser Vermutung?“, fragt Katja.
Mein Gott, warum ist meine beste Freundin nur mit so viel Misstrauen gesegnet?
„Na ja“ , sage ich nach kurzer Überlegung, „das liegt doch auf der Hand.“
Katja zieht die Augenbrauen nach oben. „So?“
Ich nicke eifrig. „Warum sonst würde ich einem wildfremden Mann meine ganzen Gehei m nisse erzählen, von denen noch nicht einmal du weißt, dass ich sie habe. Schließlich ...“
„Was für Geheimnisse?“ Katjas Stimme lässt nichts Gutes erahnen.
„Meine Geheimnisse. Du weißt schon.“
Katja sieht mich an, als ob mir gerade ein zweiter Kopf wächst. „Du hast Geheimnisse? Vor mir?“
„Natürlich habe ich Geheimnisse. Die hat doch jeder.“
„Ich nicht. Zumindest nicht vor dir.“
„Du auch.“ Ich sehe Katja eindringlich an.
„Was denn zum Beispiel?“
„Wenn ich das wüsste, wären es ja keine Geheimnisse mehr“, beharre ich.
Katja seufzt. „Okay, einverstanden. Aber ich verstehe noch immer nicht, was das Problem ist.“
„Na, dass ich ihm alles erzählt habe. Jetzt sei doch nicht so schwer von Begriff. Das ist doch nicht normal. Stell dir vor, ich habe diesem wildfremden Mann erzählt, dass ich gerne wüsste, ob meine Eltern noch Sex haben ! “
Katja verzieht das Gesicht.
„Ja, ich weiß. Geht mir genauso. Im Grunde genommen will ich es gar nicht wissen . Aber schließlich werde ich auch mal alt und dann wäre es schon interessant zu erfahren, ob man noch Sex hat.“
„Ich schätze mal, das wirst du noch früh genug herausfinden“, gibt Katja zu bedenken.
„Mmmh, vielleicht. Aber dann habe ich ihm noch erzählt, dass ich noch nie einen Orgasmus mit Johann hatte.“ Ich verstumme, weil ich sehe wie geschockt Katja ist.
„Das ist ja einfach unglaublich“, sagt sie schließlich.
Ich bin etwas irritiert.
„Meinst du jetzt das mit dem Orgasmus oder die Tatsache, dass ich es ihm erzählt habe?“
„Beides“, erklärt mir Katja fröhlich. „Wie kannst du so lange mit einem Mann zusammen sein und keinen Orgasmus haben?“
„Weil ich mich am Anfang nicht getraut habe ihm zu sagen was mir gefällt. Ich hatte Angst, er könnte gekränkt sein. Ich wusste ja nicht, ob wir zusammenbleiben. Na und dann war es i r gendwie zu spät, um noch was zu sagen, und ich habe mich daran gewöhnt.“
„Warum hast du nicht mit mir darüber geredet?“
„Weil es mir peinlich war. Du redest schließlich auch nicht mit mir über deine Orgasmu s-P robleme“, sagte ich kleinlaut.
„Weil ich keine habe!“
„Okay, aber das spielt jetzt ja auch keine Rolle. Hier geht es schließlich um Benni.“
„Und nachdem du damit fertig warst, diesem Benni deine ganzen Geheimnisse mitzuteilen, hast du ihn geküsst?“
„Na ja. Weißt du, als er so vor mir stand, da habe ich einen inneren Drang gespürt. Ich konnte nicht anders – ich musste ihn einfach küssen ...“
„... u nd anschließend hast du ihm
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