Holunderküsschen (German Edition)
ihn einfach!“ Sie nimmt meine Hand und strahlt mich mit ihren eisblauen Augen an. „Ich habe gerade dieses interessante Buch gelesen.“ Sie springt auf und holt ein braunes Buch, auf dessen Vorderseite ein rotes Siegel aufgedruckt ist, aus dem Regal. Katja sieht aus als wäre ihr gerade der leibhaftige Weihnachtsmann begegnet, als sie es mir reicht.
„Wünsche ans Universum“, lese ich leise und sehe erstaunt zu Katja. „Hä, seit wann liest du Esoterik-Bücher? Ich dachte immer, du glaubst nicht an den ganzen Quatsch.“
„Tu ich ja auch nicht“, bekräftigt Katja. „Aber dieses Buch ist ganz anders als die anderen. Ich habe es ausprobiert und es hat geklappt. Ich habe mir vom Universum Erfolg gewünscht und schon am nächsten Tag stand Sergej vor mir.“ Ich kann nicht fassen, dass meine Freundin Katja, die den Kopf immer gerade aufgesetzt hat und sich bei ihren Entscheidungen nie, na ja, fast nie, von ihren Gefühlen beeinflussen lässt, sondern streng nach rationellen Beweggründen entsche i det, an so einen Hokuspokus wie dieses Buch glaubt.
„So, so, und Sergej ist das, was du »Erfolg« nennst?“, frage ich ungläubig. Mann, der Typ muss ja `ne echte Granate sein, denn Katja wird tatsächlich rot. Dass Katja derart ihre Gesicht s farbe wechselt, ist das letzte Mal in der Oberstufe vorgekommen, als sie vor der gesamten Klasse an die Tafel gerufen wurde, um einen Haufen undurchsichtiger Formeln zu erklären . Und alles was aus ihrem Mund herauskam war ein gewaltiger Rülpser.
„Ja, irgendwie schon“, zuckt sie mit den Achseln, „Schließlich habe ich kurz danach bei Blohm + Voss angefangen“
„Was rein gar nichts mit der Tatsache zu tun hat, dass dein Sergej ein kleines Ölimperium besitzt und ganz zufällig der Auftraggeber für diese schnuckelige kleine Yacht ist, die ihr gerade baut und wofür du die zuständige Projektleiterin bist?“ Ich klimpere unschuldig mit meinen A u gen. Als Antwort fange ich mir einen Seitenhieb ein.
„Aua!“ Ich reibe mir die getroffene Stelle. Katjas Augen funkeln wütend.
„Sergej hat nichts damit zu tun. Mein Job an dem Projekt ist reiner Zufall!“ Katja sieht mich an und plötzlich fangen wir beide an zu lachen. Wir lachen so lange, bis uns die Tränen über die Wangen laufen und mir der Bauch vor Lachen weh tut.
„Na ja“, sagt Katja schließlich, während sie sich mit dem Handrücken übers Gesicht wischt. „Auf jeden Fall glaube ich, dass das alles kein Zufall, sondern vom Universum so gewollt war.“ Sie kichert erneut.
„Bist du denn wirklich in Sergej verliebt?“, frage ich leise. Die Frage liegt mir auf der Zu n ge, seit sie mir von ihm erzählt hat.
Katja sieht mich überrascht an. „Natürlich bin ich in ihn verliebt.“
„Und das Geld spielt keine Rolle?“ Die Bilder aus der Klatschpresse von alten, fetten Mä n nern mit viel Geld gehen mir nicht aus dem Kopf.
„Pumbi, wie soll ich den Mann und sein Geld trennen? Ich habe mich in einen intelligenten, überaus charmanten Mann verliebt. Ich habe selbst genügend Geld. Ich brauche keinen reichen Mann zum Leben. Und wenn Klugheit und Charme einhergeh en mit Geld? Allerdings hätte ich es nicht ertragen, wenn er mein Chef gewesen wäre. Das wäre eine völlig andere Situation gewesen. Ich meine, wer will schon seinen Chef als Mann?! Oder?“
Ich seufze laut. „Wohl wahr.“ Obwohl es sich eigentlich ganz gut angefühlt hat, die Verlo b te des Juniorchefs zu sein – bis gestern jedenfalls. Jetzt fühlt es sich schrecklich an. „Also gut.“ Ich schnappe mir das Buch und wedele damit über meinem Kopf hin und her. „Nachtlektüre!“
„Gut“, sagt Katja zufrieden, „Du wirst sehen, ab morgen wird alles anders.“
Hoffentlich, denke ich.
3. Julias Facebook Status: Bin wieder Single ...
Tatsächlich fängt der nächste Morgen völlig anders an, als ich es bis dato gewohnt war. Als ich aufwache, kitzelt mich die Sonne auf den Lidern und es duftet herrlich nach Kaffee.
„Morgen!“, ertönt Katjas Stimme über mir.
„Morgen“, murmele ich und öffne die Augen. Anstatt Johanns verknautschtem Gesicht bl i cke ich in das von Katja, die bereits frisch geduscht und perfekt geschminkt ist.
„Willst du Kaffee?“
„Au ja, bitte.“ Sie reicht mir eine heiße Tasse Kaffee und ein Croissant dazu.
Für gewöhnlich verzichte ich auf Croissants . Also eigentlich seit Johann in letzter Zeit d a mit angefangen hat mich Moppelchen zu nennen und mir seltsame Vorträge über
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