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Holunderküsschen (German Edition)

Holunderküsschen (German Edition)

Titel: Holunderküsschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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mehr konzen t rieren, so sehr ich mir auch Mühe gab. Genau in dem Moment als Magnus mich fragte, ob ich nicht Lust hätte zusammen mit ihm, seinem Bruder Lars und Katja den Rest unseres Urlaubs zu verbringen, beschloss mein Magen die lästigen Rühreier loszuwerden und schoss die gesamte Eimasse die Speiseröhre nach oben – wie ein Vulkan seine Lava. Ich schaffte es gerade noch, meinen Kopf zur Seite zu wenden so dass Magnus nicht getroffen wurde, vergaß allerdings in meiner Panik die Windrichtung mit einzukalkulieren . So kam es, dass ich die Spiegeleier noch einmal zu sehen bekam, diesmal auf meinem T-Shirt klebend.
    Es ist unnötig zu erwähnen , dass Magnus auf eine weitere Zusammenreise mit mir und Katja verzichtete und sich lieber einer mittelmäßig hübschen Engländerin widmete, die sich ebe n falls an Bord der Fähre befand und deren einziger Vorzug war, dass sie im Gegensatz zu mir nicht seekrank wurde. Mein ohnehin angeknackstes Selbstbewusstsein nahm weiteren Schaden.
    „Okay“, gebe ich zu. „Vielleicht kein Schiff . Aber dann gibt es immer noch Bus, Bahn und das Auto.“ Ich sehe sie triumphierend an.
    Katja flattert mit den Augen. „In Ordnung, bei einem derart unerschütterlichen Optimismus muss ich mich wohl geschlagen geben.“
    „Ha, habe ich es doch gewusst: meine Argumente haben dich überzeugt! Siehst du, das ist der Grund, warum ich Reporterin geworden bin. Ich habe einfach eine Gabe, Menschen Dinge logisch zu erklären.“ Ich streiche mir das Haar zurück.
    „Pumbi, du bist ein absolutes Chaosweib und dafür liebe ich dich!“, sagt Katja und lacht.
     
     
    Katja und ich schlendern den Jungfernstieg entlang. Die Prachteinkaufsmeile der Hambu r ger präsentiert sich in strahlendem Sonnenschein und ich fühle mich bei dem Anblick der edlen Auslagen in eine Art Rauschzustand versetzt, wie ich es sonst nur von Weihnachten her kenne. Hamburg ist meine Stadt. Hier flanieren die Menschen. »Sehen und gesehen werden « lautet das Motto der Hamburger. Da huscht keiner in ausgeleierten Jogginghosen an einem vorbei, um mal schnell ein paar Einkäufe zu tätigen. Hier spaziert die Hamburger Gesellschaft in Joop und Jil Sander gekleidet den Jungfernstieg auf und ab.
    Aber das Beste an Hamburg ist, dass mich niemand kennt. Keine Erinnerungen, keine B e kannten, kein Johann, keine lästigen Erklärungen, gefolgt von mitfühlenden Gesprächen, die e i nem das Gefühl geben, dass man ein total beziehungsunfähiger Versager sei. Hamburg ist genau der richtige Ort für einen Neuanfang. Hier hat alles seine Ordnung. Hier herrscht ein höfliches, distanziertes Miteinander.
    An meinem Arm baumeln die Errungenschaften der letzten zwei Stunden. Tüten, ebenso schlicht und edel wie die Namen der Designer, die darauf gedruckt sind. Understatement ist ein Begriff, den die Hamburger schon mit der Muttermilch aufsaugen. Nicht wie in Düsseldorf, wo jeder zeigt, was er hat und die Frauen mit Klunkern behangen sind, dass man sie von Weitem für wandelnde Weihnachtsbäume halten könnte. Nein, der Hamburger trägt seinen Status nicht o f fensichtlich zur Schau. Erst bei genauerem Hinsehen kann man die feinen Unterschiede erke n nen.
    Kaschmir statt Wolle.
    Seide statt Satin.
    Platin statt Silber.
    Champagner statt Sekt.
    Von einigen Freundinnen weiß ich, dass deren Understatement sogar so weit geht,  die L a bel aus ihren Klamotten herausschneiden. Wer tut denn so was! Ich bin zwar auch kein Fan von groß aufgedruckten Markennamen, aber wenn ich mir schon mal was Teures leiste, soll man das auch ruhig sehen.
    Bei Facebook habe ich mich kürzlich der Gruppe angeschlossen: Danke, dass es Ed Hardy gibt. So erkennt man wenigstens auf einen Blick, wer ein Prolet ist! Mal ehrlich – genauso ist es. Beim Anblick von Ed Hardy-Shirts rollen sich mir die Fußnägel auf. Hässlicher geht es kaum noch! Diese schrecklichen Totenkopf-Motive, die schon bei den Hells Angels lächerlich wirken und dazu noch diese neckischen Glitzersteine, die dem Ganzen die Krone der Geschmacklosi g keit aufsetzen! Da hilft es auch nicht s , wenn Heid i Klum die Klamotten trägt. Die bekommt nä m lich Geld dafür, im Gegensatz zum Rest der Welt. Ich verstehe nicht, wie Menschen diese gra u envollen Klamotten an anderen Tagen als Halloween tragen können.
     
     
    Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich an einem einzigen Tag – genau genommen sind es nur drei Stunden gewesen – so viel Geld für Klamotten ausgegeben. Okay, um ehrlich zu

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