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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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Kreuzgänge wandelst.«
    »Habe ich deinen Schlaf gestört?«, rief Thegan entsetzt aus. »Das wollte ich nicht. Ich habe immer versucht, möglichst ruhig zu sein.«
    Ein Kopfschütteln war die Antwort. »Das ist es nicht. Ich liege häufig nachts wach und sinne über einige Dinge nach. Dabei ist mir aufgefallen, dass du keine Ruhe findest.«
    »Das stimmt«, bekannte Thegan. »Es sind Erinnerungen an Kämpfe, die mich wach halten.«
    Eine Weile lauschten sie dem Summen der ersten Bienen, die sich in das noch ziemlich kahle Gärtchen verirrt hatten. Der Adelige fand, dass seine Erklärung einigermaßen einleuchtend geklungen hatte.
    Dann räusperte sich der junge Mönch. »Ich möchte nicht unhöflich erscheinen, aber sind Kämpfe nicht genau das, was deinen Beruf ausmacht? Krieger können selten in Frieden leben, und Blut und Geschrei muss dein Handwerk sein, wie meines das Gebet und die Schrift ist.«
    »Doch ahnt man nicht, was man zu Gesicht bekommt, wenn man sich als junger Mann in die Fremde begibt«, versuchte Thegan eine Erklärung.
    Wieder der Blick aus den hellen Augen. »Du kommst mir nicht so vor, als würde es dir an Geist und Verstand mangeln. Es kann doch kaum sein, dass du dir das Kriegshandwerk wie ein ewiges Fest vorgestellt hast? Auch im Haus deiner Eltern waren sicher reichlich Veteranen, die von ihren Tagen mit Schwert und Lanze erzählt haben. Meistens fehlt mehr als einem ein Arm oder ein Bein oder gar beides. Oder etwa nicht? Du musst etwas erlebt haben, was darüber hinausgeht.«
    Er sah den jungen Adeligen an, der seine Augen weiter geschlossen hielt. Allein das Flattern seiner Lider und der schneller werdende Atem verrieten Walahfrid, dass seine Annahme nicht ganz unbegründet war. Aber noch bevor er tiefer in Thegan dringen konnte, läutete die Glocke über der Sintlasau zum Mittagsgebet.
    Walahfrid erhob sich. »Du bist nicht verpflichtet, mir zu antworten, und verzeih, wenn meine Neugier unbotmäßig war. Ich kann nur hoffen, dass die Beschäftigung in diesem Gärtchen deinen Geist zur Ruhe bringt. Solltest du vor meiner Rückkehr den Wunsch nach ein wenig Beschäftigung verspüren, dann lege ich dir das Beet dort hinten an der Wand ans Herz. In diesem Beet lebt die herrschaftliche Rose, und ich habe sie für den Winter mit den Ästen einiger Tannen abgedeckt. Befreie sie doch von ihrem wärmenden Winterkleid, damit sie sich mit reichlich Blüten bei uns bedanken kann.«
    Damit entschwand der Mönch in Richtung Kirche und ließ den jungen Adeligen in der Sonne zurück. Thegan entspannte sich ein wenig und atmete tief durch. Wie sollte er erklären, dass er seinem maurischen Arzt sein Leben verdankte – und ihm fast in Freundschaft verbunden war? Dennoch hatte er sich nicht gerührt, als seine eigenen Männer ihn aus der Hand der Mauren befreit und dabei seinen Retter brutal umgebracht hatten.
    Thegans Hand krallte sich um die Bretter der schmalen Bank. Wie oft sollte er sich noch sagen, dass er damals einfach zu krank gewesen war, um seinem Medicus zur Seite zu stehen? Wann würde er seinen eigenen Versicherungen, dass er nichts hätte ausrichten können, endlich Glauben schenken? Oder sollte er sich weiterhin selbst einreden, dass der Medicus ihn nur verlassen habe, dass ihm die Flucht aber bestimmt geglückt sei?
    Um sich aus dem ewigen Kreislauf seiner Gedanken über eine Schuld ohne Sühne zu befreien, erhob er sich und machte sich an den Abdeckungen der Rosen an der Mauer zu schaffen. Hier im Schatten war es noch empfindlich kühl, und er konnte nachvollziehen, warum Walahfrid diese Königin der Pflanzen noch so lange unter dem Winterschutz belassen hatte. Die dürren Äste der Tannen und Fichten warf er vor das Gärtchen, wo er sie wenig später mit einer kleinen Axt zerlegte. Die Kamine des Klosters würden sie an den kühlen Frühlingsabenden in ein wenig Wärme verwandeln.

6.
    Dann im Südhauch, erstrahlt von der Sonne,
erwärmt sich das Gärtchen.
    E inige Tage später sah Thegan sie zum ersten Mal im hellen Schein der Sonne. Er lief durch die Klosterstadt hinunter zum Hafen, um dem Treiben der Fischer und reisenden Händler zuzusehen. Der Frühling gönnte sich keinen Augenblick der Pause, und ein laues Lüftchen erwärmte nicht nur die Menschen, sondern auch den Boden. Es roch nach frischer Erde, Gras und leider auch dem unvermeidlichen Unrat so vieler Menschen.
    Da sah er das Mädchen im Gespräch mit einer anderen jungen Frau, die Köpfe zusammengesteckt, so als

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