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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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Verbindung für mich vorgesehen hat – und du bist immer noch nicht zufrieden? Was soll ich tun, damit du mir endlich glaubst, dass ich es ernst mit deiner Tochter meine?«
    »Das tust du doch nur, weil du dein schlechtes Gewissen beruhigen willst«, knurrte Routger. »Außerdem gehört dir dann das Kind, wenn es denn leben sollte. Und ich habe nichts mehr. Das gönne ich dir nicht.«
    Für einen Augenblick war in dem Zimmer nichts mehr zu hören außer dem schweren Atem der beiden Männer, die voreinanderstanden und sich wütend anstarrten. Dann schüttelte Thegan den Kopf. »Das kann doch nicht sein.« Seine Stimme war nur noch ein leises Flüstern. »Du machst dir jetzt schon Sorgen, dass du allein zurückbleibst? Und nur, damit du hier in deinem kleinen Haus ein wenig Leben hast, möchtest du mir mein Kind wegnehmen? Was, wenn Hemma überlebt? Dann sind wir alle immer noch hier, und du wirst irgendwann lernen müssen, dass du dich nach einer neuen Frauen umsehen musst, wenn du nicht für immer allein bleiben willst.«
    »Eine neue Frau?« Routger machte eine wegwerfende Handbewegung. »Die hätte ich jederzeit haben können. Aber ich will das Andenken an meine geliebte Frau nicht durch eine andere Frau beschmutzen!«
    »Es wäre ihr vielleicht sogar ganz lieb gewesen«, erklärte Hemma und wandte sich dann an Thegan. »Geh jetzt. Ihr werdet euch im Streit sonst Dinge sagen, die ihr später bereuen werdet. Ich möchte nicht, dass ihr Feinde werdet.«
    »Das tue ich nur für dich, Hemma«, sagte Thegan. »Dein Vater ist ein selbstsüchtiger Narr, daran kannst du wenig ändern.«
    Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, verließ er den niedrigen Raum und trat wieder auf die Straße, die noch die Hitze der Mittagssonne atmete. Der Tag war fast vorüber, aber hier roch es immer noch nach Hitze, überreifem Obst und verderbendem Gemüse. Die Natur hatte in diesem Jahr Erbarmen mit den Einwohnern der Insel gezeigt und ihnen eine überreiche Ernte beschert.
    Mit einem besorgten Blick nach oben machte Thegan sich auf den Weg zurück hinter die Klostermauern. Es musste bald regnen, damit auch im Herbst die Ernte so reichlich blieb. Und so wie es aussah, würde er im Herbst immer noch auf dieser Insel sein.

15.
    Nun braucht es Dichtertalent, Erkenntnis
und Schönheit der Rede,
um zu verkünden die Namen und Kräfte
so reichlicher Ernte,
dass auch das Kleine dadurch mit hoher Ehre
sich schmücke.
    D as Kauen der Blätter kann ich nicht empfehlen«, erklärte Walahfrid trocken. »Ich habe gestern Abend versuchsweise zwei oder drei davon gekostet. In dieser Nacht habe ich ganz bestimmt einen Teil meiner Sünden gebüßt.«
    »Wie genau?«, wollte Thegan wissen.
    »Ich habe unseren Abort besucht und nicht mehr verlassen. Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich beim Bruder Infirmarius gemeldet. Allein, was hätte ich ihm sagen sollen? Dass ich auf einem Kräutlein maurischer Herkunft aus meinem Kräutergärtchen herumgekaut habe und dafür mit heftigem Darmgrimmen und Unwohlsein zahlen musste?« Er bemühte sich um ein Lächeln, obwohl er um die Nase herum ein wenig blass war. »Außerdem hat der Bruder nur wenig Einblick in die richtigen Kräuter. Mein Vertrauen in seine Fähigkeiten ist eher gering. Um nicht zu sagen, dass ich lieber krank bin, als einen seiner Tränke zu probieren …«
    »Und wie geht es dir jetzt?« Thegan sah Walahfrid aufmerksam an. »Du siehst aus, als sei dir noch immer nicht ganz wohl.«
    »Keine Sorge, mir geht es wieder gut. Aber wir müssen diese Form des Einsatzes wohl verwerfen.« Er sah auf die fein gefiederten Blätter, die sich aus den runzligen Samen aus Barcelona entwickelt hatten. Sie wirkten nicht im Mindesten fremdländisch oder gar gefährlich, sondern grazil und zerbrechlich. Der Busch, den sie bildeten, war inzwischen gut kniehoch und wurde von herrlichen, leuchtend purpurnen Blüten gekrönt. Walahfrid nahm eine der Blüten in die Hand und beugte sich zu ihr hinunter. »Sie riechen nur schwach. Ob man etwas mit den Blüten anfangen kann?«
    »Bevor du einen weiteren Versuch beginnst, solltest du dich erst einmal von deinem letzten erholen«, bemerkte Thegan. »Oder vielleicht sollte ich auch einmal eine Probe wagen?«
    »So wackelig, wie du herumläufst, wage ich zu bezweifeln, dass wir Neues über dieses Kraut erfahren«, ertönte hinter Thegan die vertraute Stimme von Gottschalk. »Wenn einer hier dafür taugt, dann bin ich das. So entkomme ich vielleicht für ein

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