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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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paar Stunden den quälenden Gedanken an den bevorstehenden Prozess.« Er zupfte ohne weitere Umschweife eine Blüte ab und steckte sie sich in den Mund. »Ich werde euch berichten, wie es mir damit ergangen ist.« Damit setzte er sich grinsend auf das Gartenbänkchen. »Jetzt schaut nicht so entsetzt. Walahfrid hat den Genuss von Blättern überstanden, ich werde an einer einsamen Blüte auch nicht verrecken. Und wenn doch, dann erspart das der Kirche viel Ungemach.«
    »Das mag sein«, stimmte Walahfrid zu. »Aber mir wäre es in diesen Mauern unerträglich langweilig, wenn du nicht mehr hier wärest. Also möchte ich doch darauf achten, dass du deine Gesundheit noch möglichst lange behältst.«
    Thegan zupfte währenddessen eine Handvoll Blätter von der Pflanze ab, wobei er sorgsam darauf achtete, nicht zu viel zu nehmen, um die Pflanze nicht zu schwächen. Sorgfältig legte er die Blätter auf einen Holzteller, den er dann in die Sonne stellte. »Ich werde mir aus den getrockneten Blättern morgen einen Tee bereiten, vielleicht erfahre ich dann mehr über die Pflanze«, erklärte er. Dann richtete er sich auf und ließ seinen Blick über das Gärtchen schweifen. »Was kann ich noch tun?«
    »Wir müssen die Samen vorsichtig aus den Kapseln entnehmen, bevor sie platzen und ihre wertvolle Last über die ganze Sintlasau verteilen«, erklärte Walahfrid und deutete auf das Beet mit den Mohnblumen. »Wer weiß, vielleicht ist mir jemand dankbar, dem ich dadurch ein wenig Schmerzen oder Unruhe nehmen kann.«
    Thegan nickte und fing an, die Kapseln von ihren Stängeln zu nehmen und ihren Inhalt sorgfältig in ein kleines Leinensäckchen zu füllen. Die Arbeit lenkte ihn von seinen Sorgen ab. Was, wenn Routger trotz all ihrer Arbeit recht behielt? Was, wenn seine Liebe den Untergang von Hemma bedeutete? Hemma selbst erschien so unbekümmert und unbesorgt, als könne ihr nichts und niemand etwas anhaben. Wollte sie ihn nicht mit ihren Sorgen belasten, oder lebte sie in einer Zuversicht, deren Ursprung er nicht ergründen konnte?
    An diesem Abend lief er wieder zu ihrem Treffpunkt auf der Hochwart, in der Hoffnung, dass auch Hemma den Weg dorthin finden würde. In den letzten Tagen und Wochen war sie allerdings nur selten gekommen. Routger achtete streng darauf, dass seine Tochter sich nicht aus seiner Obhut entfernte, und ließ dafür sogar so manchen Fischzug aus. Doch an diesem Abend löste sich eine Gestalt aus dem Schatten der Büsche, als er näher kam. Hemma rannte auf ihn zu und fiel ihm um den Hals. »Du weißt nicht, wie viel mir dein Antrag bei meinem Vater bedeutet!«, rief sie. »Und ich kann nicht sagen, wie leid es mir tut, dass er ihn so rüde abgelehnt hat. Wenn es nach ihm ginge, dann sollten wir bis zum Ende des Jahres Abschied nehmen. Und wenn meine Zeit gekommen ist, dann verpasst er mir die letzte Ölung und verspricht mir, mein Kind gut aufzuziehen. In seinem Denken gibt es eben keinen anderen Ausgang dieser Schwangerschaft … Es tut mir so leid!«
    Thegan hielt ihre schmale Gestalt in seinen Armen und fragte sich, wie eine so zierliche und kleine Frau so viel Kraft aufbringen konnte. Noch während ihr Körper neues Leben hervorbrachte, machte sie sich Gedanken über andere und ließ sich von den dunklen Prophezeiungen ihres Vaters keine Angst einjagen.
    »Dann werde ich ihn eben wieder fragen, wenn wir unser Kind taufen lassen«, versprach er, während er sie so fest in den Armen hielt, als wollte er sie niemals mehr loslassen.
    »Hast du denn mit deinen Eltern gesprochen?« Sie sah ihn aus ihren großen wasserhellen Augen fragend an.
    »Nein. Ich habe beschlossen, meinen Vater nicht um Erlaubnis zu fragen, wen ich heirate. Gottschalk erklärt immer, dass der freie Wille …«
    »Das darf doch nicht wahr sein!«, unterbrach ihn Hemma mitten im Satz. »Ich habe gehofft, dass du dich jetzt wenigstens über einen Boten mit ihnen in Verbindung gesetzt hast. Deine Mutter weiß also immer noch nichts von deiner glücklichen Heimkehr aus Barcelona? Schäm dich, Thegan! Sie macht sich Sorgen! Wenn unser Sohn dereinst in den Krieg ziehen sollte, dann würde ich ihn übers Knie legen, wenn er mich nicht wissen ließe, wie es ihm erginge!«
    »Wahrscheinlich ist genau das der Grund, warum ich mich nicht bei ihr melde«, entgegnete Thegan trocken, doch seine grauen Augen blitzten. »Sei unbesorgt. Ich habe ihnen einen Boten geschickt und ihnen mitgeteilt, was es Neues in meinem Leben gibt. Auch von

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