Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holundermond

Holundermond

Titel: Holundermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
Vom Netzwerk:
Der will doch nur bei den Ermittlungen helfen.«
    »Ich hab doch gesagt, Holzer ist ein Ekel.« Flavio riss das Zeitungsfoto in viele kleine Schnipsel. »Ich wüsste nur zu gern, was der mit deinem Vater so Wichtiges zu besprechen hat.«
    Dass Holzer sich mit Jan ins Haus zurückgezogen hatte, gefiel Nele überhaupt nicht. Sie traute dem Wiener Historiker nicht. Flavio hatte recht. Er war ein Ekel. Aber nicht nur das. Von ihm ging etwas Bedrohliches aus. Diese eiskalten Augen. Nele schüttelte sich. »Jan glaubt, dass unser Unfall kein Zufall war.«
    Flavio sah überrascht auf. »Kein Zufall? Du meinst, jemand wollte euch aus dem Weg räumen?
Ùffa
! Obwohl – zuzutrauen wäre es dem Kerl. Der geht auch über Leichen, wenn es sein muss.«
    »Holzer?« Nele schluckte. »Du glaubst, dass er selbst dahintersteckt?«
    »Wer sonst? Er scheint ja wirklich ein Problem damit zu haben, dass ihr hier seid.«
    Nele wurde schlecht bei dem Gedanken daran, dass sie diesem Mann eben noch die Hand geschüttelt hatte. »Ich verstehe das nicht. Ich meine, warum sollten ein paar Kircheneinbrüche so wichtig sein?«
    »Hat Jan dir irgendetwas erzählt? Vielleicht ist er auf etwas gestoßen, das Holzer nicht gefällt.«
    »Nein, er hat mir gar nichts erzählt.« Nele schüttelte den Kopf. »Er wollte mich ja nicht einmal mitnehmen.« Da war sie wieder, die Wut auf Jan. »Aber gestern Abend, da hat er zu Viviane gesagt, es könne sein, dass es sich bei dem Einbrecher um keinen gewöhnlichen Dieb handelt und dass es sehr gefährlich werden könnte.« Warum war ihr das nur nicht früher eingefallen? Sie hätte Jan fragen sollen, was er damit gemeint hatte.
    »Kein gewöhnlicher Dieb?« Flavio runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wir müssen herausfinden, worüber sie reden!« Flavio wischte die Papierschnipsel vom Tisch und sprang auf. »Bestimmt sind sie in Vivianes Bibliothek gegangen.«
    Hastig folgte Nele Flavio durch den Garten in Richtung Haus. Sie drückten sich an die Hauswand und schlichen geduckt weiter bis zum Fenster der Bibliothek.
    »Wir haben Glück«, flüsterte Flavio, »das Fenster ist offen.«
    Neles Herz klopfte bis zum Hals, als sie die Stimme ihres Vaters hörte.
    »Ich bin mir ziemlich sicher, dass es da einen Zusammenhang gibt. Aber das dürfte für Sie nicht neu sein.«
    Papier raschelte. Nele musste an das Notizbuch denken, das Jan immer bei sich trug.
    »Werter Kollege, glauben Sie mir.« Das war Holzers Stimme. »Ich befasse mich jetzt schon recht lange mit der Geschichte der Wiener Kirchen. Bis auf die Tatsache, dass die gestohlenen Gegenstände alle aus dieser Gegend stammen, ist absolut kein Zusammenhang erkennbar. Gar keiner!«
    »Ich wette, der weiß mehr, als er zugibt«, zischte Flavio ihr ins Ohr. Er hangelte nach dem Fensterbrett und zog sich vorsichtig daran hoch.
    »Flavio, bleib unten!«, wisperte Nele, doch es war zu spät. Sie presste sich noch enger an die Hauswand. Die Angst, entdeckt zu werden, schnürte ihr die Kehle zu.
    »Sehen Sie hier, Doktor Holzer, die Skizzen. Der goldene Kelch aus der Franziskanerkirche, die Silberschale aus dem Stephansdom und jetzt noch das Engelsbild aus der Votivkirche. Weit und breit keine Einbruchspuren, keine Fingerabdrücke, nichts. Bei allen drei Diebstählen.Und es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten. Sie und ich wissen das. Da
muss
ein Zusammenhang bestehen!«
    »Zweifeln Sie an den Fähigkeiten der österreichischen Polizei? Vielleicht haben die Deutschen ja die besseren Methoden.« Holzers Stimme troff vor Hohn.
    »Ich glaube, dass die Polizei nicht alles weiß, was wir wissen. Aber bevor wir sie informieren, möchte ich mir meiner Sache ganz sicher sein. Mir fehlen einfach noch ein paar Fakten. Ich möchte gerne mit der Suche in der Kartause anfangen.«
    »Im Kloster? Was hoffen Sie denn da zu finden? Sie verschwenden Ihre Zeit. Und meine noch dazu!« Das Geräusch einer flachen Hand, die auf einen Tisch schlug, ließ Nele zusammenfahren.
    »Ich halte es für das Beste, Sie geben mir Ihre Untersuchungsergebnisse, und ich lasse sie von der Polizei überprüfen. Dann sehen wir weiter.«
    Holzers Stimme klang bedrohlich nahe. Er musste dicht am Fenster stehen. Nele wagte nicht zu atmen. Sie kannte ihren Vater. Niemals würde Jan einem Fremden sein Notizbuch aushändigen. Das kleine schwarze Buch wurde von ihm gehütet wie ein Schatz.
    »Ich möchte keinesfalls Ihre Zeit verschwenden. Ich kann mir das Kloster auch allein

Weitere Kostenlose Bücher