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Holy Shit

Holy Shit

Titel: Holy Shit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf-Bernhard Essig
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»Jodelschnepfe!« und »Winselstute!« ankreischen.
    Eine ähnlich starke Fallhöhe findet sich in einem Gedicht Robert Gernhardts, in dem mit dem Kontrast zwischen traditioneller Gedichtform und Straßenjargon gespielt wird. Auf eine akademisch formulierte Überschrift folgt eine Schmährede auf das Sonett in Umgangssprache, wobei die drastischen Worte in ebendieser kunstvollen Form gesetzt sind:
    Materialien zu einer Kritik der bekanntesten Gedichtform italienischen Ursprungs
    Sonette find ich sowas von beschissen,
    so eng, rigide, irgendwie nicht gut;
    es macht mich ehrlich richtig krank zu wissen,
    daß wer Sonette schreibt. Daß wer den Mut
    hat, heute noch so’n dumpfen Scheiß zu bauen;
    allein der Fakt, daß so ein Typ das tut,
    kann mir in echt den ganzen Tag versauen.
    Ich hab da eine Sperre. Und die Wut
    darüber, daß so’n abgefuckter Kacker
    mich mittels seiner Wichserein blockiert,
    schafft in mir Aggressionen auf den Macker.
    Ich tick nicht, was das Arschloch motiviert.
    Ich tick es echt nicht. Und will’s echt nicht wissen:
    Ich find Sonette unheimlich beschissen.
    Klar, das Gedicht parodiert sich selbst, gleichwohl spricht es mit seinen angewiderten Ausfälligkeiten dieser 700 Jahre alten Gedichtform gegenüber manchem Autor und Massen sonettgequälter Schüler aus der Seele; selbst wenn sie mit diesem Gedicht wiederum an die Sonettform herangeführt werden sollten.
    Ein ganzes Buch ließe sich mit den Flüchen der Künstler oder den Beschimpfungen in Romanen, Dramen oder Filmen füllen. Hier beschränke ich mich nur auf einige Lieblingsfunde, um die Leser auf das Phänomen aufmerksam zu machen, dass Kunst und Fluch seit Urzeiten ein glückliches Paar sind.

Wenn du in Rom bist, mach es wie die Römer!
    Titus Maccius Plautus (ca. 254–184 v. Chr.): Mostellaria, I, 1 (Traiano beschimpft Grumio): »Du sollst bei allen Göttern und bei Jupiter verrecken, pfui, du stinkst nach Knoblauchsaft, du Rotzperson, du Bauernkerl, du Bock, du Schweinestall, du Ziegenhund.«
    Gaius Valerius Catull (1. Jh. v. Chr.), aus zwei Gedichten: »Ich werde euch in den Arsch und in den Mund ficken, / dich Schwuchtel Aurelius, und dich, Tunte Furius […]«.
    »Prächtig passen zusammen die schamlosen Schwuchteln / Mamurra und die Tunte Caesar. […] Pervers sind sie gleichermaßen, beide ein Zwillingspärchen, / beide in ein und demselben Bettchen gebildete Bürschchen, / dieser nicht mehr als jener ein unersättlicher Ehebrecher, / Rivalen und Bundesgenossenzugleich bei den Mädchen. / Prächtig passen zusammen die schamlosen Schwuchteln.«

Die Wiedergeburt im Zeichen der Schmährede
    Bei Renaissance denkt man an schöne Brunnen, Paläste, Kirchen, an herrliche Gemälde, doch die »vermes in hoc culo mundi« gehören auch dazu. Auf Deutsch klingt es weniger klassisch: »Würmer im Arsch der Welt«. So bezeichnete sich Martin Luther, und die Einwohner Wittenbergs meinte er gleich mit. Ob lateinische, deutsche, englische oder französische Renaissance: Im 16. Jahrhundert gab es eine glänzende Wiedergeburt der antiken Schimpfkunst, wobei drei Dichter besonders herausstechen: François Rabelais (ca. 1490–1553), Hans Sachs (1494–1576), William Shakespeare (1564– 1616).
    Was Rabelais in seinem gigantischen Werk »Gargantua und Pantagruel« an Kraftausdrücken versammelt, ist fast unerreicht, gäbe es nicht seinen ebenbürtigen Übersetzer Johann Fischart und dessen »Geschichtklitterung«. In dessen Version des 4. Buchs, 19. bis 21. Kapitel, liest man die Fluchschwemme eines Seemanns im Sturm, der sich über einen untätigen Jammerlappen aufregt: »Bey des Frohnleichnams Blut und Fleisch, Bauch, Kopf und Schopf! schwur Bruder Jahn, wo ich dich Heulhur noch länger hör mautzen, bürst ich dich wie ein Seewolf ab. Potz Sackerdammm, was wirft man ihn nicht auf den untersten Grund des Meeres?
    … Daß doch die alte Höllen-Heulhur bey hunderttausend Schock Millionen Teufel wär! … Ey Gottes Haupt voll Reliquien! was für ein Affenpaternoster brömmelst mal wieder zwischen den Zähnen? Der Seehundsnarr ist Schuld am Sturm, und er allein rührt keine Hand. Komm ich nur hin,bey Gott, ich straf dich wie ein Sturm-Teufel! … Blitzt, Teufel, farzt, grölzt, pfercht! Pest!
    … Rappelts bey dir? sprach Bruder Jahn: hilf hie in fünfmalhunderttausend Billionen Schieböck voll Teufel Namen! Hilf! Daß dir der Krebs zum Schnautzbart schlag und drey Stab Pest-Schlier obendrein, da laß dir Hos und Latz draus machen.«
    Dagegen

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