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Holy Shit

Holy Shit

Titel: Holy Shit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf-Bernhard Essig
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wirkt Hans Sachs, der Schuhmacher und Poet aus Nürnberg, harmloser. Doch auch er polemisiert als frisch Reformierter nicht nur gegen die Katholiken, sondern beschimpft in seinen Gedichten und Flugschriften auch die Geilen, Gierigen und Gemeinen. Schon die Fülle von Kraftausdrücken für Freudenmädchen beeindruckt: »Spindelhure«, »Iltisbalg«, »Badreiberin«, »freie Dirne«, »Puttane«, »Trülle«, »Zaz«, »Gurre«, »Koz«, »Lumpertesch«, »Schlunze«, »Schlutte«, »Schlepp-, Buben- und Burschensack«, »Trumpelmetz«, »Polstermume«, »Pulverhur«, »Schandnickel«, »schwarze Magd«, »Suppenwurst«. »Schmeichler« und »Schwätzer« hasste Sachs mit Inbrunst, all die »Ohrenbläser«, »Fuchsschwänzer«, »Faltenstreicher«, »Zungenreiter«, »Maulklapperer«, »Schmerprediger«. Sachsens Derbheit kannte übrigens fast keine Schamgrenzen, und so gibt es einen bitterbösen Schwank über ein gieriges Bauernpaar, in dem von »Doczenschmer« die Rede ist, was man mit »Fotzenfett« übersetzen könnte, und wo eine Art Jack-the-Ripper-Einsatz gewünscht wird.
    Die Zeit war wohl reif für geniale Fluchpoeten, wie die englischen Dramatiker um 1600 zeigen, unter denen Shakespeare wohl der beste war und nicht nur, weil er als Klassiker bis heute das Englische mit Beleidigungen bereichert. Unter der Masse seiner Flüche und Verwünschungen auszuwählen, fällt schwer, weil er alle Register von fein ironischer Gemeinheit bis zur hochderben Zote zieht. Um sich ein Bild zu machen, welchen Erfindungsreichtum der Autor hatte, führe ich hierein paar Beispiele auf: »Du bist ein Pickel, eine Pestbeule, ein erhabener Karbunkel in meinem vergifteten Blut.« (»König Lear«); »Du bist tiefer verdammt als Prinz Luzifer« (»König Johann«); »Du verkrustete Lieferung der Natur« (»Troilus und Cressida«); »Du verdammter kuttelgesichtiger/gekrösefressiger Schurke« (»Heinrich IV.«, Teil 2); »Ich bete tausend Gebete für deinen Tod« (»Maß für Maß«); »Du Pest eines Freundes« (»Timon von Athen«); »Du Halbpfennig-Geldbeutel des Witzes, du Taubenei der Verschwiegenheit« (»Vergebene Liebesmüh«); »Du stinkender Gestank, du vollkommene Verrottetheit« (»König Johann«).
    Eine ausführliche Liste der kraftvollen Schimpfworte und Ausdrücke finden Sie unter: http://www.william-shakespeare.org.uk/shakespeare-insults-a.htm .
    Wer noch weiter spielen will mit Shakespeares Schimpfwörtern, kann mit zwei »Beleidigungsgeneratoren« im Netz tausende neue bilden:
    http://www.william-shakespeare.org.uk/a1-shakespearean-insults-generator.htm
    http://www.petelevin.com/shakespeare.htm .

Motzmeister Mozart
    Als der berühmte Virtuose und Komponist Wolfgang Amadé sich am 13. November 1777 über sein »Bäsle« Maria Anna Thekla Mozart aufregt, schreibt er ihr einen Brief, in dem er seinem ausgeprägten Sinn fürs Fluchen fröhlich die Zügel schießen lässt:
    »Poz Himmel Tausend sakristey, Cruaten schwere noth, teüfel, hexen, truden, kreüz=Battalion und kein End, Poz Element, luft, wasser, erd und feüer, Europa, asia, affrica und America, jesuiter, Augustiner, Benedictiner, Capuciner, minoriten, franziscaner, Dominicaner, Chartheüser, und heil:kreüzer herr, Cononici Regulares und iregulares, und alle bärnhäüter, spizbuben, hundfütter, Cujonen und schwänz übereinander, Eseln, büffeln, ochsen, Narrn, dalcken und fexen!«
    Schade, dass er so eine Schimpfkanonade nie komponiert hat! Nur in den Wutstücken des Osmin in »Die Entführung aus dem Serail«, klingt immerhin etwas Ähnliches an: »Verbrennen sollte man die Hunde, / Die uns so schändlich hintergehn; / Es ist nicht länger anzusehn, / Mir starrt die Zunge fast im Munde, / Um ihren Lohn zu ordnen an: / Erst geköpft, / Dann gehangen, / Dann gespießt / Auf heißen Stangen; / Dann verbrannt, / Dann gebunden. / Und getaucht, / Zuletzt geschunden.« Das ist, Gift und Dolch, sehr schön geflucht.

Goethe – mehr als nur »Leck mich im Arsch!«
    Goethes Fluchfertigkeit ist den wenigsten bekannt. Das matte »Leck mich im Arsch!«, das in seinem Drama »Götz von Berlichingen« fällt und später von ihm selbst weggelassen wurde, lockte zu seiner Zeit nur ein paar Tugendhunde hinterm Ofen vor. Auf den bürgerlichen Theaterbühnen hörte man so etwas im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts vielleicht zum ersten Mal, aber auf denen der Wanderschauspieler und erst recht im Alltag tausendfach.
    Ein herausragendes Beispiel für Goethes Liebe zu den

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