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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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den Verkehr auf der Autobahn ein und warf einen Blick auf die Uhr, die im Armaturenbrett angebracht war. Vielleicht würde er es rechtzeitig zum Mittagessen schaffen. Wie gut, dass er im Flugzeug geschlafen hatte und nun einigermaßen fit war. Michelle hatte ihm empfohlen sich doch eine der frei verkäuflichen amerikanischen Schlaftabletten reinzupfeifen. Er hatte zuerst protestiert doch dann diesem Vorschlag schlussendlich zugestimmt. Ohne Tabletten würde er auf dem Flug sowieso nicht schlafen können und um etwas zu lesen oder sonst einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen, dazu war er zu sehr ein Nervenbündel. Alexis flog wahrhaftig nicht gerne.
    Seinen Aufenthalt in den USA bereute er auf jeden Fall nicht, auch wenn es einige Transatlantikflüge mit sich gebracht hatte. Er hatte zwei erfolgreiche Konzerttourneen bestritten, etliche Meisterkurse besucht und an der berühmten New Yorker Julliard School sogar selbst einen Kurs über Improvisationskunst gegeben. Die Kritiker waren begeistert gewesen von seinem Repertoire, das sowohl die klassischen Orgelwerke als auch neue, experimentelle Stücke enthielt. Ebenso die Zuschauer. Seine Konzerte waren allesamt gut besucht gewesen und das sollte für einen Organisten schon was heißen!
    Ohne Rücksicht trieb er den Motor des Kleinwagens an und schaffte es tatsächlich noch vor dem Mittagessen auf dem Anwesen seiner Eltern einzutreffen. Die Überraschung war ihm gelungen. Seine ältere Schwester, William und seine Nichte weilten ebenfalls dort. Doch die Person, der diese ganze Mühe gegolten hatte, war nicht da.
    »Was soll das heißen, er ist auf einem Fechtturnier? Ich dachte, Federico muss Klavier üben. In zwei Wochen soll er schließlich in Warschau spielen.«
    »Sicher, aber Federico meinte, dass er in den letzten Tagen genug geübt hätte und eine kleine Pause würde ihm ganz gut tun.« Seine Mutter schenkte ihm etwas Orangensaft ein und schob ihm mit Nachdruck einen Teller mit frischem Salat zu. Wie Mütter so sind, war auch Elizabeth stets der Ansicht, dass er generell viel zu wenig und vor allem viel zu wenig Gemüse aß.
    Geistesabwesend stocherte Alexis auf dem Teller herum. Dass Federico so etwas wirklich gesagt haben sollte. Es wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen. Anscheinend hatte Federico mittlerweile begriffen, dass es ihm nichts nützte, wenn er zu verkrampft und verbohrt an das Klavierspiel heranging. Aber, dass er mit Catherine auf ein Fechtturnier gegangen war, das hätte Alexis einfach nicht erwartet.
    Wie Alexis hatte auch Federico den Fechtsport mit großem Elan weiterbetrieben. Zu Weihnachten hatten Alexis, Federico und Catherine eine Fechtbahn geschenkt bekommen: Samt Melder, einer großen, in der Wand eingebauten Anzeige und sogar einer richtigen Planche. So mancher Fechtclub wäre neidisch auf diese Ausstattung, die nun im Keller des Anwesens stand. Natürlich hatten die drei über die Weihnachtsfeiertage die Anlage gleich ausprobiert und mit Sicherheit würden sie sich in den nächsten Tagen auch einen Kampf liefern um zu sehen wer besser in Form war. Wenn Federico allerdings mit Alexis‘ Schwester auf ein Turnier ging und nun auch mit der Wettkampfmannschaft der Universität trainierte wie ihm seine Mutter eröffnete, dann schätzte Alexis seine Siegchancen als eher gering ein.
    In solchen Momenten bereute er es wirklich, dass er so lange von Federico getrennt gewesen war. Manchmal hatte er den Eindruck, dass sich Federico in den letzten Monaten zu einer anderen Person entwickelt hatte. Eine Person, die er so nicht kennengelernt hatte und die ihm fremd war.
    Wie oft hatte er zu Hause angerufen und man hatte ihm erklärt, dass Federico gerade nicht zu sprechen war, weil er mit Alexis‘ Vater im Countryclub beim Golfspielen war. Ausgerechnet Golf, wenn es wenigstens Tontaubenschießen gewesen wäre, aber Golf! Alexis hasste Golf und wusste beim besten Willen nicht, was er davon halten sollte als ihm Federico beim nächsten Telefonat begeistert berichtet hatte, dass er sein Handicap verbessert hätte.
    Federico hatte auch wieder begonnen Klavierunterricht zu geben, sogar in London an der Hochschule. Er war auch für ein Semester Gasthörer an der Universität gewesen, hatte dann in dieser Zeit in Alexis‘ Wohnung gelebt.
    Alexis gönnte ihm das alles, natürlich hatte Federico ein Recht auf ein eigenes Leben und Alexis war ja nicht da gewesen um ihm Gesellschaft zu leisten. Klar, dass Federico sich weiterentwickelte und es war nur

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