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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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davon, das Konservatorium zu verlassen, doch zu diesem drastischen Schritt hatte sie sich noch nicht durchringen können.
    Sie drehte sich auf dem Hocker um, der vor dem Flügel stand und erwiderte ungehalten: »Es ist fünf Minuten nach eins. Du bist zu spät.«
    Und sie war in ihn verschossen, Federico müsste blind sein, wenn er dies nicht bemerken würde. Er bezweifelte auch, dass es ein Zufall war, dass ausgerechnet sie den Übungsraum belegt hatte. Die anderen Studenten schlossen bereits Wetten ab, wann er mit ihr ausgehen würde, wie ihm sein Mitbewohner Claude unlängst berichtet hatte.
    Federico mochte das Mädchen und schätzte sie sehr, aber mehr war es für ihn nicht.
    »Schon wieder die Mazurka. Wie lange willst du sie noch üben?«, entfuhr es ihm als er die Notenblätter sah, die sie vor sich liegen hatte. Sie hatte ihm schon vor zwei Monaten ihr Leid geklagt, dass sie dieses Stück verfluchte und überhaupt Chopin bis aufs Blut hassen würde.
    Klara zuckte missmutig mit den Schultern. »Ich habe immer noch an der einen Stelle Probleme. Es ist nun einmal nicht jeder so ein Wunderkind wie du«, fügte sie noch gequält hinzu, weil sie genau wie er wusste, dass sie inzwischen ein höheres Niveau hätte erreicht haben sollen.
    »Spiel es. Ich sehe es mir an.« Er stellte sich neben sie und hörte aufmerksam zu. Vielleicht gab sie dann den Flügel frei und er konnte endlich üben. Was würde er für ein eigenes Instrument geben! Aber wie sollte er sich so eine Anschaffung leisten und wo sollte er so einen Flügel unterbringen? In seinem kleinen Zimmer im Wohnheim war dafür gewiss kein Platz.
    »Du warst heute wieder beim Dekan«, bemerkte Klara noch bevor sie das Zimmer verließ. Sie hatten sich auf einen Kompromiss geeinigt, dass sie nach einer halben Stunde ging und ihn üben ließ. Jetzt stand sie dicht neben ihm, so dass er unwillkürlich ihr Parfum einatmete. Irgendetwas mit Vanille, es erinnerte ihn an den Pudding aus der Mensa.
    »Unglaublich, wie schnell das die Runde macht.«
    »Reiz ihn nicht zu sehr«, riet sie ihm, denn sie kannte Federico und seine Abneigung gegenüber den Konzerten und ganz besonders gegen Dekan Haylen. Sie klopfte ihm auf die Schulter und sah ihm ins Gesicht. Sie wartete noch einen Moment. Offenbar schien sie etwas von ihm zu erwarten.
    Doch Federico drehte sich nur weg. »Ja, ja. Ich passe schon auf.« Er würde es schon wieder irgendwie hinbiegen und Haylen besänftigen. Aber auf keinen Fall wollte er in den nächsten Wochen schon wieder einen Auftritt haben.

    Am Abend lag er auf seinem Bett und starrte an die Decke des Zimmers. Sein Vormieter hatte hier wohl einmal eine ziemlich heiße Party gefeiert, denn Brandflecken zierten die Decke und ließen sich auch durch einen neuen Anstrich nicht vollständig übertünchen. Federico hätte zu gerne gewusst, wie man Brandflecken an eine Decke bekam und was dies wohl für eine Party gewesen sein musste.
    Gerne wäre er auch einmal wieder ausgegangen und hätte das Leben auf dem Campus hinter sich gelassen, aber im Grunde war Federico am liebsten alleine. Die meisten anderen Studenten hätten ihm gerne Gesellschaft geleistet, doch sie waren nur an seinem Namen und dem Rummel interessiert, der ihn stets umgab. Zwar stand er häufig im Rampenlicht, aber genaugenommen war er so einsam wie eh und je. Langsam wischte er sich die Träne ab, die über seine Wange rann. Federico wünschte sich einfach jemanden, der ihn verstand, ihn zärtlich in den Arm nahm und ihm ebenso zärtliche Worte ins Ohr flüsterte. Okay, er wusste, dass es unheimlich kitschig klang. Aber war es falsch, sich so einen geliebten Menschen zu wünschen?
    Aber stattdessen lag er verlassen in seinem Zimmer und übte Selbstmitleid. Jetzt fing er schon an zu flennen! Wie schon so viele Male an unzähligen Abenden, wenn ihn die Erinnerung an seine Kindheit einholte: Der ekelhafte Geruch des Desinfektionsmittels im Krankenhaus, der ihm noch heute in der Nase brannte, wenn er nur an jenen Abend vor sechzehn Jahren zurückdachte. Der Abend, an dem er sich an die Hand der Krankenschwester geklammert und die Leiche seiner Mutter und seines Vater angestarrt hatte. Der kleine Junge hatte es nicht für möglich gehalten, dass sie wirklich tot waren, so wie die Ärzte es ihm gesagt hatten. Erst als er in das blasse und friedliche Gesicht seiner Mutter gesehen hatte, war es ihm klar geworden: Jetzt gab es niemand mehr, der sich um ihn kümmerte.
    »Fedri, bist du da?« Jemand

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