Holz und Elfenbein
ein Duett mit Claude geplant und auch Alexis zählte auf ihn.
Was sollte er tun?
Claude hatte die Tür zu seinem Schlafzimmer geschlossen und glücklicherweise auch das Licht bereits gelöscht. Claude würde es ihm wahrscheinlich sofort ansehen, dass etwas nicht in Ordnung war und Federico hatte nicht die Kraft es seinem Freund zu beichten.
In seinem Zimmer durchsuchte er mit fahrigen Fingern die Schränke nach der Schachtel mit Schmerzmitteln, die ihm sein Arzt das letzte Mal verschrieben hatte. Wenn er jetzt gleich Tabletten einnahm und morgen früh noch einmal, dann waren die Schmerzen vielleicht in den Griff zu bekommen. Doch seine zaghafte Hoffnung wurde enttäuscht als er feststellen musste, dass die Schachtel nur noch eine Pille enthielt. Viel zu wenig falls die Schmerzen über Nacht nicht zurückgingen, was er fast schon befürchtete. Nichtsdestotrotz deponierte er die Packung auf seinem Nachttisch und wickelte sich dann eine Binde um das Handgelenk. Vielleicht half es, wenn das Gelenk ruhig gestellt war. Sollte er noch einen Packen mit Eis darauf legen? Oder war Wärme besser? Vielleicht eine Wärmflasche?
Die Wahl fiel auf das Eis und es betäubte den Schmerz immerhin kurzfristig und so saß Federico auf seinem Bett und wusste, dass er in diesem Zustand nicht einschlafen konnte.
› Was ist wenn? Was, wenn?‹ Diese Frage schoss ihm immer wieder durch den Kopf. Was war, wenn die Schmerzen schlimmer wurden? Was, wenn er sich morgen außer Stande sah auf dem Konzert zu spielen? Was würden die Professoren sagen? Was würde dann seine alte Mentorin von ihm halten? Was würde Alexis von ihm denken?
Alexis... Plötzlich sehnte er sich danach die Stimme des Organisten zu hören und schon hatte er nach seinem Handy gegriffen.
Die Stimmen im Hintergrund verrieten ihm, dass Alexis noch längst nicht geschlafen, sondern ferngesehen hatte. Sollte er es Alexis sagen? Die Worte lagen ihm schon auf der Zunge, aber dann stockte Federico. Was nützte es, wenn sich Alexis auch noch Sorgen um ihn machte und seinen eigenen Auftritt deswegen vermasselte. Nein, er wollte dem anderen keine unnötigen Sorgen bereiten und außerdem konnte er sich vorstellen, wie Alexis reagieren und sein Rat aussehen würde. Wenn es nach Alexis gegangen wäre, hätte Federico schon längst mit seinen Professoren über seine Probleme mit der Hand geredet.
Trotzdem konnte er es sich nicht verkneifen anzumerken: »Ich weiß nicht, ob ich das morgen alles so schaffe.«
»Bist du so nervös?« Federico hörte wie Alexis den Fernseher ausschaltete und vernahm das Klicken des Lichtschalters. Kurz darauf das Rascheln des Bettzeugs.
»Ich will dir mal was sagen Fedri. Du schaffst das, weil du der beste Pianist bist, den das Konservatorium seit Jahren gesehen hast. Weil alle an dich glauben und weil du – und das ist ja wohl das Wichtigste – der heißeste, junge Nachwuchspianist bist, den die Welt je gesehen hat.«
Für einen Moment vergaß Federico seine missliche Lage. »Ja, ich glaube, besonders dieser letzte Punkt macht den Unterschied«, lachte er.
»Willst du zu mir kommen?«
»Nein, es ist schon spät. Ist schon okay, aber morgen Abend würde ich gerne zu dir kommen.«
»Klar.«
Sie schwiegen lange, bevor Federico noch einmal das Wort ergriff. »Ich will dich nicht enttäuschen.« Alexis glaubte an ihn, traute ihm so vieles zu, aber was, wenn Federico nicht spielen konnte. Wenn das Vertrauen in seine Fertigkeiten am Klavier nicht gerechtfertigt war?
»Fedri, jetzt mache ich mir langsam wirklich Sorgen. Ist alles okay bei dir?« Alexis‘ Stimme klang so eindringlich, dass Federico versucht war ihm die Wahrheit zu sagen.
»Ich bin in Ordnung«, log er. »Ich sollte versuchen zu schlafen.«
Nein, ausgeschlossen. Ans Klavier spielen war nicht einmal zu denken, wie er am nächsten Morgen geschockt feststellen musste. In der Nacht hatte er aus lauter Verzweiflung die letzte Tablette eingenommen, einfach weil ihm diese Schmerzen im Handgelenk den Schlaf geraubt hatten. Aber jetzt, ein paar Stunden später, waren sie in all ihrer Macht wieder da. Sein Arzt würde ihm keine zweite Packung mehr verschreiben, das hatte er bereits beim letzten Mal klargemacht. Also war es keine Option die Praxis aufzusuchen und bis er einem neuen Arzt erklärt hatte, was genau sein Problem war, das würde viel zu lange dauern und eine Reihe von Untersuchungen nach sich ziehen auf die Federico gut und gerne verzichten konnte.
Wohl oder übel musste er
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