Holz und Elfenbein
gehen ins ›Chez Pièrre‹.«
»Oh, gut. War Claude eigentlich wieder bei Jérôme?« Alexis vertiefte sich noch einmal in die Choralbearbeitung, die er für Federico angefertigt hatte.
»Glaubst du mit den beiden, das ist was Dauerhaftes?« Federico zerbröckelte den letzten Rest Bagel während er gedankenverloren auf die Tischplatte starrte.
»Wer weiß?«
»Falls Jérôme heute Nacht zu uns ins Wohnheim kommt, übernachte ich bei dir. Aber ich glaube es nicht, Claude ist etwas abergläubisch und der Abend vor einem Auftritt muss immer nach dem gleichen Schema ablaufen, was keinen Platz für Sex lässt.«
Alexis lachte: »Claude und abergläubisch? Na ja, einen Fehler muss jeder haben. Du hast es immer noch nicht verwunden, was?«, wechselte er das Thema und spielte auf den Morgen an, an welchem Federico Jérôme halbnackt in der Küche der Wohnung angetroffen hatte.
»Es ist mir unangenehm«, gab Federico zu. »Ich bin nicht unbedingt voyeuristisch veranlagt.«
»Ach was...« Doch bevor sie diesen Punkt noch weiter erörtern konnten, kam Klara zu ihnen an den Tisch.
» Salut Federico.« Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, während sie Alexis einmal mehr kaum beachtete. Federico bekam ein schlechtes Gewissen. Klara kämpfte sprichwörtlich auf verlorenem Posten, wenn sie mit ihm flirtete. Aber er hatte es noch nicht übers Herz gebracht sie abzuweisen. Selbst zu der Zeit als er und Alexis noch kein Paar gewesen waren und jetzt würde es nur noch schwerer werden ihr reinen Wein einzuschenken.
»Ich freue mich schon auf Morgen.« Sie blickte kurz verlegen zur Seite. »Vielleicht können wir danach noch zusammen auf deinen Erfolg anstoßen.«
Federico sah wie Alexis bei diesen Worten doch glatt die Bleistiftmine abbrach und dabei einen hässlichen Schmierer auf dem Notenblatt hinterließ.
»Oh, nein. Ich muss mich morgen Abend um den Empfang kümmern und werde sicher nicht abkömmlich sein«, versuchte sich Federico herauszureden und legte unter dem Tisch eine Hand auf Alexis‘ Knie. Er würde das alleine regeln, Alexis sollte bloß nichts sagen.
»Schade, aber das verstehe ich natürlich.«
»Danke, dass du morgen bei dem Vorspiel aushilfst.«
»Für dich doch gerne.«
Alexis verdrehte die Augen während er das Blatt mit dem Radiergummi bearbeitete. Doch glücklicherweise sah es Klara nicht, sondern stand nur weiterhin unschlüssig an ihrem Tisch. Federico tat sie mit einem Mal sehr Leid. Sie hatte es nicht verdient. Klara machte sich noch immer Hoffnung wo keine mehr war, nur weil er zu feige war ihr die Wahrheit zu sagen.
»Hast du noch was vor?«, erkundigte sie sich. Die Stille war unangenehm geworden und Alexis sagte überhaupt nichts.
»Alexis und ich wollten im ›Chez Pierre‹ zu Mittag essen.«
»Wie passend, ich habe auch Hunger. Da komme ich mit, wenn ihr nichts dagegen habt.« Sie griff nach ihrer Tasche.
Federico und Alexis sahen sich an.
› Deine Entscheidung‹, schien ihm Alexis‘ Blick zu signalisieren.
»Ahm, ja«, dann schüttelte Federico den Kopf, »ich meine... Nein, tut mir leid... Alexis hatte in den letzten Tagen kaum etwas von mir und wir wollten gemeinsam gehen... alleine.«
Nicht nur Klara sah ihn verwirrt an, auch Alexis schenkte ihm einen überraschten Blick, der jedoch gleich vom einem hinreißenden Lächeln abgelöst wurde. Was natürlich auch Klara nicht verborgen blieb.
»Was soll das heißen?« Sie runzelte die Stirn. »Du meinst das jetzt nicht so, wie es geklungen hat, oder?«
»Wie hat es denn geklungen?«, gab Federico zurück und bemerkte, dass er genau dies immer so an Alexis hasste, wenn dieser auf Fragen nur mit Gegenfragen antwortete. Keine gute Angewohnheit, die er sich da zu Eigen gemacht hatte.
»Doch, natürlich. Ich habe es so gemeint wie ich es gesagt habe«, setzte er gleich hinzu. Federicos Herz klopfte wie wild. Dies war das erste Mal, dass er jemanden in aller Öffentlichkeit sagte, dass er einen Mann liebte. Hoffentlich machte Klara jetzt keine Szene, nicht unbedingt hier in der schon ohnehin gut gefüllten Cafeteria.
»Du und Alexis.« Es war keine Frage, viel mehr eine Feststellung.
Alexis schwieg und Federico war darum sehr dankbar. Er musste diese Situation alleine meistern. »Ja, wir sind ein Paar.«
Unter der Tischplatte tastete eine Hand nach seinen Fingern und drückte sie. Eine Geste des Mutes und Beistands.
Klara starrte ihn indes mit offenem Mund an und setzte sich zunächst auf den nächstbesten Stuhl.
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