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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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passen. Federico hatte sich ja damals ebenso strikt geweigert ein offenes Wort mit seinen Dozenten zu wechseln.
    Zu jener Zeit war Alexis bestenfalls besorgt gewesen um Federicos Gesundheitszustand und hatte ihm mit gut gemeinten Ratschlägen geholfen und dem Versprechen kein Wort über Federicos Probleme zu verlieren. Jetzt jedoch war er nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend auf seinen Freund.
    Es nötigte ihm all seine Selbstbeherrschung ab den Stehempfang bis zu dessen Ende abzuwarten. Als sich die Gäste langsam zerstreut hatten, wurde er Zeuge wie Federico erneut Professor Vipatchi beschwichtigte und ihr zusicherte, dass der Schnitt nicht schlimm sei, aber wie traurig er auch wäre, dass er hatte nicht spielen können.
    Alexis schnaubte in sich hinein. Das mochte ihm eine alte Professorin abkaufen, Alexis tat es nicht. Er würde Federico zur Rede stellen!

    Sie hatten es bereits abgesprochen, dass sie die Nacht bei Alexis verbringen würden und so wartete er nur noch ab bis die Tür zu seiner Wohnung ins Schloss gefallen war. Noch bevor Federico seinen Mantel ablegen konnte, hatte Alexis schon dessen Handgelenk ergriffen.
    »Hast du Schmerzen?«, fragte Alexis nur mühsam beherrscht. Würde Federico ihn auch anlügen, oder zumindest jetzt die Wahrheit sagen?
    »Es sticht ein bisschen«, gab Federico zurück und musste wohl bemerkt haben, wie Alexis die Augen zusammenkniff und sich eine Zornesfalte auf der Stirn bildete. »Was ist los?«
    »Das ist doch nur ein billiger Schwindel. Du hast dich nicht geschnitten. Du verbirgst doch wieder etwas.«
    Federicos Blick zeugte nun von einer ebenso großen Wut. Sie beide konnten sich ziemlich schnell in eine Sache reinsteigern.
    »Was soll das heißen?« Er befreite sich aus Alexis‘ Griff. »Willst du damit sagen, dass ich absichtlich auf die Möglichkeit verzichtet hätte auf dem Konzert zu spielen?«
    »Ja, genau das.«
    »Du glaubst also ich lüge dich an?«
    »Zeig mir deine Hand!«, forderte Alexis.
    Trotzig warf Federico die Handschuhe auf den Schrank neben der Tür und riss an dem Pflaster an seinem Mittelfinger. Alexis mochte es kaum glauben als er den annähernd zwei Zentimeter langen Schnitt sah, der sich von der Fingerkuppe schräg bis zur Außenseite hinzog. Die Verletzung war gar nicht vorgetäuscht! Jetzt wusste Alexis nicht, was er sagen sollte.
    Federico sah ganz so aus als ob er die Wohnung wieder verlassen wollte, aber da Alexis noch immer vor der Tür stand, drehte er sich stattdessen um und durchquerte das Wohnzimmer. Während er den Mantel ablegte, bemerkte Alexis erneut wie sorgsam Federico darauf bedacht war, seine rechte Hand möglichst wenig zu benutzen. Es passte einfach nicht zusammen, da war nicht nur der Schnitt.
    »Gott, wie krank bist du eigentlich?« Alexis schüttelte fassungslos den Kopf als er endlich verstand. »Du hast dich absichtlich in den Finger geschnitten!«
    Spätestens jetzt war jedes leugnen zwecklos. Federico glitt vor Schreck der Mantel aus den Fingern. Er wurde kreidebleich und schwankte, so dass Alexis schon befürchtete, Federico würde im nächsten Moment ohnmächtig werden.
    »Immerhin streitest du es jetzt nicht mehr ab.« Alexis hob den zu Boden gefallenen Mantel auf und hängte ihn ordentlich an den Kleiderhaken der Garderobe. »Wie lange wolltest du mich belügen?«, fragte er und erneut flackerte der Zorn in ihm auf. Federico hatte ja schließlich sogar die Dreistigkeit gehabt ihn noch eine Minute zuvor der Lüge zu bezichtigen.
    Federico antwortete nichts, sondern setzte sich nur auf die Couch und klebte sich wieder das Pflaster auf den Schnitt.
    »Was, wenn sich das entzündet, dann wirst du viel länger damit Probleme haben? Und was ist, wenn du dabei irgendwelche Sehnen verletzt hättest?«
    »Der Schnitt ist nicht tief und außerdem habe ich das Messer vorher desinfiziert – mehrmals sogar. Es entzündet sich schon nicht. Im Übrigen weiß sogar ich, dass in diesem Teil des Fingers keine Sehnen verlaufen.«
    Dass Federico diese abscheuliche, dumme Tat auch noch so genau geplant hatte und sich so offensichtlich über die möglichen Folgen im Klaren war, dies erboste Alexis noch viel mehr.
    »Wieso?«, presste er mühsam hervor.
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen? Es gab keine andere Möglichkeit um glaubhaft von diesem Vorspiel zurücktreten zu können. Alles andere hätte ein schlechtes Licht auf mich geworfen. Jedem kann mal das Brotmesser aus der Hand rutschen. Es war ein unglücklicher Zufall,

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