Home at Heart - Liebe auf Umwegen
ihrer Großmutter war mehr als nur ein Schlag ins Gesicht gewesen. Indirekt hatte sie ihr gesagt, dass dieser merkwürdige Cowboy ihr wichtiger war, als die eigene Enkeltochter. Sie…doch im Grunde genommen war Lorelai nicht so. Es war nicht ihre Art, Menschen gegenüber zu treten, wie sie es bei Jake getan hatte. Sicher, er hatte sie bei ihrer ersten Begegnung nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst, aber immerhin trug er die Verantwortung für die Farm. Und er hatte ja recht – wohin würde es führen, wenn jeder x-beliebige sich auf der Farm aufhalten könnte. Er hatte mit Sicherheit den falschen Tonfall ihr gegenüber angeschlagen, aber konnte man von einem Cowboy aus Red Oak erwarten, sie in feinster Etikette nach ihrem Befinden und den Gründen ihres Aufenthalts zu fragen? Es war vermutlich schon okay, und die Lorelai, die sie war, wenn sie nicht die cowboyfressende Hyänenlorelai war, die sie jetzt gerade zu sein schien, hätte der ganzen Situation mit einer frechen Bemerkung und einem Funkeln in den Augen die Schärfe genommen. Langsam aber sicher tastete die süße Lorelai, die ihre Mitmenschen immer gleich in ihren Bann zog, in den Vordergrund und beschloss, sich am nächsten Tag bei Jake zu entschuldigen.
7
Fünfundvierzig Minuten später sprang eine frisch geduschte und gestylte Lorelai Cartwright die Treppen hinunter. Sie hatte beschlossen, noch ein wenig in die Stadt zu fahren. In der Vergangenheit zu schwelgen, eventuell einen alten Film in dem kleinen Kino zu sehen, das an der Hauptstraße lag und in dem nie aktuelle Filme, dafür aber immer wieder Klassiker gezeigt wurden, oder einen Shake im Kirby’s zu trinken.
Ein warmer Windstoß durchfuhr ihr Haar, als sie auf die Veranda hinaustrat. Es war ein wunderschöner Abend. Die Pferde waren noch auf den Koppeln und grasten friedlich vor dem Haupthaus. Die Sonne hatte bereits zum untergehen angesetzt und tauchte das Land in wunderbar warmes Licht. Lorelai erinnerte sich kurz an die die Bilder von Thomas Kinkade. Sie drückte den Knopf an der Fernbedienung des TT, welcher das Drücken mit einem gleichzeitigen kurzen Aufleuchten aller Lichter quittierte. Wenige Augenblicke später fuhr sie den Weg, den sie am Nachmittag gekommen war, zurück, verließ die Farm und fuhr Richtung Red Oaks Stadtzentrum.
Die kleine Innenstadt von Red Oak bildete in der Hinsicht, das Lorelai alles genauso vorkam, wie schon vor zehn Jahren, keine Ausnahme. Als die Sonne begonnen hatte, hinter dem Zenit zu verschwinden, waren die vielen kleinen Lichter der Läden angegangen. Das große, geschwungene M von McDonalds konnte man immer noch vom anderen Ende der Stadt aus sehen. Verliebte, junge Pärchen gingen Hand in Hand die Straßen entlang. Manche von ihnen nahmen einen Drink in einer Bar, die meisten aber zog es hinunter zum Red River, wo sie händchenhaltend und knutschend die Nacht verbrachten.
Lorelai kam, nachdem sie durch die Stadt gefahren war, am „Barneys“ vorbei. Das Barneys war eine dieser typischen Kleinstadt-Kneipen, in denen es warmes, gar nicht mal so schlechtes Essen, Bier in großen Krügen zum kleinen Preis und öfters mal Livemusik gab. Der sandige Parkplatz der Bar war vollgestellt mit kleinen Trucks, alten Mustangs und Rostlauben. Der TT wirkte wie künstlich hineingepflanzt, als Lorelai ihn neben einem roten Trans Am abstellte. Eigentlich hatte sie zwar vor gehabt, einen Shake zu trinken, aber sie erinnerte sich daran, dass sie früher mit ihren Freundinnen fast jeden Abend hier war, um Kerle kennen zu lernen. Immerhin waren die anderen Mädchen damals ganz versessen auf die typische Red-Oak-Frauenkarriere gewesen. Vielleicht hatte sie ja Glück und würde jemanden von früher treffen.
Auch sie selbst kam sich fehl am Platz vor. Der Dresscode fürs Barneys war simpel. Jeans, ein Hemd oder ein T-Shirt, Sportschuhe oder Stiefel. Möglichst nicht zu schmutzig. Nicht, dass irgendjemand diesen Dresscode tatsächlich einmal ausgesprochen hätte. Aber dieses Outfit war es, mit dem man unter seinesgleichen war. Jeder im Barneys trug die typische Westernkluft. Lorelai hatte sich für ein schwarzes Etuikleid von Chanel und Stilettos von Manolo Blahnik entschieden, ein Outfit, das ihr am wenigsten auffällig erschien. Sie atmete einmal tief durch und stöckelte dann über den staubigen Boden vom Parkplatz zur Kneipe. Von innen drang Countrypop und lautes Gemurmel der Zuschauer nach draußen in die warme Frühlingsnacht. Sie schüttelte ihr schwarzes
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