Home at Heart - Liebe auf Umwegen
informieren, diese Idee dann aber wieder verworfen, zum einen, weil eine Person mindestens vierundzwanzig Stunden vermisst sein musste, um eine Vermisstenanzeige aufgeben zu können, und zum anderen, weil Jake eben Jake war und er wahrscheinlich nur etwas zu erledigen hatte. Er hatte mit Sicherheit vergessen, sich bei ihr „abzumelden“, und außerdem hatte er dazu auch gar nicht die Verpflichtung.
Bei jedem kleinen Geräusch, das sie von draußen vernahm, war sie aufgesprungen und zur Tür gelaufen, nur um immer wieder enttäuscht feststellen zu müssen, dass es nur jemand war, der an der Farm vorbeigefahren war. Doch dieses Mal musste sie nicht resigniert zur Couch zurückkehren. Jakes roter Pickup kroch die Auffahrt herauf und wurde neben dem Haupthaus abgestellt. Jake stieg aus und ging am Haupthaus vorbei Richtung Stallungen. Lorelai fiel ein Stein vom Herzen. Sie lief durch das Wohnzimmer in die Küche hinaus zur Hintertür. Jake bog gerade um Ecke des Stallgebäudes. Lorelai lief ihm nach und holte ihn ein. Er machte keine Anstalten, anzuhalten.
„Hey, wo hast du gesteckt?“, fragte sie und legte ihre linke Hand auf seinen linken Arm.
„Ich hab mir wahnsinnige Sorgen um dich gemacht!“
Er schüttelte sie ab, starrte stur gerade aus, wie er es an jenem Abend in Barneys Kneipe gemacht hatte.
„Jake?“
Lorelai war verwirrt, doch er beachtete sie immer noch nicht und ging auf die Eingangstür des Gästehauses zu.
Lorelei sprang mit einem Satz direkt vor ihn, doch Jake umging sie, ohne ein Wort zu sagen.
„Was zum Teufel ist denn los mit dir?“, rief sie. Die Angst, die sie noch vor fünf Minuten verspürt hatte und die verschwunden war, als sie den alten roten Pickup die Auffahrt heraufkommen gesehen hatte, war mit einem gewaltigen Schlag und um das hundertfache erhöht, zurückgekommen.
Jake riss die Eingangstür auf, öffnete den Wandschrank, der sich am linken Ende des länglichen Raumes befand und holte eine dunkelblaue Sporttasche heraus, mit der er ins Schlafzimmer ging und begann, seine Jeans und Hemden zu verpacken.
„Jake. Was ist los verdammt noch mal!“
Lorelai war außer sich, riss die Reisetasche vom Bett als Jake sie unbeobachtet lies und sah ihn eindringlich an.
„Ich gehe. Ich kann hier nicht länger bleiben, ohne kotzen zu müssen“, sagte Jake streitsüchtig.
„Was ist denn passiert“, fragte Lorelai und wollte Jakes Hand ergreifen. Er entzog sich der Berührung.
„Was passiert ist? Ich sag dir, was passiert ist“, versprühte Jake sein Gift erneut.
„Ich hätte niemals so dumm sein dürfen, und mich mit dir billiger Schlampe einlassen. Ich kann nicht fassen, dass ich überhaupt so blöd war, und mich mit jemandem wie dir abgegeben habe!“
Lorelai riss die Augen auf und traute ihren Ohren nicht.
„Was…“, begann sie, doch Jake fiel ihr ins Wort. Jetzt war er so richtig in Fahrt gekommen. Er tat einen Schritt auf sie zu und sah sie bedrohlich an. Für einen kurzen Moment verspürte er den Drang, ihr ins Gesicht zu schlagen.
„Du verdammtes Miststück hast mich mit deinem New-Yorker-Zicken-Getue so weit geblendet, dass ich den Todestag meiner Frau vergessen habe. Ich habe mit dir gefeiert und dich billige Schlampe auch noch gevögelt, anstatt an sie zu denken. An sie und mein Baby. Du kotzt mich an. Ich möchte so weit wie nur möglich weg von dir!“
Er griff sich die Reisetasche, die am Fuße des Bettes stand und stopfte weiter wild Kleidungsstücke hinein.
Lorelai ging einige Schritte auf die Schlafzimmertür zu.
„Hör auf, dein Zeug einzupacken“, sagte sie dann mit fester Stimme.
„Das ist dein Zuhause. Nicht mehr meines!“
Sie wandte sich um und verlies das Gästehaus.
Wie in Trance lief Lorelai den kurzen Weg von Jakes Gästehaus zurück zum Hintereingang des Haupthauses. Der vorige Tag, an dem sie mit Jake auf dem Siedlerfest gewesen war, als er ihr gesagt hatte, das er sie liebte und sie miteinander geschlafen hatten, war meilenweit weg und schien in einem anderen Universum vor ungefähr einhundert Jahren stattgefunden haben zu müssen. Sie stand unter Schock und wunderte sich darüber, dass sie nicht einmal weinen musste. Aber dieser Umstand war wahrscheinlich auf den Schock zurück zu führen. Sie öffnete die Hintertür und blieb am Küchentisch stehen. Jetzt hatte sich ein Kloß in ihrem Hals gebildet und Tränen waren in ihre Augen gestiegen. Langsam, aber dafür stetig bahnten sich Tränen Ihren Weg über ihre Wangen hinunter
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