Home at Heart - Liebe auf Umwegen
Tag auf Erden ausgekämmt hatte und noch einige weitere Kleinigkeiten hineingeworfen. Er hatte die komplette Kiste auf seinem Bett ausgekippt und war erneut in Tränen ausgebrochen. Amys Nachthemd hielt er in seinem Arm, schmiegte sich daran und einige seiner Tränen wurden von dem weichen Baumwollstoff aufgesogen. Kurz vor elf saß er wie hypnotisiert auf dem Bett, hielt immer noch Amys Nachthemd in den Händen als sein Blick auf ein kleines, quadratisches Stück Papier fiel, das zwischen jeder Menge Krimskrams aus der Kiste am Kopfende seines Bettes lag. Mit zitternden Händen griff er nach dem kleinen Etwas, zog es heran und brach im nächsten Moment erneut in Tränen aus. Es war das Ultraschallbild, das Amy in den Blumenstrauß gesteckt hatte, den sie ihm schenken wollte.
Er stieg in seinen Pick up, fuhr hinüber nach Council Bluffs und kehrte in die erstbeste Kneipe ein, die er finden konnte. Sein Herz fühlte sich an, als wäre es in Millionen Scherben zersprungen. Er konnte kaum noch atmen. Im „Blueberry Hill“ setzte er sich auf den erstbesten Hocker an der Bar, bestellte eine Flasche Jack Daniels und ein Glas und versuchte, seinem Schmerz mit Alkohol zu entkommen.
Es war etwa zur selben Zeit, als Lorelai im Holiday Inn aufwachte und sich wie gerädert fühlte, als die Kellnerin Jake, der sich die ganze Nacht über kaum von seinem Hocker gerührt hatte, auf die Schulter tippte.
„Hey schöner Mann – entweder, du machst für heute Schluss, oder du kommst anschließend noch mit mir in mein Appartement und wir lassen dort noch etwas die Puppen tanzen. Die Sonne ist schon aufgegangen!“
Sie war eine typische Enddreißigerin mit blondiertem, gelben Haar, dessen Ansatz brünett war, die ein paar Kilo zu viel auf den Hüften hatte und wohl seit der High School keine andere Perspektive hatte, als Kellnerin in einer drittklassigen Spelunke zu werden.
Jake wankte etwas, als er sich zu ihr umdrehte, versuchte, etwas zu sagen, von dem er aber nicht wusste, was es sein sollte und torkelte dann wortlos und mühselig aus der Kneipe. Nach dem dritten Versuch hatte er es endlich geschafft, den Zündschlüssel ins Schloss zu stecken und den Wagen anzulassen. Dann fuhr er – in fast demselben Höllentempo wie am Vortag – zurück zur Farm.
Lorelai erwachte um vier Uhr dreiundvierzig aus einem traumlosen, furchtbaren Schlaf, aus dem sie bereits in den Stunden zuvor mehrmals erwacht war, sich dann immer wieder gefragt hatte, wo sie war und immer und immer wieder realisierte, was passiert war. Als sie ihre Augen um vier Uhr dreiundvierzig wieder einmal aufschlug und ihr bewusst wurde, dass in den kommenden Stunden nicht mehr an Schlaf zu denken war, schlug sie die Decke zur Seite, stand auf und zog den blasgrünen Volantvorhang zur Seite. Der Flughafen lag etwa eine Meile von ihr entfernt und von Zeit zu Zeit starteten oder landeten Flugzeuge. Lorelais Kopf war vollkommen leergedacht. Die Augen brannten vom Weinen und sie überlegte, wie rot sie wohl sein mussten. Sie stand keine fünf Minuten am Fenster und blickte auf den erwachenden Fort Worth Airport, als die Tränen erneut zu laufen begannen und ihren Lemming-Kollegen vom Vortag folgten.
Sie nahm eine Dusche, zog sich an und schleppte ihren Koffer dann zum Lift um auszuchecken.
„Ma’am, ist alles in Ordnung mit ihnen?“
Die Rezeptionistin musterte sie, als sie mit albinoroten Augen und lau fender Nase ihren Zimmerschlüssel abgab.
„Ja, danke“, log Lorelai, versuchte zu lächeln, was aber eher einer verklemmten Fratze gleich kam und schob der Rezeptionistin ihre Mastercard zu. Anschließend trank sie im Foyer des Hotels einen schwarzen Automatenkaffee und nahm sich dann ein Taxi, das sie zum Flughafen bringen sollte.
Die Pferde der Cartwright- Farm bekamen an diesem Vormittag ihr Frühstück schon um kurz nach fünf Uhr – von einem angetrunkenen Jake McMahon, der mit der Futterschubkarre durch die Stallgasse schlenkerte als befände er sich auf einem Schiff mit schwerem Seegang, alte Lieder sang, mit seinem Gesang bestimmt kein Kandidat in America’s got Talent werden würde und es mit den Futterrationen nicht ganz so genau nahm. Als er bei Flashs Box angekommen war, hielt er inne. Der braune Hengst blickte ihn aufmerksam an und grummelte leise. Wie ein Geistesblitz schoss ihm der allererste Ausritt mit Lorelai durch den Kopf. Alle anderen Pferde hatten ihr Futter schon bekommen, nur Flash noch nicht. Aufgeregt begann er mit seinem rechten
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