Home at Heart - Liebe auf Umwegen
erzählt. Er hatte zwar versprochen, anzurufen, wenn er mit Lorelai gesprochen hatte (was er zweifellos auch getan hätte, wenn das Gespräch positiv verlaufen wäre), doch als er mit seinen zwei Flaschen hartem Alkohol und dem Sixpack ins Hotel zurückgekommen war, hatte er keine Motivation dazu gefunden und auch keine große Lust auf das Mitleid gehabt, das ihm wahrscheinlich entgegengeschwappt wäre. Außerdem war er nicht sicher, ob er die Fassung hätte bewahren können. Wahrscheinlich hätte er zu weinen angefangen, wenn er Earl oder Lorelais Familie davon erzählen hätte müssen, dass sie ihn eiskalt hatte abblitzen lassen und dass sie sich jetzt definitiv für ihr Leben als Karrierefrau in New York entschieden hatte.
In der Fahrerkabine des Ford war es kalt. Die Heizung brauchte eine ganze Weile, bis sie auf Hochtouren gekommen war und Jake hätte in der Warmlaufzeit alles dafür gegeben, eine Flasche Jack Daniels bei sich zu haben, mit der er sich wenigstens hätte von innen heraus wärmen konnte.
Während er die Interstate hinauffuhr, nahm er sich vor, im nächsten Jahr mit dem trinken aufzuhören. Sozusagen als guten Vorsatz. Er würde noch bis zum einunddreißigsten Trinken und danach sollte Schluss sein. Doch tief in seinem Hinterkopf wusste er, dass er den Vorsatz ohnehin brechen würde. Er würde nicht vom Alkohol loskommen, dazu hatte dieser ihn zu sehr in seinen Bann gezogen. Außerdem hatte er ohnehin nichts, wofür es sich lohnte, a) mit dem trinken aufzuhören und b) überhaupt weiter zu machen. Der alte Earl hatte recht gehabt, wahrscheinlich würde er seinen vierzigsten Geburtstag nicht erleben, wenn er so weitermachte, wie jetzt gerade. Aber unter den gegebenen Umständen wollte er das auch gar nicht. Amy war tot und Lorelai hatte kein Interesse an ihm. Wozu also weitermachen. Es war eine gute Möglichkeit, langsam aus dem Leben zu scheiden, während man sein Dasein in einer gewissen Art von Trance verbrachte.
Er nahm sich vor, noch einmal in die Stadt zu fahren, nachdem er seine Sachen ausgepackt und in die Waschmaschine gestopft hatte. Bevor er nach New York geflogen war, hatte er sämtliche alkoholischen Getränke aus seinem Haus verbannt – sogar die eiserne Reserve, die er ganz hinten im Wandschrank versteckte, für den alleräußersten Notfall – hatte er in den Ausguss gekippt. Wahrscheinlich hatte er zu diesem Zeitpunkt tatsächlich geglaubt, Lorelai würde mit ihm zurück nach Red Oak kommen. Was für ein Narr er doch gewesen war.
Er lenkte den Ford die verschneite Einfahrt der Cartwright-Farm hinauf. Das Land lag still unter seiner Schneedecke da und für einen kurzen Moment dachte er, wie wunderschön es hier doch war. Es hätte ein rauschendes, wunderbares Weihnachtsfest werden sollen. Als er von der Farm zum Flughafen gefahren war, hatte er sich vorgenommen, Lorelai das wunderschönste Weihnachtsfest zu schenken, das sie je erlebt hatte. Er hatte beim Juwelier in Dallas einen Ring gekauft, der ihm genauso perfekt erschienen war, wie Lorelai selbst, und mit dem er sie bitten wollte, seine Frau zu werden. Danach hatte er bei Seven-Eleven eine Schachtel Pralinen gekauft und war zu Jimmy Brown hinaus gefahren, wo er dessen Frau Alice gebeten hatte, ihm im Tausch gegen die Pralinen die Schachtel mit dem Ring einzupacken. Jetzt lag der Ring, verpackt in einer Hülle aus rotem Papier mit Weihnachtsmännern und Rentieren darauf in seinem Wandschrank auf dem obersten Bord, wo er vermutlich vergammeln würde.
Er hatte den Wagen zum stehen gebracht und in dem Moment, als er den Motor abstellte, öffnete sich die Vordertür des Haupthauses und Ellen und Marge drängten sich heraus. Beide Frauen sahen gekränkt und mitleidig aus – sie hatten also schon mit Lorelai telefoniert. Ein Kloß stieg in Jakes Hals hoch. So, wie es aussah, war er nicht der einzige gewesen, der fest damit gerechnet hatte, dass Lorelai zurückkommen würde.
Die Zeit schien still zu stehen. Schneefall hatte eingesetzt, als Jake aus dem Wagen stieg und die Tür zufallen ließ. Er stand still und starr da und blickte auf die Veranda, wo die beiden Frauen standen und wie vor den Kopf gestoßen wirkten. Sekunden verstrichen, ohne dass jemand etwas sagte, bis Marge das Schweigen brach: „Es tut uns so leid, Jake“, begann sie.
„Bitte nicht jetzt “, sagte Jake mit erstickter Stimme, nahm seinen Koffer in die rechte Hand und eilten schnellen Schrittes am Haupthaus vorbei hinunter zum
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