Home Run (German Edition)
klingt.
»Okay.« Sie geht ein paar Schritte rückwärts. »Ich sehe mal nach, was er gerade macht.«
Die Sekretärin verschwindet im hinteren Teil der Redaktion. Ich kann Stimmen hören. An den Wänden hängen alte Ausgaben in Bilderrahmen, und ich brauche nicht lange, bis ich eine vom Juli 1973 finde. Die Schlagzeile lautet: »Joe Castle und sein dramatisches Debüt bei den Cubs«. Ich mache einen Schritt darauf zu und beginne zu lesen. Der Artikel wurde von Clarence Rook geschrieben, wie die meisten Beiträge auf der Titelseite, und aus jeder Zeile kann ich herauslesen, wie stolz er damals war.
In meinem Scrapbook klebt eine Kopie des Artikels.
»Mr. Rook hat Zeit für Sie«, informiert mich die Sekretärin mit einem Nicken in Richtung eines schmalen Korridors. »Erste Tür rechts.«
»Danke.« Ich lächle ihr zu und gehe nach hinten.
Clarence Rook sieht interessant aus – rote Wangen, weißes Hemd, rote Fliege, rote Hosenträger, schätzungsweise um die siebzig, mit einem dichten grauen Bart und einem wirren weißen Haarschopf, der an Mark Twain erinnert. Er kaut auf dem Stiel einer Pfeife herum, die seinen Mund nur selten verlässt, und sitzt an einem alten Schreibtisch aus Holz, der mit Akten- und Papierstapeln übersät ist. Auf einer Seite steht eine abgenutzte mechanische Schreibmaschine, ein Modell, das etwa von 1950 stammt und noch in Gebrauch ist.
»Mr. Casey«, begrüßt er mich mit einer hohen, lebhaften Stimme, während er mir die rechte Hand hinhält. »Clarence Rook.«
»Schön, Sie kennenzulernen. Danke, dass Sie sich einfach so Zeit für mich nehmen.« Ich schüttele seine Hand.
»Kein Problem. Nehmen Sie Platz.«
Ich setze mich auf den einzigen Stuhl, der nicht mit irgendwelchen Sachen belegt ist.
»Woher kommen Sie?«, fragt er mit einem Lächeln, das seine vom Nikotin verfärbten Zähne offenbart.
»Santa Fe.«
»Oh, was für ein schöner Flecken Erde. Vor ein paar Jahren sind meine Frau und ich mal in den Westen gefahren und haben in Santa Fe angehalten, um das O’Keeffe-Museum zu besuchen. Spektakuläre Landschaft. Ich hätte absolut nichts gegen einen Umzug dorthin.«
»Ja, wir leben gern da. Aber Ihre Stadt ist auch sehr hübsch.«
»Oh, das ist sie. Ich bin in Mountain Home geboren, das ist ganz in der Nähe, und werde wohl nicht mehr von hier weggehen.«
»Wie lange sind Sie denn schon Eigentümer der Zeitung?«, frage ich, um mit etwas Small Talk Zeit zu schinden.
Mein Gesprächspartner hat offenbar nichts dagegen einzuwenden. »Ich habe sie vor zwanzig Jahren von Mrs. Meeks gekauft, die sie schon seit einer Ewigkeit hatte. Sie hat mich eingestellt, als ich noch ein halbes Kind war. Ich hätte nie gedacht, dass ich mein Leben damit verbringen würde, eine Zeitung herauszugeben, aber ich genieße jede einzelne Minute. Sie schreiben auch?«
»Nein, Sir. Ich bin weder Schriftsteller noch Reporter.«
Das Lächeln verschwindet, als er die Augen zusammenkneift und versucht, diese Information zu verarbeiten.
»Und mein Name ist auch nicht Paul Casey. Ich heiße Paul Tracey«, fahre ich fort.
Aus einer Schublade des Schreibtischs holt Rook einen Beutel mit Tabak, stopft langsam seine Pfeife und zündet dann ein Streichholz an. Er sieht mich unverwandt an und stößt eine kleine Rauchwolke aus. »Hat man Ihnen schon mal gesagt, dass Sie Warren Tracey ähnlich sehen?«, fragt er.
»Ja, das höre ich öfter.«
»Sind Sie mit ihm verwandt?«
»Er ist mein Vater.«
Wie erwartet kommt das nicht gut an. Seit dreißig Jahren zögere ich oft, wenn ich meinen Nachnamen sage. In der Regel löse ich damit keine Reaktion aus, aber es hat genug ungemütliche Momente gegeben, um mich vorsichtig zu machen.
Er pafft eine Weile vor sich hin, während er mich anstarrt. »Es könnte durchaus passieren, dass Sie hier erschossen werden«, sagt er schließlich.
»Mr. Rook, ich bin nicht hergekommen, um mich erschießen zu lassen.«
»Und warum sind Sie dann hier?«
»Mein Vater hat Bauchspeicheldrüsenkrebs. Unheilbar. Er hat nur noch ein paar Monate zu leben.«
Noch ein Zug an der Pfeife, noch ein Rauchwolke. »Das tut mir leid«, sagt er, aber nur, um nicht unhöflich zu sein.
»Ich glaube nicht, dass es in Calico Rock jemanden gibt, der seinen Tod bedauern wird.«
Er nickt. »Da haben Sie recht. Die meisten Leute in dieser Gegend würden Warren Tracey am liebsten auf einem Scheiterhaufen verbrennen sehen. Und zwar ganz langsam«, sagt er dann.
»Dessen bin ich mir
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