Home Run (German Edition)
Pitches später stahl Joe die dritte Base, dann punktete er bei einem Passed Ball.
In der zweiten Hälfte des vierten Innings schlug er einen Single mit einem schwachen Fly Ball ins Shallow Center Field und erzielte damit seinen fünfzehnten Hit in Folge.
Wie Joe vorausgesagt hatte, machten sie ihn schließlich out. Bei seinem sechzehnten Schlagdurchgang, in der zweiten Hälfte des siebten Innings, hämmerte er einen Ball ins Deep Center Field, und eine Sekunde lang sah es so aus, als wäre er draußen. Doch der Center Fielder, Garry Maddox, lief immer weiter zurück, bis er auf dem Warning Track war, und dann noch etwas weiter, bis er fast den Efeu berührte. Einhunderteinundzwanzig Meter von der Home Plate entfernt fing Maddox den Ball, und damit war Joes Glückssträhne vorbei.
Joe war an der zweiten Base und beobachtete Maddox. Nach dem Call des Schiedsrichters drehte Joe sich um und lief in Richtung Dugout. Die Zuschauer erhoben sich zu einem donnernden Applaus, und Joe ließ sich Zeit mit dem Verlassen des Feldes.
Nach dem Spiel gaben die Cubs bekannt, dass sein Trikot ausgetauscht wurde. Die Nummer 42 würde zurückgelegt, und für den Rest seiner kurzen Karriere trug Joe Castle die Nummer 15 .
Am darauffolgenden Donnerstag begannen die Mets im Vorfeld des All-Star Game eine Serie aus vier Heimspielen gegen die Cardinals. Natürlich wusste ich ganz genau, wann mein Vater pitchte. Er würde am Donnerstagabend auf dem Wurfhügel stehen, und ich wollte unbedingt ins Shea Stadium.
Am Donnerstagnachmittag, bevor er zum Spiel aufbrach, hatten wir endlich Zeit, um über Baseball zu reden. Er war furchtbar nervös, wie immer vor einem Spiel. Die meiste Zeit über war er reserviert und zurückhaltend, doch wenn er mit Pitchen an der Reihe war, verhielt er sich so kühl und abweisend, dass ich mich manchmal fragte, ob er mir überhaupt zuhörte. Er war vierunddreißig Jahre alt und versuchte verzweifelt, seiner schwächelnden Karriere auf die Sprünge zu helfen. Rückblickend gesehen bin ich mir sicher, dass er damals furchtbare Angst hatte, zu alt für Baseball zu werden. Die Jahre vergingen, und es stellte sich heraus, dass der große Warren Tracey doch nicht so groß war, wie alle dachten. Bei den Mets war er inzwischen der vierte Mann hinter Jon Matlack, Jerry Koosman und dem unglaublichen Tom Seaver. Kurz vor dem All-Star Game lag sein Win-Loss-Record bei vier Wins und sechs Losses, und sein Earned Run Average war auf 5 . 60 aufgebläht. Die Sportreporter in New York forderten vehement einen neuen vierten Mann. Die Mets lagen zwei Spiele unter . 500 , und es sah nicht so aus, als würde sich das bessern.
»Herzlichen Glückwunsch zur Aufnahme ins All-Star-Team«, sagte er. Wir saßen im Schatten auf der Terrasse und tranken Milchshakes. Er hatte einen mit Bananen, den er sich immer selbst machte, genau sechs Stunden bevor er den Wurfhügel betrat. Es war eine seiner kleinen Marotten. Alle Baseballspieler, vor allem Pitcher, haben welche, hatte er mir einmal erzählt, daher hatte ich angefangen, bei ihm nach Marotten zu suchen.
»Danke. Wir haben diese Woche jeden Tag trainiert. Das erste Spiel ist am Samstag um zwei Uhr gegen Rye.«
»Tut mir leid, dass ich nicht kommen kann.« Die Mets hatten am Samstag zur gleichen Zeit ein Spiel, daher waren wir beide zufrieden. Er würde nicht bei meinem Spiel sein und ich nicht bei seinem. »Wirst du am Samstag pitchen?«
»Ich glaube nicht. Zurzeit bin ich die Nummer zwei hinter Don Clements. Er ist zwölf.«
Meinem Vater war das völlig egal. Er trank seinen Milchshake, starrte über den Rasen und war völlig in seiner Welt versunken. Ich machte ihm keinen Vorwurf. An den Tagen, an denen ich pitchte, dachte ich an nichts anderes. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie nervenaufreibend es war, vor fünfzigtausend Fans im Shea Stadium auf den Wurfhügel zu treten und zu pitchen.
»Was hältst du von diesem Joe Castle?«, fragte ich.
Er schnaubte missbilligend. »Kein schlechter Start, aber diese Jungs sind schnell wieder weg vom Fenster. Nach ein oder zwei Spielen haben wir sie durchschaut. Jeder Rookie hat eine Schwachstelle in seinem Schwung. Früher oder später finden wir sie.«
Er sagte nur selten etwas Nettes über andere Spieler, selbst wenn es um Mannschaftskameraden von ihm ging. Mit elf fand ich das seltsam, doch einige Jahre später begriff ich, dass er, was sein eigenes Spiel anging, so unsicher war, dass er es nur selten fertigbrachte, einen anderen
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