Home Run (German Edition)
meinem Zimmer und versuchte, den letzten Monat der Sommerferien zu genießen.
Am 8 . August gewannen die Mets in Houston mit einem Shutout gegen die Astros. Mein Vater pitchte in sieben Innings, musste nur drei Hits und zwei Walks abgeben und gewann sein fünftes Spiel in der Saison. Ich hörte mir das Spiel in unserem Wohnzimmer an und schrieb wie immer jeden Pitch und jeden Spielzug auf meiner offiziellen Scorecard der Mets mit. Ich wusste, dass es sein bestes Spiel seit Jahren war, und da Lindsey Nelson und Ralph Kiner nur Nettes über meinen Vater sagten, konnte ich nicht umhin, ein kleines bisschen stolz auf ihn zu sein, wenn auch nur widerwillig. Ich war gerade dabei, ins Bett zu gehen, als er anrief und mit mir über das Spiel reden wollte. Wir telefonierten eine halbe Stunde miteinander, in der er mir die Höhepunkte schilderte und geduldig meine Fragen beantwortete. Als wir uns schließlich Gute Nacht sagten, war ich so aufgeregt, dass ich nicht einschlafen konnte. Vier Tage später pitchte er ein Complete Game mit lediglich vier abgegebenen Hits gegen die San Diego Padres und gewann sein zweites Spiel in Folge, was bei Warren Tracey nicht oft vorkam. Da er an der Westküste war, rief er nach dem Spiel nicht mehr an, doch am nächsten Morgen klingelte das Telefon, und wir redeten fast eine Stunde miteinander.
Meine Mutter war glücklich, weil ich glücklich war, doch sie misstraute dem plötzlichen Interesse meines Vaters an mir. Meine blauen Flecken waren verschwunden, und die emotionalen Narben verheilten langsam – jedenfalls glaubte ich das.
In den New Yorker Zeitungen tobte immer noch eine heftige Diskussion darüber, ob Warren Tracey auf die Bank oder in eine der Minor Leagues geschickt werden sollte. Seine beiden Siege nahmen den Kritikern ein wenig den Wind aus den Segeln, trotzdem stand kaum jemand auf seiner Seite. Die Mets kamen langsam in Fahrt, doch es sah ganz danach aus, als könnte kein Team die Cubs einholen. Joe Castle war immer noch Tagesgespräch und in Chicago und dort, wo er gerade spielte, auf allen Titelseiten zu sehen.
Ich rechnete zigmal nach, und wenn es keine plötzlichen Änderungen aufgrund von Verletzungen, schlechten Wetters oder eines Wechsels bei der Pitching-Reihenfolge oder den Line-ups gab, würden die Cubs am Freitag, dem 24 . August, im Shea Stadium stehen. Joe Castle würde sein Debüt in New York haben, und mein Vater würde auf dem Wurfhügel stehen. Die Cubs würden dann die Nummer eins in der East Division sein und die Mets aller Wahrscheinlichkeit nach die Nummer zwei. Wenn ich mir das vorstellte – und das tat ich in dem August damals mindestens zehnmal am Tag –, bekam ich ein flaues Gefühl im Magen und brachte nicht einmal mehr einen Schluck Wasser hinunter. Warren Tracey gegen Joe Castle. Die Gefühle für meinen Vater waren mehr als gemischt. Eigentlich hasste ich ihn ja, aber er war mein Vater und ein Profibaseballspieler, der für die New York Mets pitchte! Wie viele elfjährige Jungen konnten das von ihrem Vater behaupten? Wir lebten im selben Haus. Wir hatten dieselben Vorfahren, denselben Namen, dieselbe Adresse. Sein Erfolg oder Versagen hatte direkten Einfluss auf mich. Ich liebte meine Großeltern abgöttisch, obwohl ich sie nur selten sah. Verdammt, er war mein Vater! Ich wollte, dass er gewann.
Doch im Baseball zählte zurzeit nur Joe Castle. Wenn er spielte, war das Stadion ausverkauft, und häufig waren die Sitze auch schon beim Schlagtraining vor dem Spiel besetzt. Er wurde so sehr von Reportern gejagt, dass er sich versteckte. Bei den Auswärtsspielen der Cubs strömten die Fans in Scharen zu den Hotels der Mannschaft, in der Hoffnung, ein Autogramm zu ergattern oder wenigstens einen Blick auf ihn werfen zu können. Junge Frauen machten ihm Heiratsanträge und andere eindeutige Angebote. Seine Mannschaftskameraden und Coaches dachten sich alles Mögliche aus, um seine Privatsphäre zu schützen. Außerhalb des Stadions herrschte der pure Wahnsinn, doch sobald Joe auf dem Feld stand, spielte er weiterhin wie ein Kind in seiner Freizeit. Er sprintete nach Foul Balls, hechtete zwischen die Zuschauer, machte aus langsamen Singles Doubles, buntete bei zwei Strikes, vereitelte Double Plays, machte bei jedem Fly Ball ins Outfield einen Tag-up, hatte in der Regel das schmutzigste Trikot, wenn das Spiel zu Ende war, und hämmerte dazu noch die ganze Zeit Bälle in alle möglichen Ecken des Feldes.
Die Vorstellung, dass Joe gegen meinen Vater
Weitere Kostenlose Bücher