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Home Run (German Edition)

Home Run (German Edition)

Titel: Home Run (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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besteht immer die Gefahr, dass einen der Catcher von hinten zu Boden wirft. Alle drei Castle-Jungen kannten diese Grundregel des Spiels. Joe wartete, bis der Pitcher geworfen hatte, dann sprintete er zum Wurfhügel. Es war ziemlich übel. Damals waren sie noch Teenager, und die anderen Spieler waren nicht so schnell am Wurfhügel wie in den Profiligen …« Clarences Stimme verliert sich, als würde er die Geschichte nicht zu Ende erzählen wollen.
    »Hat er den Pitcher verletzt?«
    »Sagen wir mal so: Der Junge hat ein paar Tage nicht gepitcht, vielleicht eine Woche, vielleicht nie mehr. Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, dass er nie wieder einen Beanball geworfen hat. Joe war kein Raufbold, ganz im Gegenteil; er war ein ausgesprochen netter Junge. Er mochte es nur nicht, wenn ein Pitcher direkt auf ihn zielte.«
    »Wer hat die Schlägerei beendet?«
    »Die Schiedsrichter. Vom anderen Team hat sich keiner der Spieler in seine Nähe getraut.«
    Ich blättere in dem Ordner und komme zur Titelseite der Sports Illustrated. »Das hier hat sicher für einige Aufregung in der Stadt gesorgt.«
    »O ja, dabei hatten wir in dem Sommer damals schon genug Aufregung. Jeder in der Stadt wollte mit dem Reporter reden. Sie haben nichts mehr zu trinken, Paul.« Er nimmt beide Gläser und geht auf die hintere Veranda. Ich folge ihm und werfe einen Blick in die Küche, wo Fay gerade eine Aubergine in Scheiben schneidet. Als die Gläser wieder voll sind, stopft sich Clarence eine Pfeife und zündet sie an. Mit frischen Lemon Gins in der Hand gehen wir die Treppe an der Rückseite des Hauses hinunter und blicken auf den White River.
    »Wo kommt sein Spitzname her?«, frage ich.
    Clarence schmunzelt und trinkt einen Schluck. » Sports Illustrated, vermute ich mal. Sie waren die Ersten, die ihn ›Calico Joe‹ genannt haben. Und irgendwie blieb der Name hängen. Die Reporter in Chicago haben den Namen übernommen, und seitdem hieß er so. Ein halbes Jahrhundert vorher hatten sie Shoeless Joe, und ich glaube, sie konnten einfach nicht widerstehen.«
    »Der Spitzname ist perfekt.«
    »Ist er. Oder besser gesagt war er.«
    Wir sehen zwei Männern in einem Boot dabei zu, wie sie ihre Angelschnüre auswerfen und in der Strömung treiben lassen.
    »Was macht Joe heute?«, frage ich.
    »Er kümmert sich um sein Baseballfeld.«
    »Sein Baseballfeld?«
    »Ja. Das Joe Castle Field, drüben bei der Highschool. Er mäht jeden Morgen das Gras. Er harkt den Boden, entfernt das Unkraut, zieht die Linien nach, kehrt die Dugouts und steht quasi fünf Tage die Woche auf dem Feld. Wenn es schneit, fegt er den Schnee von den Tribünen. Wenn es regnet, sitzt er im Dugout an der dritten Base und sieht zu, wie sich im Infield Pfützen bilden. Wenn der Regen aufgehört hat, gleicht er den Boden aus, damit es beim nächsten Mal keine Pfützen mehr gibt. Um diese Zeit des Jahres, wenn die Sommersaison vorbei ist, streicht er beide Dugouts und die Pressebox. Es ist sein Feld.«
    »Könnte ich morgen mit ihm reden?«
    »Paul, ich sag’s noch mal – ich bin nicht sein Hüter. Sie können tun, was Sie wollen.«
    »Aber würde er denn mit mir reden?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon erklärt. Joe redet nicht mit Fremden.«
    »Würde er mit meinem Vater reden, wenn ich ihn herbrächte?«
    Clarence hustet und starrt mich an, als hätte ich seine Frau beleidigt. »Sind Sie verrückt geworden?«
    »Vielleicht. Clarence, mein Vater wird sterben, und ich möchte, dass die beiden vor seinem Tod miteinander reden.«
    »Worüber?«
    »Das weiß ich nicht so genau, aber am besten wäre es, wenn mein Vater sich entschuldigen würde.«
    »Haben Sie das schon mit Ihrem Vater besprochen?«
    »Nein, noch nicht, aber bevor ich mit ihm darüber rede, muss ich wissen, ob Joe mit einem Gespräch einverstanden wäre.«
    »Ich glaube wirklich nicht, dass es dazu kommen wird. Und für Warren Tracey wäre es ein großer Fehler, nach Calico Rock zu kommen. Das könnte ziemlichen Ärger geben.«

10
    Es dauerte eine Woche, bis mein blaues Auge wieder normal aussah, und die meiste Zeit davon verbrachte ich in meinem Zimmer, mit Lesen und ständigen Blicken in den Spiegel. Mein Vater kam zweimal zu mir und versuchte etwas unbeholfen, Frieden zu schließen, doch ich war nicht in der Stimmung dazu. Wenn man von seinem Vater verprügelt wird, hält der Schmerz weitaus länger an als die blauen Flecken. Zum Glück reisten die Mets zu mehreren Auswärtsspielen ab, und ich wagte mich aus

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