Home Run (German Edition)
wach ist, scheint es ihm schlechter zu gehen. In seiner Hemdtasche sind Schmerzmittel.
Wir haben uns kurz über seine Frauen unterhalten, ein Thema, das ich eigentlich vermeiden wollte. Als er wieder wach ist, liefere ich mit einer einfachen Frage das Thema für die Fortsetzung unseres Gesprächs: »Hast du jemals in Arkansas Baseball gespielt?«
»O ja, in der Texas League haben wir mehrmals im Jahr gegen die Arkansas Travelers gespielt. In einem schönen alten Stadion im Stadtzentrum von Little Rock. Viele Zuschauer.«
Die Tür ist aufgestoßen, und Warren erwacht zum Leben. Vergessene Spiele, alte Teamkameraden, sonderbare Begebenheiten, Anekdoten aus der Kabine, Verstöße gegen das Ausgehverbot, der Zwang, ständig unterwegs zu sein – wir bleiben viele Kilometer lang beim Minor-League-Baseball. Doch er wird schnell müde, und seine langen Monologe hören unvermittelt auf, wenn er einen Schluck Wasser braucht oder für eine Weile die Augen schließen muss. Er nickt wieder ein, alles ist ruhig, dann ist er wieder wach und erinnert sich an eine andere Geschichte.
In seiner langen, wechselhaften Karriere hat er in einem Dutzend Städten gelebt, unter denen es einige gibt, an die er seit Jahren nicht mehr gedacht hat. Jetzt fällt ihm alles wieder ein, eine Flut von Erinnerungen. Überrascht stelle ich fest, dass Warren ein guter Erzähler ist, mit einem Gespür für Pointen. Je mehr Geschichten er erzählt, desto besser erinnert er sich.
Warum kenne ich diese Geschichten nicht?
Über Joe Castle und den Zweck unserer Reise reden wir nicht. Ich habe keine Ahnung, was Warren sagen will, aber ich habe das Gefühl, dass er nicht schweigen wird.
Am Stadtrand von Mountain View, eine Stunde südlich von Calico Rock, sehe ich ein hübsches, sauberes Motel, vor dem ich anhalte. Ich zahle in bar für zwei Zimmer. Warren sagt, er habe keinen Hunger und müsse sich hinlegen. Ich hole mir einen Hamburger aus einem Fast-Food-Restaurant und nehme ihn mit auf das Zimmer.
21
Clarence erwartet uns vor dem Eingang des Calico Rock Record. Es ist ein schöner Morgen mit klarer, kühler Luft, ein völlig anderes Wetter als bei meinem letzten Besuch im August. Die Main Street erwacht zum Leben. Wie verabredet sind wir um neun Uhr da. Warren hat zehn Stunden geschlafen und sagt, es gehe ihm gut.
»Es tut mir leid, dass Sie so krank sind, Mr. Tracey«, sagt Clarence aufrichtig, nachdem sie sich die Hand gegeben haben.
»Danke. Und sagen Sie bitte Warren zu mir.«
»Gern. Möchten Sie einen Kaffee?«
Wir setzen uns für das morgendliche Kaffeeritual in das sympathisch unaufgeräumte Büro von Clarence. Er bringt uns auf den neuesten Stand, was das letzte Gespräch mit dem Castle-Clan angeht. Sie haben einem Treffen immer noch nicht zugestimmt, es aber auch nicht abgelehnt. Clarence ist der Meinung, dass schon alles gut gehen wird, wenn wir einfach bei der Familie auftauchen. Ich wusste vor meinen Abflug aus Santa Fe, dass es vielleicht nicht zu einem Treffen kommen würde, und Warren wusste das vor seinem Abflug aus Florida auch, doch wir haben vereinbart, es trotzdem zu versuchen. Am Telefon sagte Warren, er werde sich besser fühlen, wenn er den Versuch unternommen habe, mit Joe zu sprechen, selbst wenn Joe sich nicht mit uns treffen wolle.
Wir fahren mit Clarence quer durch die Stadt zur Highschool. Joe sitzt wieder auf seinem roten Rasenmäher, fährt langsam und methodisch über das Outfield und mäht Gras, das gar nicht mehr wächst. Wir haben Oktober, und das Gras wird langsam braun. Beim Dugout an der dritten Base steigen wir auf die Tribüne und setzen uns. Im Dugout an der ersten Base sitzen zwei Männer mittleren Alters. »Red und Charlie«, sagt Clarence, als wir unsere Plätze einnehmen und es nichts anderes zu tun gibt, als Joe beim Grasmähen zuzusehen. Außer uns ist niemand da. Es ist fast zehn Uhr, und an der Highschool in einiger Entfernung ist Unterricht.
»Und das macht er jeden Tag?«, fragt Warren. Er sitzt links von mir, Clarence rechts.
»Fünfmal die Woche, wenn das Wetter gut ist«, erwidert Clarence. »März bis November.«
»Ein schönes Feld«, lobt Warren.
»Arkansas vergibt jedes Jahr einen Preis für das beste Baseballfeld an einer Highschool. Wir haben ihn so oft gewonnen, dass ich gar nicht mehr mitkomme. Vermutlich hilft es, wenn man einen Vollzeitplatzwart hat.«
Nach ein paar weiteren präzisen Bahnen hebt Joe die Mähmesser an und fährt zum Dugout an der ersten Base. Er stellt den
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