Home Run (German Edition)
zurück auf das, was passiert ist? Ich würde das mit Sicherheit tun. Dreißig Jahre später, und mir kommen immer noch die Tränen, wenn ich an diese unnötige Verletzung und das Ende einer großartigen Karriere denke.
Warren Tracey bedeutet dieses Datum wohl nichts. Er steht vermutlich gerade auf dem Golfplatz. Er hat mit dem Beanball schon vor Jahrzehnten abgeschlossen. »Das ist Sport. Solche Sachen passieren eben.«
Als ich den Wrap gegessen habe, sitze ich einfach nur da und überlege, wie ich mit dem Beanball und Joe Castle abschließen kann. Schließlich gebe ich zu, dass es mir vermutlich nie gelingen wird.
Zwei Wochen vergehen. Die Mädchen sind wieder in der Schule, und ich habe viel zu tun. Unser normales, glückliches Leben geht weiter, und langsam vergesse ich die Idee, ein Treffen in Calico Rock zu arrangieren. Eines Abends klingelt das Telefon, und Rebecca, die jetzt zehn ist, nimmt den Hörer ab. Dann kommt sie ins Wohnzimmer gelaufen. »Dad, da ist ein Mann am Telefon, der Warren heißt. Er möchte mit dir reden«, sagt sie.
Sara und ich sehen uns an. Keiner von uns beiden kann sich daran erinnern, wann Warren das letzte Mal bei uns angerufen hat.
»Wer ist Warren?«, fragt Rebecca.
»Dein Großvater«, erwidert Sara, als ich in die Küche gehe.
Soweit ich sagen kann, gibt es keinen besonderen Anlass für den Anruf. Seine Stimme klingt heiser und schwach, und er teilt mir mit, dass die Chemotherapie alles andere als angenehm sei. Er habe keinen Appetit, daher nehme er stark ab, und er verliere seine Haare. Agnes fahre ihn zweimal in der Woche ins Krankenhaus für die Infusionen, die jedes Mal zwei Stunden dauerten, in einem tristen Raum zusammen mit einem Dutzend anderen Patienten mit Kanülen in den Venen.
Als er fragt, wie es meiner Familie gehe, trifft mich fast der Schlag. Sara, die eben durch die Küche läuft, sieht mich überrascht an, weil ich über unsere Kinder rede. Warren erzählt, dass er vor ein paar Stunden Jill angerufen, aber niemand abgenommen habe.
Warren Tracey ruft seine Kinder an. Ich glaube, er stirbt.
20
Einmal in der Woche telefoniere ich mit Clarence Rook, doch unsere Gespräche werden immer kürzer. Es gibt nicht viel Neues in Calico Rock, und ich weiß nicht, wie er jeden Mittwoch seine Zeitung vollbekommt. Von Zeit zu Zeit rufe ich Warren an, allerdings nicht, weil ich mir Sorgen um seinen Gesundheitszustand mache, sondern eher, um ihn daran zu erinnern, dass ich etwas von ihm will. Über Joe Castle reden wir nicht.
In der zweiten Oktoberwoche bin ich gerade mitten in einer Besprechung mit meinem Chef und einigen Kollegen, als mein Mobiltelefon vibriert. In meiner Firma ist es kein Verbrechen, wenn man durch einen Anruf bei etwas Wichtigem unterbrochen wird. Ich gehe in den Korridor hinaus und sage Hallo zu Agnes. Warren liegt im Krankenhaus, innere Blutungen, zu niedriger Blutdruck, Ohnmachtsanfälle. Die Ärzte haben gerade eine Computertomografie gemacht und festgestellt, dass sich überall Metastasen gebildet haben – in der Leber, den Nieren, im Magen und auch im Gehirn. Er hat fast zwanzig Kilo abgenommen. Sie glaubt, Warren hat endlich akzeptiert, dass der Krebs ihn töten wird.
Was soll ich sagen? Ich kenne diese Frau nicht, und ihren Mann kenne ich kaum. Ich drücke etwas lahm meine Anteilnahme aus und verspreche, am nächsten Tag anzurufen. Was ich auch tue, doch mein Anruf wird direkt auf die Mailbox weitergeleitet. Drei Tage später, ich fahre gerade von der Arbeit nach Hause, ruft Warren auf meinem Mobiltelefon an. Er sagt, er sei wieder zu Hause, fühle sich viel besser, gehe jetzt zu anderen Ärzten, weil die alten Idioten seien, und habe eine reelle Chance, den Krebs zu besiegen. Am Anfang unseres kurzen Gesprächs klingt er wach, lebhaft, voller Energie, doch er schafft es nicht, die Fassade aufrechtzuerhalten. Seine Stimme wird immer leiser, seine Aussprache undeutlich. Ich sage, was ich in so einer Situation eben sagen kann, doch als ich das Gespräch eben beenden möchte, murmelt Warren: »Paul, hör mal, ich habe über diese Sache mit Arkansas nachgedacht.«
»Ach, ja?« Ich versuche, mir meine Aufregung nicht anmerken zu lassen.
»Ja. Die Idee gefällt mir. Ich weiß zwar nicht, ob mir die Ärzte eine Reise erlauben werden, aber wir sollten es versuchen.«
»Gut, Warren. Ich werde dann ein paar Anrufe machen.«
Das Schlimmste wird die lange Fahrt sein, nur ich und Warren im Auto, zusammen mit unserer Vergangenheit, über die wir
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