Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
in einer heiklen Situation. Überdies wird bei uns wieder mal alles neu organisiert, und ich muss mich in allem mit Estes abstimmen. Die Sache ist wirklich nicht so einfach.«
»Was tun wir jetzt?«
Saul wiegte nachdenklich den Kopf. »Fielding hat es dir angehängt, und dabei muss ich es vorerst belassen. Wenn du dich dagegen wehrst, werde ich dir nicht helfen können. So sieht’s aus.«
»Dann soll ich also das brave Mädchen spielen. Den Mund halten, mir alles gefallen lassen und nach deren Pfeife tanzen?«
»Um zu überleben und eines Tages zurückzuschlagen«, nickte Saul. »Ich gebe dir ja recht: Die Sache mit Nightingale stinkt in der Tat zum Himmel. Fielding hätte dich zudem nicht ohne Unterstützung hinschicken dürfen. Aber keine Sorge: Du musst hier nicht untätig herumsitzen.« Er stand auf und ging um den Schreibtisch herum zu ihr.
Er glaubt mir, dachte sie erleichtert. Er steht immer noch hinter mir . »Also?«, fragte sie.
»Erinnerst du dich, was ich zu dir sagte, als ich dich aus der Ausbildung auf der Farm herausholte? Mein blondes Supergirl mit einem Kopf wie Stephen Hawking«, lächelte er. »Weißt du auch, was ich noch gesagt habe?«
»Dass ich den Rest des Handwerks draußen im Einsatz lernen würde und das mit dem Teich?«
»Genau, dass du ein zu großer Fisch für den Teich hier bist. Dass wir dich draußen im Meer brauchen.«
»Und dass man, wenn man mit den Haien schwimmen will, manchmal selbst ein Hai sein muss. Ja, ich erinnere mich. Was soll ich tun?«
»Finde Nightingale. Und krieg raus, was es mit diesem Anschlag auf sich hat. Allerdings von hier aus.«
»Ich verstehe nicht.«
»Du wirst als Verbindungsglied zwischen der Abteilung Naher Osten und dem Counterterrorism Center fungieren. Die kümmern sich jetzt um die Alec Station.« Damit gemeint war die einzige CIA -Station, die nicht einem bestimmten Ort zugeteilt war, sondern einem bestimmten Ziel: dem Terrornetzwerk al-Kaida. »Du wirst Estes über deine Arbeit Bericht erstatten.« Er beugte sich zu ihr, und sie roch sein Aftershave: Polo, Ralph Lauren. »Aber du arbeitest für mich.«
»Spionieren wir uns jetzt gegenseitig aus?«
»Das gehört ebenfalls zu unserem Job.«
»Was ist mit der Information von Julia? Da kommt ein Anschlag auf uns zu, Saul. Etwas Großes, das wissen wir beide.«
Er atmete tief durch. »Wie viel Zeit haben wir?«, fragte er.
»Vielleicht zwei Wochen. Julias Mann hat es folgendermaßen formuliert: Khaliban zhada . Sehr bald.«
KAPITEL 4
Georgetown, Washington, D. C.
Es war der Song, der die Erinnerung zurückholte. Shania Twains »You’re still the One«. 1998. Ihr drittes Jahr in Princeton, das Jahr von Der Soldat James Ryan und Shakespeare in Love und ihrer ers ten richtigen sexuellen Beziehung. Sie hatte sich in John verliebt, ihren groß gewachsenen, brillanten Professor für Politikwissen schaft, durch den sie Tequila, Oralsex und Jazz kennenlernte.
»Als Mädchen hörte ich Madonna, Mariah, Luther Vandross oder Boyz II Men. Das Einzige, was ich vom Jazz mitbekam, war ein bisschen Dave Brubeck durch meinen Vater.«
»Du machst Witze, oder? Du kennst keinen Jazz? Miles Davis, Charlie ›Bird‹ Parker, Dizzy Gillespie, John Coltrane, Louis Armstrong? Die großartigste Musik, die je erfunden wurde. Das einzige original Amerikanische, das wir der Welt geschenkt haben, und du kennst es nicht? Irgendwie beneide ich dich fast.«
»Warum?«
»Weil dir ein ganzer Kontinent zu entdecken bleibt – das Großartigste, was du dir vorstellen kannst.«
»Besser als Sex?«
»Das ist ja das Schöne, wir können beides zusammen haben.«
1998: das Jahr, in dem sie außerdem zum letzten Mal die fünfzehnhundert Meter lief. War lange her, dachte sie. Sie saß in einem Pub in der M Street in Georgetown und schlürfte ihren dritten Margarita mit Patrón-Silver-Tequila, als das Shania-Video auf dem Fernseher hinter der Bar lief.
»Erinnerst du dich dran? Achtundneunzig. Ich war damals auf dem College.« Sie deutete auf den Bildschirm und wandte sich Dave zu, dem Typen auf dem Barhocker neben ihr, der Heineken trank. Er war Anwalt im Justizministerium, etwa Anfang vierzig, gelocktes Haar, mit einem Anzug von der Stange und einer Rolex, die er so trug, dass jeder sie sehen konnte. Seine Finger streiften wie zufällig ihren Unterarm, als sei es ihm überhaupt nicht bewusst. Wo einmal ein Ehering gesessen hatte, entdeckte sie einen weißen Streifen. Entweder war er geschieden oder nahm den Ring ab,
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