Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
unwillig an. »Was wollen Sie?«
»Wie nahe standen sich Dima und Rana?«
»Sie kennen sich. Warum reden Sie immer in der Vergangenheit? Was ist passiert?«
»Sie ist tot«, antwortete Carrie.
»Wer zum Teufel sind Sie? Gehören Sie zur Sûreté Générale?« Er erhob sich, obwohl er stehend kaum größer war als sie im Sitzen. »Sie gehen jetzt besser, Mademoiselle.«
»Wenn ich gehe, kriegen Sie Besuch von Leuten, die Ihnen um einiges unangenehmer sein dürften.« Sie öffnete ihre Hand tasche und griff hinein. »Wir bringen es besser gleich hinter uns.«
Einige Augenblicke schwiegen sie und rührten sich nicht. Carrie sah Staubflocken im Sonnenlicht tanzen, das durch die Fenster hereinfiel. Es war so still, dass man fast glaub te, die Stäubchen fallen zu hören.
»Wollen Sie mir drohen?«, fragte er.
»Das brauche ich nicht. Sie sind Libanese und wissen sehr gut, was hier passieren kann.«
Die Anspielung war klar. Das Leben in diesem Land konnte schnell gefährlich werden. Besonders wenn man sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielt.
»Was wollen Sie?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Erzählen Sie mir von Dima und Rana. Wie nahe standen sie sich?«
»Sie kannten sich eben. Wollen Sie wissen, ob sie miteinander schliefen?«
Das war ja etwas ganz Neues, dachte Carrie verwundert. »Haben sie?«
»Für kurze Zeit. Nur zum Spaß. Männer waren ihnen lieber. Sie kamen übrigens gemeinsam nach Beirut.«
»Wirklich?« Carries Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. In der Akte, die Fielding ihr gegeben hatte, stand nichts davon, dass Dima nicht aus Beirut stammte. »Wo waren sie denn zu Hause?«
»Im Norden. Dimas Familie lebt in Halba in Akkar, Ranas in Tripoli.«
Interessant. Bei beiden Regionen handelte es sich um sunnitisch dominierte Gebiete, dachte Carrie. Was zum Teufel hatte Dima mit Nightingale, einem alawitisch-schiitischen Syrer zu tun gehabt? Und was war mit ihrer angeblichen Zugehörigkeit zum maronitischen Christentum und zur Allianz des 14. März? Aber egal ob Christin oder Sunnitin – ihre Verbindung zu Nightingale oder zur Hisbollah ergab so oder so keinen Sinn. Der Syrer musste definitionsgemäß dem feindlichen Lager angehören, und im Libanon die Grenzen der Glaubensgruppen überschreiten zu wollen ließ sich mit dem Versuch vergleichen, in Kalifornien mit verbundenen Augen eine Autobahn zu überqueren.
»Das sind sunnitische Gebiete«, sagte sie argwöhnisch, und der kleine Mann nickte. »Was wollen Sie damit sagen? Dass Dima und Rana Sunnitinnen waren?«, fragte sie.
»Ich? Ich sage gar nichts.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich fotografiere Frauen. Schöne Frauen. Das ist alles.«
»Haben sie nie darüber gesprochen?«
»Nicht mit mir.« Er zog eine rote Packung Gauloises Blondes hervor und zündete sich eine Zigarette an.
»Aber Sie vermuten, dass es sich so verhält. Wussten Sie denn, dass Dima mit der Allianz des 14. März zu tun hatte?«
Er zuckte erneut die Achseln. »Ich habe mit keiner von beiden über Politik gesprochen. Nur über Mode, Fotos und Vögeln«, erklärte er und zupfte einen Tabakkrümel von seiner Zunge.
»Dima verschwand vor über einem Monat plötzlich von der Bildfläche. Wo ist sie hin?«
»Sie sind also doch von der Sûreté oder der CIA oder was weiß ich. Sagen Sie’s mir.«
»Sie wissen wirklich nichts?«
»La adri«, sagte er achselzuckend. Keine Ahnung. »Fragen Sie Rana. Sie weiß es vielleicht.«
»Erzählen Sie mir von Rana. Gehört sie irgendeiner Gruppe an?«
»Bedaure. Und selbst wenn ich’s wüsste, würde ich es Ihnen nicht verraten.« Er grinste spöttisch.
»Glauben Sie mir, ich kann Sie zum Sprechen bringen.« Carrie beugte sich vor, riss ihm die Zigarette aus dem Mund und drückte sie an seiner Wange aus.
»Auuu«, heulte er auf und sprang zurück. »Verdammtes Miststück!« Er goss sich Wasser in die Hand und betupfte damit seine brennende Wange. Die Empfangsdame kam hereingelaufen und starrte sie beide an.
»Sagen Sie ihr, sie soll rausgehen«, befahl Carrie. »Und machen Sie keine Dummheiten.«
»Okay, Yasmine. Gehen Sie wieder an Ihren Platz«, sagte er zu dem Mädchen. Sie zögerte einen Augenblick und wandte sich zum Gehen.
»Tun Sie das ja nicht noch mal, Sie Luder«, schimpfte er und berührte behutsam mit dem Finger die Brandwunde auf seiner Wange.
»Dann zwingen Sie mich nicht dazu«, erwiderte sie. »Ist Rana bei irgendeiner Gruppe?«
»Ich weiß es nicht. Fragen Sie sie selbst«, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher