Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)
enthält. Am Ende der Aufführung gibt es stehende Ovationen, und die Regisseurin, Juliana Krellner, tritt auf die Bühne, um sich für den Beifall zu bedanken. Der neben ihr stehende Rektor Skinner weist stolz darauf hin, dass Krellner eine ehemalige Schülerin der Grundschule von Springfield ist. 19
REKTOR SKINNER: Weißt du Juliana, es überrascht mich nicht, dass du so erfolgreich bist. Du hattest immer nur glatte Einser in der Schule.
JULIANA: Ich erinnere mich auch an den einen oder anderen Zweier in Mathe.
SKINNER: Das versteht sich von selbst. Du bist ein Mädchen!
[Das Publikum schnappt nach Luft.]
SKINNER: Nein, ich meinte nur, nach dem was ich erlebt habe, sind Jungs besser in Mathe und Naturwissenschaft, den wichtigen Fächern. Damit dürfte die Sache geklärt sein.
JULIANA: [Zum Publikum] Ganz ruhig, beruhigen Sie sich. Rektor Skinner meinte bestimmt nicht, dass Mädchen Jungs von Natur aus unterlegen sind.
SKINNER: Nein, natürlich nicht. Ich weiß auch nicht, warum Mädchen so viel schlechter sind.
Daraufhin wird eine Hasskampagne gegen Rektor Skinner gestartet, der die Wogen zu glätten versucht, dadurch aber die Debatte nur noch weiter anheizt. Schließlich wird Skinner durch eine radikal progressive Pädagogin ersetzt, Melanie Upfoot. Sie schickt die Mädchen von Springfield in eine eigene Schule, um sie vor Vorurteilen zu schützen. Lisa gefällt die Vorstellung von einem Bildungssystem, in dem sich Mädchen frei entwickeln können zunächst, bis sich herausstellt, dass Ms. Upfoot ihren Mädchen eine angeblich weibliche und feministische Form der Mathematik beibringt.
Ms. Upfoot vertritt die Ansicht, dass Mädchen Mathematik auf emotionale Weise lernen sollten: »Was geben dir Zahlen für ein Gefühl? Was für einen Duft hat ein Plus-Zeichen? Ist die Zahl 7 ungerade oder einfach nur schief?« Lisa hat schnell genug von dieser neuen Art, das Rechnen zu lernen, und will wissen, ob die Mädchenklasse sich jemals mit echten mathematischen Problemen beschäftigen wird. Ms. Upfoot entgegnet: » Aufgaben? So sehen Männer Mathe, als etwas, das man in anpacken muss, das man lösen muss.«
Diese Unterteilung in feminine und maskuline Mathematik ist frei erfunden, aber in den letzten Jahrzehnten gab es tatsächlich eine Entwicklung hin zu einer Kuschel-Mathematik für Jungs und Mädchen. Viele Vertreter älterer Generationen sind besorgt, dass die heutigen Schüler nicht genügend gefordert werden, weil sie keine traditionellen Mathe-Aufgaben mehr selbst lösen müssen, sondern triviale Lehrinhalte in mundgerechten Stücken serviert bekommen. Aus diesen Bedenken heraus entstand eine parodistische Chronik des Mathematikunterrichts, »Die Evolution eines mathematischen Problems«:
1960
Ein Holzfäller verkauft eine Wagenladung Holz für 100 Euro. Seine Produktionskosten betragen 4/5 des Preises. Wie groß ist sein Gewinn?
1970
Ein Holzfäller verkauft eine Wagenladung Holz für 100 Euro. Seine Produktionskosten betragen 4/5 des Preises, also 80 Euro. Wie groß ist sein Gewinn?
1980
Ein/e Holzfäller/in verkauft eine Wagenladung Holz für 100 Euro. Seine/Ihre Produktionskosten betragen 4/5 des Preises, sein/ihr Gewinn beträgt 20 Euro. Aufgabe: Unterstreiche die Zahl 20.
1990
Eine Holzfällkraft fällt wunderschöne Bäume im Wald und macht damit 20 Euro Gewinn. Was hältst du von dieser Art, den Lebensunterhalt zu verdienen? Bildet Gruppen und diskutiert darüber, wie sich die Vögel und Eichhörnchen im Wald fühlen. Fasst die Ergebnisse in einem Aufsatz zusammen.
Lisa sehnt sich nach echter Mathematik und schleicht sich aus der Klasse. Durchs Fenster sieht sie in der Jungenschule eine herkömmliche Geometrie-Aufgabe an der Tafel. Doch sie wird erwischt und zur Mädchenschule zurückgebracht, wo man sie weiterhin mit anspruchslosem Mädchen-Rechnen quält.
Sie hält es nicht mehr aus. Nach der Schule bittet sie ihre Mutter um Hilfe. Sie will sich als Junge verkleiden und unter dem Namen Jake Boyman am Unterricht in der Jungenschule teilnehmen. Die Geschichte erinnert an die Handlung des Filmes Yentl mit Barbara Streisand,in dem ein junges jüdisch-orthodoxes Mädchen ihr Haar abschneidet und sich als Mann verkleidet, um den Talmud studieren zu können.
Doch es reicht nicht, dass Lisa sich wie ein Junge anzieht. Sie findet schnell heraus, dass sie sich auch wie ein typischer Junge benehmen muss, wenn sie von ihren neuen Klassenkameraden akzeptiert werden will. Das widerspricht
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