Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)
dieser Episode, weil die Geschichte eine Figur erforderte, die klüger war als alle Mensa-Mitglieder von Springfield zusammen. Hawking war schon seit Jahren Fan der Serie und plante bereits einen Aufenthalt in Amerika. Er änderte seinen Terminplan, um Zeit für einige Sprachaufnahmen in den Simpsons -Studios zu schaffen. Alles war für Hawkings Gastauftritt vorbereitet. Doch 48 Stunden vor seinem Abflug von Monterey nach Los Angeles erlitt sein Rollstuhl in einem Anfall von Lampenfieber einen Totalzusammenbruch. Hawkings Assistent, Chris Burgoyne, arbeitete 36 Stunden lang, die ganze Nacht bis zum folgenden Tag, um den Fehler zu korrigieren.
Nach Hawkings Ankunft im Aufnahmestudio warteten die Autoren geduldig, bis das Skript Zeile für Zeile in seinen Computer getippt war. Doch sein Sprachgenerator hatte Probleme mit der Stelle im Skript, an der Hawking seine Enttäuschung über die Art und Weise ausdrückte, in der Springfield verwaltet wurde: »Ich wollte mir euer Utopia ansehen, aber es handelt sich mehr um einen Obstsalat.« Im Original enthält die Zeile ein Wortspiel: »I wanted to see your utopia, but now I see it is more of a Fruitopia.« Das Wörterbuch des Computers kannte das Wort Fruitopia nicht, und Hawking und seine Mitarbeiter mussten das Wort irgendwie phonetisch zusammensetzen. Matt Selman sagte später über diese Episode: »Es war toll, den genialsten Mann der Welt bei uns zu haben, und dass er sich die Zeit nahm, das Wort Fruitopia Silbe für Silbe aufzuzeichnen.«
Besonders beeindruckend an Hawkings Auftritt in »Die Stadt der primitiven Langweiler« ist die Art, wie er Lisa vor dem wütenden Mob rettet. Er fährt aus seinem Rollstuhl einen Hubschrauberrotor aus, schnappt Lisa mit einem Greifarm und bringt sie in Sicherheit. Wahrscheinlich sieht er Lisas große Leistungen in der Zukunft voraus und will, dass sie ihr akademisches Potenzial nutzen kann. Lisa wird tatsächlich an der Universität Erfolg haben. In »Future-Drama« (2005) erhalten die Zuschauer einen kurzen Ausblick auf Lisas Zukunft. Ein von Professor Frink entwickeltes Gerät, das einen Blick in die Zukunft erlaubt, spielt in dieser Geschichte eine große Rolle. Lisa sieht damit, dass sie ihren Abschluss zwei Jahre früher als alle anderen machen und ein Stipendium für Yale erhalten wird. Frinks Gerät erlaubt außerdem einen Blick auf eine Zukunft, in der Frauen Wissenschaft und Mathematik dominieren. Einige Fächer werden deswegen sogar umbenannt. In der Zukunft muss sich Lisa entscheiden, ob sie lieber die feministische Version von Mathematik oder Chemie (Galgebra oder Femistry) studieren will.
In »Future-Drama« wird offen für Frauen in Mathematik und Naturwissenschaft geworben. Der Auslöser hierfür war eine Nachricht, die sich während der Entstehungszeit des Skriptes verbreitete. Im Januar 2005 machte Lawrence Summers, Präsident der Harvard University, einige provokante Bemerkungen bei einer Konferenz zum Thema »Personelle Veränderungen in Naturwissenschaft und Technik«. Insbesondere zur Frage, warum Frauen in akademischen Bereichen unterrepräsentiert seien, hatte Summers eine eigene Theorie: »Insbesondere bei Naturwissenschaft und Technik kommt es stark auf angeborene Talente an, vor allem die Streuung dieser Talente. Diese Überlegungen werden durch die weniger wichtigen Faktoren der Sozialisation und fortgesetzter Diskriminierung verstärkt.«
Summers mutmaßte, bei Männern gebe es eine größere Bandbreite angeborener Talente im Vergleich zu Frauen, und dies sei der Grund, warum mehr Männer als Frauen in Naturwissenschaft und Technik außergewöhnliche Leistungen erbrächten. Seine Theorie führte erwartungsgemäß zu heftigen Reaktionen. Es gab verbreitet Befürchtungen, derartige Kommentare von einem prominenten Mitglied der akademischen Gemeinschaft könne junge Frauen von einer Karriere in der Wissenschaft abschrecken. Die Debatte führte dazu, dass Summers im folgenden Jahr seinen Abschied nahm.
Die Autoren der Simpsons ergriffen begeistert die Gelegenheit, den Summers-Vorfall in »Future-Drama« einfließen zu lassen, aber sie wollten die Frage nach der Rolle von Frauen in Mathematik und Naturwissenschaft ausführlicher untersuchen. Sie griffen das Thema im folgenden Jahr noch einmal auf und widmeten ihm eine ganze Episode: »Gleichung mit einem Unbekannten« (2006).
Die Episode beginnt mit einer Aufführung von Stab-A-Lot: The Itchy & Scratchy Musical, das natürlich ziemlich makabre Songs
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