Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)
Mathematik und Naturwissenschaften. Er drückt darin aus, dass Mathematik und Naturwissenschaft die Schönheit der Natur zerlegen und zerstören. Keats glaubte, dass eine rationale Analyse das Gewebe und den Bau eines Regenbogens offenbart und dadurch seine inhärente Schönheit zerstört.
Lisa Simpson würde dagegenhalten, dass eine solche Analyse den Anblick eines Regenbogens zu einer noch überwältigenderen Erfahrung macht. Lisas Weltsicht wurde wahrscheinlich am besten ausgedrückt durch den Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman:
Ein Freund von mir ist Künstler, und manchmal vertritt er völlig andere Ansichten als ich. Er hält etwa eine Blume in der Hand und sagt: »Sieh nur, wie wunderschön sie ist.« Und wir sind uns darin einig. Und dann sagt er: »Als Künstler sehe ich ihre Schönheit, aber du, als Wissenschaftler, oh, du nimmst sie auseinander, bis sie allen Glanz verliert.« Und ich glaube, er spinnt. Zunächst einmal ist die Schönheit, die er sieht, auch anderen Menschen und mir bewusst, auch wenn ich keinen ganz so feinen Geschmack habe wie er … ich erfreue mich trotzdem an der Schönheit einer Blume. Gleichzeitig erkenne ich in der Blume so viel mehr als er. Ich stelle mir die Zellen vor, aus denen sie besteht, die komplizierten inneren Abläufe, die ihre eigene Schönheit haben. Ich meine, Schönheit existiert nicht nur auf der Zentimeter-Ebene; Schönheit existiert auch in kleineren Dimensionen, in der internen Struktur. Auch die Prozesse in der Blume, die Tatsache, dass sich ihre Farben entwickelten, um Insekten für die Befruchtung anzulocken, sind interessant. Es bedeutet, dass Insekten Farben sehen können. Was zu einer weiteren Frage führt: Haben auch niedere Lebensformen einen Sinn für Ästhetik? Was macht Schönheit aus? Alle möglichen interessanten Fragen. Das beweist, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Begeisterung über, das Geheimnis von und die Ehrfurcht vor Blumen nur verstärkt. Es verstärkt, aber es schmälert nichts.
KAPITEL 7
DIE WEIBLICHE SEITE DER MATHEMATIK
In »Die Stadt der primitiven Langweiler« (1999) erhält Lisa wegen ihres mathematischen Talents und ihrer allgemeinen Genialität die Möglichkeit, Mitglied bei Mensa zu werden, dem Verein für Menschen mit besonders hohem IQ. Kurz nach ihrem Beitritt flüchtet Bürgermeister Quimby aus der Stadt, um einer Anklage wegen Korruption zu entgehen, und die Mensa-Mitglieder übernehmen die Kontrolle über Springfield. Zunächst scheint Springfield unter der Führung der klügsten Männer und Frauen sowie des klügsten Kindes eine große Zukunft bevorzustehen.
Aber leider befähigt ein hoher IQ allein noch niemanden zum weisen Stadtoberhaupt. Die neue Stadtverwaltung trifft einige absurde Entscheidungen, wie etwa die Einführung einer metrischen Zeitmessung, wie sie ähnlich in Frankreich im Jahr 1793 versucht wurde. Dort hielt man es damals für mathematisch reizvoll, einen Tag mit zehn Stunden einzuführen. Jede Stunde bestand aus 100 Minuten, und jede Minute aus 100 Sekunden. Die Franzosen gaben das System im Jahr 1805 wieder auf, aber Rektor Skinner verkündet in der Simpsons -Folge stolz: »Nicht nur, dass die Züge endlich pünktlich fahren, sie fahren nach dem Zehner-System. Ein denkwürdiger Moment: 80 nach 2 am 47. April«.
Der Comic Book Guy, ein Star-Trek -Fan, schlägt vor, Paaren nur einmal alle sieben Jahre Sex zu gestatten. Als Vorbild hierfür dient Pon farr, der Paarungszyklus bei Vulkaniern, der alle sieben Jahre seinen Höhepunkt erreicht. Weitere Beschlüsse über ein Brokkolisaft-Programm und den Bau eines Schattentheaters (ein balinesisches und ein thailändisches) führen dazu, dass die guten Bürger von Springfield gegen die intellektuelle Elite rebellieren. Am Ende der Episode konzentriert sich die Wut der rebellierenden Massen auf Lisa, die im letzten Moment von niemand geringerem als Professor Stephen Hawking gerettet wird. Hawking wird zwar meistens mit Kosmologie in Verbindung gebracht, aber er hatte dreißig Jahre lang den Lucasischen Lehrstuhl für Mathematik an der University of Cambridge inne. Damit ist er der berühmteste Mathematiker, der jemals einen Gastauftritt bei den Simpsons hatte. Trotzdem wird er bei seiner Ankunft im Rollstuhl nicht von allen Anwesenden erkannt. Als Hawking den Mensa-Mitgliedern vorwirft, die Macht habe sie korrumpiert, sagt Homer: »Larry Flint hat Recht! Ihr seid zum Kotzen!« 18
Die Autoren wollten unbedingt Professor Hawking als Gast in
Weitere Kostenlose Bücher