Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)
Staates Connecticut. Gleichzeitig entwickelte er sich zu einem anerkannten Comedy-Autor. Als Reiss’ Zahnarzt eines Tages mit seinen durchaus witzigen, aber leider immer erfolglosen Einsendungen zum wöchentlichen humoristischen Wettbewerb der Zeitschrift New York angab, konnte der kleine Michael damit auftrumpfen, dass auch er Beiträge eingereicht, sich die Mühe für ihn jedoch gelohnt hatte. »Ich gewann den Wettbewerb oft als Kind«, sagte Reiss. »Mir war nicht klar, dass ich gegen professionelle Comedy-Autoren antrat. Später erfuhr ich, dass auch die Autoren der Tonight Show am Wettbewerb teilnahmen, und ich gewann als Zehnjähriger trotzdem ab und zu.«
Reiss bekam einen Studienplatz an der Harvard University und musste sich für ein Hauptfach entscheiden: Mathe oder Englisch. Am Ende war seine Leidenschaft fürs Schreiben größer als die für Zahlen. Doch er dachte weiterhin mathematisch und vergaß seine erste Liebe nie ganz.
Mike Reiss (zweiter von links in der hintersten Reihe) im Jahr 1975 im Bristol Eastern High School Mathematics Team. Neben Mr. Kozikowski, der das Team trainierte und auch im Foto zu sehen ist, hatte Reiss noch viele weitere mathematische Mentoren, etwa seinen Geometrie-Lehrer, Mr. Bergstromm. Aus Dankbarkeit bedachte Reiss in der Episode »Der Aushilfslehrer« (1991) Lisas inspirierenden Aushilfslehrer mit diesem Namen. [a]
Der zweite begabte Mathematiker, der zur Entstehung der Simpsons beitrug, hatte eine ganz ähnliche Kindheit. Al Jean wurde im Jahr 1961, ein Jahr nach Mike Reiss, in Detroit geboren. Ebenso wie Reiss liebte auch Jean die Rätsel von Martin Gardner, und er war ebenfalls ein Mathlet, also jemand der an mathematischen Wettbewerben teilnimmt. Im Jahr 1977 belegte er bei einem Mathewettbewerb des Staates Michigan den dritten Platz unter 20000 teilnehmenden Schülern. Er nahm sogar an Sommerlagern mit Intensivtraining an der Lawrence Technological University und der University of Chicago teil. Diese Lager entstanden während des Kalten Krieges, um Mathematiker heranzuziehen, die mit den Absolventen der mathematischen Elite-Trainingsprogramme der Sowjets mithalten konnten. Aufgrund des intensiven Trainings bekam Jean im Alter von nur 16 Jahren einen Studienplatz für Mathematik in Harvard.
Dort war Jean hin- und hergerissen zwischen seinen mathematischen Studien und einem neu erwachten Interesse für Comedy. Schließlich wurde er als Mitglied beim Harvard Lampoon aufgenommen, der ältesten noch verlegten humoristischen Zeitschrift der Welt, die erstmals 1876 erschien. Von da an verbrachte er weniger Zeit mit mathematischen Beweisen und mehr mit dem Ausdenken von Witzen.
Auch Reiss schrieb für den Harvard Lampoon , der im Jahr 1969 durch die Veröffentlichung der Tolkien-Parodie Herr der Augenringe zu landesweiter Berühmtheit gelangte. In den 1970er Jahren folgten eine Live-Theatershow namens Lemmings und schließlich eine Radiosendung mit dem Titel The National Lampoon Radio Hour. Reiss und Jean wurden Freunde und Schreibpartner beim Harvard Lampoon, und diese College-Erfahrung gab ihnen das nötige Selbstvertrauen, um sich nach ihrem Abschluss als Comedy-Autoren fürs Fernsehen zu bewerben.
Ihren großen Durchbruch hatten beide als Autoren für die Tonight Show , wo man ihre Eigenarten zu schätzen wusste. Johnny Carson, der Moderator der Show, war nicht nur Hobby-Astronom, sondern entlarvte nebenher auch gerne Pseudowissenschaften. Er spendete außerdem mehrmals 100000 US-Dollar an die 1996 gegründete James Randi Educational Foundation, eine Bildungseinrichtung, die sich dem rationalen Denken verschrieben hat. Reiss und Jean verließen die Tonight Show schließlich und wurden Teil des Autorenteams der It’s Garry Shandling’s Show . Sie fanden heraus, dass Shandling Elektrotechnik an der University of Arizona studiert hatte, bis er das Studium abbrach, um Comedian zu werden.
Die Arbeit an der ersten Staffel der Simpsons war für Reiss und Jean die ideale Gelegenheit, um ihrer Liebe zur Mathematik Ausdruck zu verleihen. Die Simpsons waren nicht nur eine völlig neue Show, sondern auch ein völlig neues Format:
Eine Zeichentrick-Sitcom zur besten Sendezeit mit einem Zielpublikum in allen Altersgruppen. Die üblichen Regeln galten hier nicht, vielleicht durften Reiss und Jean aus diesem Grund vielen Folgen einen solch nerdigen Touch verleihen.
In den ersten beiden Staffeln der Simpsons gehörten Reiss und Jean zu den Hauptautoren der Serie. So konnten
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