Homicide
seine Notizen.
»Ne, Mann, hier bei uns hieß er Pete. Vor zwei Stunden hab ich noch mit ihm gesprochen. So eine verdammte Scheiße!«
»Was hat er gemacht?«
»Mit Dummy-Briefen gedealt. Den Leuten gefakten Stoff angedreht. Ich hab’ ihm gesagt, mit diesem Dreck, den er da verkauft, riskiert er seinen Arsch …«
»Das haben Sie ihm gesagt?«
»Ja, Mann. Sie wissen schon.«
»Anscheinend haben Sie ihn gemocht.«
Der Dealer lächelt. »Ja, Pete war in Ordnung.«
Wider Willen grinst Edgerton in sich hinein. Sein Opfer stand in der Payson Street und verkaufte Junkies Backpulver für zehn Dollar pro Schuss – ein Akt ungezügelten Kapitalismus, mit dem er sich mehr Feinde einhandelte, als ihm guttat. Gott sei Dank, meine Pechsträhne ist zu Ende, denkt Edgerton. Jeder Drogensüchtige auf der Frederick Avenue muss diesen Hund gehasst haben. Jetzt gilt es nur noch den Kerl zu finden, der sich für die Tat beglückwünscht.
»War er heute Abend draußen und hat seine Dummies verhökert?«, fragt Edgerton.
»Ja. Immer mal wieder.«
»Wer hat ihm was abgekauft?«
»Ein Typ namens Moochie. Und ein Mädchen, das mit Moochie zusammen war. Sie wohnt drüben in der Pulaski. Dann sind noch zwei mit einem Auto vorbeigekommen. Aber die kenne ich nicht. Es gibt eine ganze Menge, die für seinen Dreck gutes Geld geblecht haben.«
»Wie war das, als die Schüsse fielen?«
»Da war ich ein Stück weiter unten am Block. Und deshalb habe ich es nicht genau gesehen.«
Edgerton schüttelt den Kopf, dann zeigt er auf den Rücksitz des Streifenwagens. Der Dealer steigt ein. Edgerton folgt ihm und schlägt die rechte Autotür hinter sich zu. Er kurbelt das Fenster einen Spalt hinunter, zündet sich eine Zigarette an und hält die Packung dem Dealer hin. Der seufzt leise, während er sich bedient.
»Bisher haben Sie Ihre Sache gut gemacht«, sagt Edgerton. »Bauen Sie jetzt keinen Mist.«
»Wie meinen Sie das?«
»Dass Sie bis zu diesem Punkt alle meine Fragen beantwortet haben.Deshalb habe ich Sie auch noch nicht ins Präsidium gebracht, was ich normalerweise tun würde. Aber wenn Sie mir was verschweigen …«
»Nein, Mann, nein. Das tue ich nicht. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich gesehen habe, wie geschossen wurde. Aber ich war weiter unten an der Straße, vor der Wohnung von meinem Mädchen. Ich habe gesehen, wie sie Pete verfolgt haben, und ich habe die Schüsse gehört. Aber ich weiß nicht, wer es war.«
»Wie viele waren es?«
»Zwei, soweit ich gesehen habe. Aber geschossen hat nur einer.«
»Mit einem Revolver?«
»Nein.« Der Dealer deutet mit den Armen die Länge eines Gewehrlaufs an. »So was.«
»Eine Flinte?«
»Ja.«
»Aus welcher Richtung ist er gekommen?«
»Keine Ahnung. Er war schon da, als ich ihn gesehen habe.«
»Und wo ist er anschließend hin?«
»Anschließend?«
»Nach den Schüssen auf Pete. Wohin ist der Kerl mit der Flinte verschwunden?«
»Wieder die Payson zurück.«
»Nach Süden? In diese Richtung? Wie sah er aus? Was hatte er an?«
»Einen dunklen Mantel und eine Mütze, glaube ich.«
»Was für eine Mütze?«
»Ja, wissen Sie, so eine mit ’nem Schirm.«
»Eine Baseballkappe.«
Der Dealer nickt.
»Wie groß war er?
»Durchschnittlich. Etwa eins achtzig.«
Edgerton wirft das letzte Drittel seiner Zigarette aus dem Fenster, dann überfliegt er noch einmal seine Notizen. Der Dealer holt tief Luft und seufzt.
»Was für eine verdammte Scheiße.«
Edgerton brummt. »Was?«
»Vor zwei Stunden habe ich noch mit ihm gesprochen. Ich habe ihm gesagt, dass er mit diesem Dreck seinen Arsch riskiert. Und wissen Siewas? Er hat gelacht. Er hat gelacht und gesagt, er will nur ein bisschen Geld machen, damit er Stoff für sich selbst kaufen kann.«
»Tja«, sagt Edgerton. »Sie hatten wohl recht.«
Als sie auf dem Bürgersteig neben dem Auto Stimmen hören, sinkt der Dealer in sich zusammen. Offenbar wird ihm plötzlich bewusst, dass er seit einer Viertelstunde für alle sichtbar auf der Straße mit einem Cop spricht. Zwei junge Burschen schweben am Wagen vorbei und werfen den Uniformierten provozierende Blicke zu, ehe sie in die Hollins Street abbiegen. Was auf dem Rücksitz des Streifenwagens vor sich geht, scheint sie nicht zu interessieren. Dann ist außer den Uniformierten niemand mehr zu sehen.
»Sind wir bald fertig?«, fragt der Dealer, dem auf einmal unbehaglich zumute ist. »Hier kennen mich viele Leute. Und das hier macht sich nicht gut.«
»Eins noch«, sagt
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