Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
Silber.
Sie waren erst das zweite Mal überhaupt in London und die überfüllte Großstadt schreckte das Paar eher ab, als dass sie sie faszinierte. Bradley und Sarah wussten zwar, warum sie in dieser Kanzlei waren, was nun genau auf sie zukam, hatten sie jedoch noch nicht verstanden. Es hörte sich alles sehr kompliziert an. Sie sollten hier ihre Identität belegen und eine Erklärung unterschreiben. Diese Erklärung stellte sicher, dass sie und ihre Kinder für den Rest ihres Lebens finanziell versorgt waren, hatte Tobias ihnen kurz vor ihrer Abreise erklärt.
Sie vertrauten ihm, hatte er sich doch von einem zuverlässigen Arbeitgeber zu einem Freund und schließlich zu einer wichtigen Bezugsperson für ihre Kinder entwickelt. Auch wenn er Letzteres wohl erstaunt zurückweisen würde. Sie wussten es besser.
Es klopfte an der Tür und Ronald Foulder trat ein. Der Rechtsanwalt und Notar hatte sie schon vor einer Stunde in Empfang genommen. Er hatte ihre PID-Daten gezogen und sie anschließend gebeten, in diesem Sitzungszimmer auf ihn zu warten.
„Frau Roberts, Herr Roberts, es ist alles bestens. Ihre Identität wurde bestätigt und die Dokumente sind zur Unterschrift bereit.“ Er setzte sich ihnen gegenüber an den Tisch und drückte eine Taste unterhalb der Tischkante. Ein Teil der Tischplatte glitt zur Seite und legte ein Bedienfeld offen.
„Zuerst werde ich Ihnen die Vereinbarung nochmals erklären und Ihre Fragen beantworten. Dann aktiviere ich hier eine Projektionsfläche und ein Signaturprogramm. Gleichzeitig dokumentieren diese vier Kameras“, er deutete nacheinander auf vier Stellen im Raum, auf vier unscheinbare, matt glänzende Halbkugeln, „das ganze Verfahren. Herr Roberts, Sie vollziehen bitte als Erster die Signatur der Vereinbarung, indem Sie den einzelnen Schritten des Programms folgen: ein IRIS-Scan, eine Stimmprobe und die Aufzeichnung Ihrer Fingerabdrücke. Sobald die Prozedur abgeschlossen ist, speichert das Programm die Vereinbarung auf Ihrem PID und sendet sie parallel zur nationalen PID-Datenbank. Haben Sie dazu noch Fragen?“
Bradley sah seine Frau an, sie schüttelte verneinend den Kopf. Den Umgang mit Signatursystemen, die das alte Verfahren des Unterschreibens abgelöst hatten, kannten sie beide.
„Sehr gut. Zur Vereinbarung.“ Foulder aktivierte die Projektionsfläche, die Bilder von Tobias’ Haus in Aberystwyth, Grundrisse, Texte und Tabellen mit Zahlen zeigte.
„Herr Feist ist seit Langem ein Klient unserer Kanzlei, primär der Niederlassung in den USA. In seinem Auftrag haben wir eine Lösung erarbeitet, damit Herr Feist Ihnen sein Vermögen übertragen kann, und zwar in einer Form, die auch für die britische Regierung unantastbar ist.“
Foulder registrierte einen fragenden Seitenblick Sarahs zu ihrem Mann. „Herr Feist hat mir aufgetragen, Ihnen sämtliche Fragen zu beantworten. Was ich, soweit es möglich ist, gerne tue“, sagte er.
„Wir wissen, dass Tobias – Herr Feist“, korrigierte Sarah sich, „für die Regierung arbeitet. Aber warum könnte die britische Regierung Interesse an seinem Vermögen haben?“
„Herrn Feists konkrete Beweggründe kenne ich nicht. Offensichtlich befürchtet er, dass nach seinem Ableben die britische Regierung sein Vermögen einziehen könnte. Herrn Feists Vermögen besteht aus dem Anwesen in Aberystwyth und den aufgelisteten Vermögenswerten.“ Foulder deutete auf die projizierten Bilder.
An den Gesichtern der beiden Roberts konnte er mühelos erkennen, dass sie von dem Betrag überrascht waren, es hatte ihnen die Sprache verschlagen. „Mit unserer Lösung einer US-amerikanischen Stiftung umgehen wir dieses Risiko. Die britische Regierung wird sich kaum mit den USA anlegen. Außerdem vermeiden wir so Erbschaftssteuern. Nach Herrn Feists Ableben werden Sie zu den Nutznießern der Stiftung, nach Ihrem Ableben dann Ihre Kinder. Sie können über das Vermögen der Stiftung frei verfügen, wobei, darauf muss ich an dieser Stelle hinweisen, gewisse Vorgehensweisen zu berücksichtigen sind, die allerdings lediglich administrativer Natur sind.“
„Das ist ja ein riesiger Betrag“, sagte Bradley nun doch.
„Von der Immobilie einmal abgesehen, werden sich die Vermögenswerte der Stiftung in naher Zukunft noch verändern. Herr Feist plant den Ausbau eines Computersystems, dies wird eine größere Anschaffung. Weiter plant er eine Umschichtung in krisensichere Anlagen.“
„Was heißt krisensicher?“, fragte
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