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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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Sarah.
    „Als krisensicher werden zum Beispiel Edelmetalle oder Immobilien betrachtet.“
    „Befürchtet Herr Feist eine Krise?“, hakte Bradley nach.
    Foulder lehnte sich in seinem Sessel zurück. „Sie kennen Herrn Feist besser als ich. Ich vermute, dass er eine Krise befürchtet. Vielleicht hat das mit seiner Arbeit zu tun, vielleicht auch nur mit seiner persönlichen Situation.“
    „Seine persönliche Situation?“, fragte Sarah irritiert, „was meinen Sie damit?“
    Foulder deaktivierte die Projektionsfläche, lehnte sich wieder zurück und betrachtete das Paar. Sie waren nett, hilfsbereit und naiv. Sie entsprachen dem Bild, das er von einfachen Leuten auf dem Land hatte.
    „Herr Feist ist einer der Verlierer der Sozialreformen von 2020. Allerdings hatte er doppelt Glück. Zum einen, weil er wohlhabend ist, und zum andern, da er Sie beide gefunden hat. Mit dieser Stiftung bedankt er sich bei Ihnen.“
    „Entschuldigen Sie, aber wir beschäftigen uns wenig mit Politik, was hat es mit dieser Sozialreform von 2020 auf sich?“, fragte Bradley.
    „Sie sind in diese Entwicklung hineingewachsen und kennen nichts anderes als das heutige Sozialsystem. Wenn Sie die Hintergründe verstehen, werden Sie auch die Dankbarkeit, die Herr Feist Ihnen entgegenbringt, verstehen. Lassen Sie mich die wichtigsten Punkte zusammenfassen: Bis etwa 2000 waren die Sozialsysteme der europäischen Staaten im Vergleich zu heute sehr luxuriös ausgestaltet. Diverse Ökonomen sehen dies als einen der Gründe für die damalige explodierende Staatsverschuldung und die folgende Finanzkrise, deren Auswirkungen wir immer noch spüren.
    Im Sommer 2020 machten internationale Geldgeber gehörig Druck, allen voran die Chinesen, sodass eine neue Sozialgesetzgebung mit dem Ziel massiv Kosten einzusparen durchgesetzt wurde. Diese Reform hatte vier wesentliche Eckpunkte.
    Erstens: die Vereinfachung der Zulassung und des Handels von Medikamenten. Dies war die staatliche Antwort auf den schon lange nicht mehr kontrollierbaren Internethandel mit Medikamenten. Zudem sollten dadurch die Medikamentenpreise weiter gesenkt werden. Auch verschreibungspflichtige Mittel wurden damit frei handelbar. Die einzige Ausnahme waren Medikamente mit Suchtpotenzial. So wurde die Selbstmedikation ohne vorherigen Arztbesuch gezielt gefördert, was in der Folge die Arzt- und Behandlungskosten senkte.
    Zweitens: die Legalisierung des Organhandels. Die Krankenversicherung übernahm ab sofort nicht mehr die Kosten für Organtransplantationen und die damit verbundenen Folgekosten. Der ORGANICA-Konzern – Herr Feist hält daran einen größeren Aktienanteil – öffnete daraufhin eine Handelsplattform, auf der seitdem verfügbare Organe global versteigert werden.
    Drittens: die Heraufsetzung des Rentenalters von siebzig auf fünfundsiebzig Jahre, zugleich die Kürzung der Rentenansprüche sowie Streichung der staatlichen Pflege- und Krankenversicherungen. Für die Versorgung im Alter muss heute jeder selbst aufkommen.
    Viertens: die Einführung eines Krankenversicherungssystems mit fünf Kategorien.“ Foulder stellte die Projektionsfläche wieder an und rief eine Grafik auf. Das Bild zeigte fünf Strichmännchen, die von links nach rechts immer kleiner wurden. Foulder deutete auf das erste, das größte Männchen:
    „In Kategorie eins hat man vollkommenen Versicherungsschutz mit Abdeckung aller Leistungen außer Organtransplantationen, außerdem Zugang zur Spitzenmedizin.
    In Kategorie zwei gibt es einen umfassenden Versicherungsschutz mit Abdeckung aller Leistungen außer Organtransplantationen und chirurgischen Eingriffen mit Gesamtkosten höher als 25.000 Euro. Der Zugang zur Spitzenmedizin ist eingeschränkt, es werden Medikamentenkosten bis maximal 50.000 Euro pro Jahr gedeckt.
    In Kategorie drei gibt es einen allgemeinen Versicherungsschutz mit Übernahme von maximal 25.000 Euro aller Krankheitskosten pro Jahr.“
    „So sind wir versichert“, warf Sarah ein. Als sie nicht weitersprach, fuhr Foulder fort.
    „In Kategorie vier hätten wir die Notfall-Erstversorgung, maximal vier Arztbesuche pro Jahr und die kostenfreie Abgabe von Schmerzmitteln.
    In Kategorie fünf nur noch Notfall-Erstversorgung und kostenfreie Abgabe von Schmerzmitteln. Dafür Befreiung von der Beitragspflicht sowie wie in allen anderen Kategorien Anspruch auf aktive Sterbehilfe. Die Befreiung von der Beitragspflicht in der Kategorie fünf stellt sicher, dass jeder Mensch über eine

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