Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
clever.“ Das klang für ihn selbst ziemlich falsch, aber Tobias schien es zu gefallen. „Wie lange brauchst du, um das System zu aktivieren?“, setzte Brian nach.
„James baut die Kameras und einen großen Bildschirm auf. Das geht schnell, und ich brauche vielleicht noch zehn Minuten.“
„Warum wollen Sie hier alles aufbauen, Tobias, wir können doch in Ihr Arbeitszimmer gehen“, fragte Mary.
Brian schüttelte warnend den Kopf. Hatte Mary ihre eigenen Warnungen bezüglich Tobias’ Eigenarten vergessen? Er ergriff das Wort, bevor Tobias antworten konnte.
„Mary, ich finde, das ist eine gute Idee von Tobias, so können wir hier jederzeit konferieren und Tobias kann genauso ungestört in seinem Büro arbeiten. Ich nehme an, die Anlage kann die ganze Zeit laufen?“
„Es spricht nichts dagegen“, sagte Tobias. „Ich darf also jetzt wieder in mein Arbeitszimmer?“
„Natürlich, die Informatiker und die Wachen sind weg, aber ich habe noch eine Frage – funktionieren die PIDs eigentlich noch?“
Tobias feixte, das war Antwort genug. „Die benötigt die Menschheit nicht mehr. Genauso wenig wie die myComs, das war doch die eigentliche Frage?“ Er wartete Brians Reaktion nicht ab, drehte seinen Rollstuhl und fuhr in Richtung Anbau.
„Lass ihn“, sagte Brian leise zu Mary, „du weißt doch, er akzeptiert niemanden in seinem Arbeitsbereich, außer, er lädt einen direkt ein. Diese Marotte hatte er von Anfang an, und in den letzten Jahren ist es immer schlimmer geworden. Du hast das vor zwanzig Jahren in deiner ersten Analyse bereits vorhergesagt.“
„Wirklich? Das habe ich vergessen. Es ist ja schon sehr lange her. Aber ich habe leider in letzter Zeit zu oft feststellen müssen, dass ich hier oben“, dabei tippte sie sich an die Stirn, „einroste.“
Brian überging das, nahm sich aber vor, zukünftig auf solche Aussetzer zu achten. „Dass wildfremde Leute tagelang in seinem Arbeitszimmer waren, muss für ihn die Hölle gewesen sein. Außerdem können wir hier wahrscheinlich ungestört reden. Tobias wird seine Forderungen stellen und sich dann in sein Arbeitszimmer zurückziehen. Ich schlage vor, du lädst jetzt den Premier via Funk zur Videokonferenz ein.“
Die Verbindung stand tatsächlich so schnell, wie es Tobias versprochen hatte, er benötigte alles in allem knapp eine halbe Stunde. Die Videokonferenz fand dennoch erst am frühen Nachmittag statt, da sich der Premier nicht im New Tower aufhielt und extra anreisen musste.
Brian und Mary hatten den Raum für sich, Tobias war in seinem Arbeitsbereich. Sie konnten nicht ausschließen, dass er sie belauschte, indem er sich in die Videokonferenz einschaltete, aber das spielte für sie keine Rolle.
Seit dem frühen Morgen hatten sie über das Konferenzsystem mit einigen regierungsnahen Personen gesprochen, die sich im New Tower befanden und dabei waren, diesen als provisorischen Regierungssitz einzurichten. So hatten sie sich einen Überblick über die aktuelle Lage verschafft.
Als Premierminister Alex Fanderth endlich auf dem Bildschirm erschien, berichteten Brian und Mary zunächst, was seit ihrer Ankunft in Tobias’ Haus geschehen war. Dann gab Mary dem Premierminister eine Reihe von Hinweisen für das Gespräch mit Tobias. So wurde die Kamera auf den Premierminister fixiert und die restlichen Personen in dem Raum im New Tower aus dem Aufnahmebereich verbannt. Brian war unangenehm überrascht, als er im Gefolge des Premierministers Bob Bloth entdeckte.
In der Nahaufnahme war deutlich zu erkennen, wie erschöpft der Premier war. Die Mikrofone wurden ebenfalls so eingestellt, dass nur der Premierminister zu hören war. Kurz vor 16 Uhr waren sie so weit, Mary bat Brian, Tobias zu holen.
„Herr Premierminister, bitte denken Sie daran, dass Sie es mit einem hochintelligenten Mann zu tun haben. Es ist sinnlos, ihm Vorwürfe zu machen, an seine Gefühle und sein Mitleid zu appellieren oder ihm gar zu drohen“, sagte Mary. Der Premierminister nickte und spielte nervös mit seinem Siegelring, den er vom Finger gezogen hatte.
„Wir lassen uns nicht erpressen, Frau Taydon, das wissen Sie“, sagte er.
„Ich glaube nicht, dass er Sie oder sonst jemanden erpressen will. Er hat einen Plan, und den wird er durchführen, mit oder ohne uns.“ Ein Geräusch im Hintergrund lenkte sie ab. „Er wird gleich da sein, Herr Premierminister.“
Es dauerte einen Moment, bis Tobias mit seinem Rollstuhl an die richtige Position gefahren war. Er schien
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