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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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seinem Haus in Wales, mit James, Sarah und ihren fünfjährigen Zwillingen Ann und Andrew. Er erlebte etwas, was er selbst nie gehabt hatte: eine richtige Familie.
    Mit Erschrecken merkte er, dass er sich nur noch schemenhaft an seine Mutter und an seinen Vater erinnerte. Er hatte noch nie wirklich über den Sinn des Lebens, den Sinn seines Lebens nachgedacht. Nach diesem Weihnachten wurde ihm die Einsamkeit, in der er seit seiner Kindheit lebte, mit einem Schlag bewusst.
    Die Zwillinge suchten Kontakt zu dem verschlossenen Mann, der nicht allzu viel mit ihnen anfangen konnte. Sie spielten mit ihm, kletterten auf ihm herum und steckten ihm Süßigkeiten in den Mund. Er ließ alles wie in Trance über sich ergehen, denn er war viel zu stark mit sich selbst beschäftigt.
    Während Confidence sich optimierte, weiterentwickelte und neue Erkenntnisse gewann, fiel Tobias in ein tiefes Loch, in eine Depression. Seine Gedanken wurden immer schwärzer und lähmten seinen Arbeits- und seinen Lebenswillen.
    In der Vergangenheit hatte er sich selbst geschützt, indem er sich hinter seinen Fähigkeiten versteckte, die ihn, so zumindest empfand er es, weit über andere Menschen stellten.
    Die Entdeckung des Computerkrebses, dessen Zähmung und Nutzung für die Entwicklung einer neuen Generation künstlicher Intelligenz war der Beweis. Aber was sollte er mit der Entdeckung machen? In seinen dunkelsten Gedanken sah er nur die Möglichkeiten des Missbrauchs. Ein Horrorszenario wechselte das nächste ab. Nein, der Menschheit durfte er seine Entdeckung nicht überlassen.
    Er war ein Genie und konnte sich problemlos auf die gleiche Stufe wie Isaac Newton, sein großes Vorbild, stellen. Aber das wusste nur er. War das der Preis, den jedes Genie zahlen musste? Einsamkeit? Und was war der Gewinn? Ein Eintrag in den Geschichtsbüchern? Unsterblichkeit? Dieser Gedanke an die Unsterblichkeit versickerte in seinem Unterbewusstsein und biss sich dort fest.
    Er wusste nur zu gut, wie die anderen ihn, Tobias Feist, sahen. Er wurde wegen seiner Fähigkeiten von seinen Kollegen im MI6 respektiert und gefürchtet. Aber niemand suchte seine Nähe oder den direkten Kontakt zu ihm. Dass er nicht gut aussah, auch sein immer kränklicheres Aussehen, schuf zusätzlich Distanz.
    Er stellte jeden Kontakt und jede Beziehung infrage, selbst Brian und Professor Ferguson profitierten nur von seinem Genius und nutzten ihn aus, James und Sarah kümmerten sich nur um ihn, weil er sie dafür bezahlte – davon war er auf dem Höhepunkt der Depression überzeugt.
    Sein Umfeld bekam von dieser Krise wenig mit. Nur denen, die ihn besser kannten, insbesondere Brian, fiel auf, dass er sich noch mehr zurückzog und noch weniger zugänglich war als sonst. Auf Arbeit funktionierte er so, wie man es von ihm kannte. Er arbeitete sorgfältig, schnell und mit der gewohnten Qualität.
    Dass ihm die Begeisterungsfähigkeit für besonders interessante Aufgaben abhandengekommen war, fiel niemandem auf. Was auffiel, war sein Verhalten nach außen hin, er mied Kontakte wie die Pest und wenn er an Meetings teilnehmen musste, schwieg er. Musste er doch reden, wirkten seine Kommentare zynisch und arrogant. Seine Kollegen nahmen es hin, er war für sie schon immer ein Sonderling gewesen. Dennoch verlor er in seinem direkten Umfeld viele Sympathien.
    Bevor Brian ihn darauf ansprechen konnte, zog sich Tobias in den Sommerferien 2031 in sein Haus in Wales zurück. Als er nach drei Wochen von dort zurückkam, war er fast wieder der Alte.

„Erinnerst du dich daran, Brian?“, fragte Mary.
    „Hättest du mich vorher gefragt, hätte ich gesagt nein. Aber nach dieser Szene, nach diesen Bildern: ja. Es ist mir damals aber nicht besonders aufgefallen. Höhen und Tiefen wechselten ja ständig bei Tobias.“
    „Mir ist aufgefallen, dass Tobias’ Lebensphasen immer stark von seinen sehr wenigen, aber dafür sehr intensiven Beziehungen geprägt sind. Damals in Deutschland diese zwei Polizisten, Schall oder so ähnlich, und den anderen Namen habe ich vergessen.“
    „Jakob Schell und Lisa Schlattmann“, korrigierte Brian.
    „Also, erst Schell und Schlattmann, dann du, und ich glaube, er hat danach hier in seinem Haus eine dritte Beziehung aufgebaut.“
    „Wie kommst du darauf, Mary?“
    „Wir haben nicht gesehen, wie er aus der Depression rauskam. Er ging in die Sommerferien, und dann war es wieder okay. Da fehlt etwas.“
    „Ist das wichtig?“, fragte Brian.
    „Ich weiß es nicht. Lass

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