Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
die Kinder ein Ausbildungsstipendium, das eine Stiftung der Familie Feng finanzierte. Die ältesten Diamanten erreichten 2033 ihr elftes Lebensjahr und wurden längst als Hochbegabte gefördert.
In Zukunft sollte die schulische Ausbildung der Diamanten in speziellen Internaten erfolgen, die Vorbereitung und der Ausbau der notwendigen Infrastruktur war das aktuelle Hauptprojekt von To Zhang.
Tobias fand nicht heraus, wie lange Feng noch Chimären erzeugen lassen wollte. Der Prozess war seit Jahren standardisiert, die Nachfrage nach In-vitro-Befruchtungen stieg weiter und mit einer einzigen Samenspende von Dérúgo Feng wurden jeweils Hunderte von Eizellen befruchtet.
Confidence hatte sich mit den Chimären-Datenbanken der IFC-Gruppe verlinkt und verfolgte täglich, wie die Zahl der Chimären größer wurde und die Chimären sich entwickelten.
Diese neue Art Mensch nannte Tobias Homo ambrosius : der göttliche Mensch, der unsterbliche Mensch. Wenn der Homo ambrosius begann sich fortzupflanzen, würde er seinen Siegeszug antreten und den Homo sapiens unterwerfen, war sich Tobias sicher.
Was sollte er tun? An die Öffentlichkeit gehen? Selbst eingreifen? Und wenn ja, wie? Er ließ Confidence unter Berücksichtigung der neuen Fakten die Analyse Quo vadis wiederholen. Die entscheidende Prämisse war diesmal: Das Projekt Chimäre musste gestoppt werden.
Die Rückkehr in die reale Welt erwischte Brian eiskalt. Er hatte vollkommen das Zeitgefühl verloren, selbst sein Körper schien eine Pause eingelegt zu haben, er hatte weder Hunger noch Durst, noch musste er aufs Klo. Mary saß immer noch reglos da. Er konnte ihre Augen nicht sehen, da das HMD bis zu ihrer Nasenspitze hinabreichte.
„Hast du eine Ahnung, wie spät es ist? Wieso haben wir abgebrochen? Es fehlen uns noch die letzten vier Jahre“, sagte sie erregt.
Brian warf einen Blick auf das Display. „Mittwoch, der 17. Juni, 7:45 Uhr. Die Uhrzeit hab ich gestern Abend als Weckzeit eingegeben. Wir sind 8 Uhr zur Videokonferenz mit dem Premier verabredet.“ Er setzte sich auf und nahm das HMD ab. Er fühlte sich überraschenderweise nicht müde.
Mary zog das HMD ebenfalls ab und fuhr sich mit beiden Händen und gespreizten Fingern durch die Haare. „Ich sehe bestimmt fürchterlich aus.“
Brian lächelte. „Nein, ganz im Gegenteil.“
Sie erhob sich umständlich aus dem Sessel. „Ah, die Muskeln sind noch steif, das ging auch schon mal besser. Also, was wollen wir ihm erzählen? Komm, lass uns rübergehen.“
Brian folgte ihr. „Gute Frage. Und ich wüsste auch zu gern, was in den letzten vier Jahren geschehen ist. Auf alle Fälle ist Confidence schon lange kein normaler Computer mehr.“ Ihn fröstelte.
„Homo ambrosius, der göttliche, der unsterbliche Mensch. Das glaubt uns keiner. Aber das passt zu Tobias, so zu handeln. Dieser Mensch, dieser Feng, hat in Tobias’ Augen eine moralische, ethische Schwelle überschritten und anstatt das den entsprechenden Stellen zu übergeben, handelt er selbst.“ Mary sprach mehr zu sich selbst als zu Brian.
Als sie das Wohnzimmer betraten, zog ihnen der Duft frisch gebrühten Kaffees entgegen. Ihr Körper reagierte schlagartig, beide hatten plötzlich Hunger und Durst. Auf der Projektionsfläche des Videokonferenzsystems war bereits Victoria Filler, Fanderths Mitarbeiterin, zu sehen. Als Brian und Mary in den Aufnahmebereich der Kamera traten, begann Victoria Filler zu winken und rief „Hallo“.
Brian schaltete die Mikrofone ein. „Guten Morgen, Frau Filler, wir haben noch einige Minuten?“, fragte Mary.
„Guten Morgen, Frau Taydon, Herr Fletcher, Planänderung, die Videokonferenz fällt aus. Der chinesische Staatspräsident landet gegen 11:30 Uhr in Heathrow. Der Premierminister hat gerade eine wichtige Konferenz zur Wasserversorgung in Südengland. Danach bricht er sofort nach Heathrow auf, um die chinesische Delegation in Empfang zu nehmen. Wenn Sie etwas Wichtiges zu berichten haben, teilen Sie es mir bitte mit. Ich werde es an den Premierminister weiterleiten.“
Brian warf einen kurzen Blick zu Mary, sie schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, wir haben keine neuen Erkenntnisse“, sagte er. „Wann werden die Herren hier eintreffen?“
„Der Premier hat erwartet, dass Sie nichts zu berichten haben“, sagte Filler. Für Brian klang das ziemlich arrogant und vorwurfsvoll, aber er unterdrückte den aufkommenden Ärger. „Sie sollten zwischen 12 und 13 Uhr bei Ihnen sein. Haben Sie noch
Weitere Kostenlose Bücher