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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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Männer in den ländlichen Regionen. Damit hielten sie einerseits einen Teil dieser Bevölkerung unter Kontrolle, andererseits hatten sie die notwendigen Ressourcen, um die heikelsten Aufträge des Militärs umzusetzen.
    Die Notstandsregierung hatte dem Militär drei Aufträge erteilt: erstens die städtischen Ballungsgebiete großräumig abzuriegeln und die Flucht der Städter aufs Land zu unterbinden.
    Zweitens die Aufrechterhaltung und Sicherstellung der Ordnung im Lande.
    Drittens die Sicherung der Versorgung der chinesischen Bevölkerung. Hierzu hatte Feng dem Militär freie Hand gegeben: Die Marine bekam Kaperbriefe und die Landesgrenzen mussten nicht mehr respektiert werden. Jetzt zählte nur noch das Recht des Stärkeren.
    Rund zehn Tage später hatte China im Gegensatz zum Rest der Welt die Situation einigermaßen unter Kontrolle. Sie waren vorbereitet gewesen.
    Dérúgo Feng wusste jedoch, dass es der Notstandsregierung nicht gelingen würde, das Land zusammenzuhalten, wenn die Lage sich nicht innerhalb kurzer Zeit wieder stabilisierte. Und dazu benötigten sie die Computer, die Netzwerke und die digitale Infrastruktur. Dies und die Aussicht, seinen unbekannten Gegner kennenzulernen, hatte Feng dazu bewogen, diese Reise anzutreten.
    Er wirkte ruhig und gelassen. Doch seine Gedanken jagten. Hatte er wirklich alles Notwendige in die Wege geleitet? Er schloss die Augen und rief sich die letzten Tage in Erinnerung.

Schon am 8. Juni hatte Dérúgo Feng begriffen, dass der Angriff nicht nur China galt, sondern auch ihm persönlich und seinen Nachkommen. Ein Ziel des Angreifers war es, die zukünftige Feng-Dynastie auszulöschen. Dieser Gegenspieler kam vollkommen unerwartet.
    Feng hatte sofort To Zhang den Auftrag erteilt, die Diamanten zu evakuieren. Diese Aufgabe hatte höchste Priorität, womit Feng bei den Mitgliedern der Notstandsregierung sowie beim politischen und militärischen Kader Verwirrung auslöste. Diese verstanden nicht, wieso der Schutz Zehntausender Chinesen aus der Mittelschicht Fengs volle Aufmerksamkeit erhielt.
    Wenig später berichtete To Zhang, dass einzelne Diamanten in den letzten zwei Tagen auf mysteriöse Weise gestorben waren und er bisher keine lebend angetroffen hatte. To Zhang holte einen Mediziner der Pekinger IFC-Gruppe, der eine Anzahl von Diamanten betreute, aus seiner Wohnung und brachte ihn zu Feng. Dann wurde es zur Gewissheit.
    Am Freitag, dem 5. Juni, zwei Tage vor dem globalen Computercrash, führten die Ärzte der IFC bei den Diamanten ein spezielles Impfprogramm durch, gegen Vogelgrippe. Den Auftrag hatte die für die ärztliche Betreuung verantwortliche zentrale Abteilung auf direkte Anweisung von Dérúgo Feng am 29. Mai erteilt, die Impfdosen lieferte ein Unternehmen des ORGANICA-Konzerns am 3. Juni an.
    Doch weder To Zhang noch Dérúgo Feng wussten darüber Bescheid. Aber es gab noch Hoffnung: Der IFC-Arzt berichtete, dass nicht alle Diamanten, die er betreute, zum Impftermin erschienen waren.
    To Zhang holte gemeinsam mit dem Arzt die übrigen Impfdosen aus dem Labor, es waren siebenunddreißig. Als sie die Zahlen hochrechneten, kamen sie auf etwa ein Prozent Überlebende von fast 2.000 von diesem Labor betreuten Diamanten und schwangeren Frauen.
    To Zhang impfte den Arzt mit dem unbekannten Mittel und bewies so, dass es sich um ein Attentat handelte, denn vierundzwanzig Stunden nach der Impfung traten erst grippeähnliche Symptome auf, dann kollabierte der Kreislauf und nach weiteren vierundzwanzig Stunden starb der IFC-Arzt. Das Timing des Attentäters war perfekt. Die meisten Diamanten starben zu Hause, zeitgleich mit dem Ausfall der Computer.
    Es war ein schwerer Schlag für Dérúgo Feng. Es waren immer wieder einige seiner Kinder gestorben, zumeist bei dummen Unfällen, einmal sogar durch einen Schlangenbiss. In der Summe waren im Laufe der Jahre etwas mehr als hundert Kinder gestorben, jedes einzelne ein Verlust, aber es lag im normalen Rahmen. Bis zum 5. Juni war er Vater von 947.896 Kindern. Hinzu kamen 21.987 Schwangerschaften – und sein einziger auf natürliche Weise gezeugter Sohn.
    In seiner ohnmächtigen Wut hatte Feng einen Tobsuchtsanfall, dem der Großteil seiner Büroeinrichtung zum Opfer fiel. Er warf auch das Go-Spiel aus reinem Gold, das immer auf seinem Schreibtisch stand, gegen die Wand. Das Spiel hatte ihm sein Vater Wei Feng anlässlich seiner Wahl zum chinesischen Staatsoberhaupt geschenkt. Vor wenigen Wochen erst war Wei Feng im

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