Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
sonst noch für die ORGANICA?“ Fischer war offensichtlich begeistert von der Frage, er war nicht zu bremsen. Jakob unterbrach ihn. „Die ORGANICA stellt auch die Datenbanksysteme für die nationalen DNA-Datenbanken zur Verfügung? Sie empfehlen zu kaufen, aktueller Kurs einundsechzig Euro, Kursziel bis Ende des Jahres fünfundachtzig Euro. Gut, in diesem Fall“, er überschlug schnell die Zahlen, „kaufen Sie achtzig Stück, das wären dann aktuell etwa 5.000 Euro. Prima. Danke. Auf Wiederhören, Herr Fischer.“
Er hatte den Hörer kaum aufgelegt, als das Telefon begann zu vibrieren und dann mit einem leisen, energischen Summton einen eingehenden Anruf meldete.
„Schell? Ach du bist es, Lisa. Nein, ich hatte keinen anderen Anruf erwartet. Ehrlich gesagt habe ich überhaupt keinen Anruf erwartet.“ Sie telefonierte aus dem Auto heraus, im Hintergrund waren Straßengeräusche zu hören.
„Ja, ich habe heute Nachmittag Zeit. Wo? Justizvollzugsanstalt Köln, Rochusstrasse, um 15 Uhr beim Empfang, und was soll ich da?“, fragte Jakob irritiert.
„Was? Dein Bewerber sitzt im Knast?“ Er wurde laut. „Nein, ich rege mich nicht auf. Nicht ein Bewerber, drei? Also Lisa …“ Es gab Momente, da wünschte er sich wieder auf den Kasernenhof zurück. Dieser Moment war so einer, und er hatte keine Chance gegen den Wortschwall, der ihm entgegenschlug.
„Gut, du erklärst mir alles später, du musst jetzt zum Richter?“ Ruhe am anderen Ende, Lisa hatte aufgelegt. Er war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob er mit Lisa den richtigen Griff gemacht hatte.
Lisa erwartete ihn mit einem frechen Grinsen im Eingangsbereich der Justizvollzugsanstalt. In der einen Hand hatte sie orangefarbene Ordner – wohl die Bewerbungsunterlagen der drei Kandidaten. In der anderen Hand hielt sie einen Besucherausweis, den sie ihm sofort an die Jacke heftete. Dabei kam sie ihm so nah wie sonst kaum, es irritierte ihn.
„Du musst noch da vorne unterschreiben“, sagte sie und nickte in Richtung eines Schalters, hinter dem ein Sicherheitsbeamter interessiert zu ihnen herüberschaute.
„Ja, mache ich gleich“, brummte er, „aber erst erzählst du mir, was ich hier soll.“
Sie setzte ihr ernstes Gesicht auf. „Vor ein paar Wochen kam ein Beschluss heraus, der es ermöglicht, unter gewissen Umständen verurteilten Straftätern ihre Gefängnisstrafe zu erlassen. Eine Voraussetzung ist, dass sie über Fähigkeiten verfügen, die dem Staat von Nutzen sind.“
„Aha, und Computerhacken gehört dazu.“ Er musste sich ziemlich abweisend angehört haben, denn Lisa nahm einen Schritt Abstand und schaute zu ihm hoch. Diesen Ausdruck in ihrem Gesicht kannte er auch schon: Ein Gewitter zog auf.
„Chef“, sagte sie energisch, holte tief Luft – und schien es sich dann doch anders zu überlegen. Ihre Stimme wechselte in den Modus Gib ihm noch eine Chance, bevor du ihn an die Wand klatschst: „Wenn es nicht eine ernsthafte Sache und zugleich wirklich eine Chance wäre, ständen wir nicht hier. Ich musste alle Register ziehen, damit ich die“, sie zeigte ihm die drei Personal- oder wohl eher Fallordner, „und vor allem das hier erhalten habe.“ Dabei wedelte sie triumphierend mit einem Dokument vor seiner Nase herum. Er reimte sich zusammen, dass dort etwas wie „Richterliche Verfügung“ stand, lesen konnte er es beim besten Willen nicht, dazu hätte Lisa einen Moment stillhalten müssen.
„Okay, Entschuldigung, du magst recht haben, was ist das?“, sagte er resigniert.
„Tja, damit kannst du dir deinen neuen Mitarbeiter quasi sofort einpacken lassen und ihn direkt mitnehmen“, antwortete sie.
„Du glaubst ernsthaft, wir marschieren jetzt da rein, suchen uns einen der, der …“ Er fand das passende Wort nicht.
„Nennen wir sie doch einfach Kandidaten“, schlug Lisa vor, die wusste, dass sie gewonnen hatte.
„… also, wir suchen uns einen der Kandidaten aus und morgen ist er Polizist?“
„Nein, Polizisten sind du und ich. Wobei mir Ermittler besser gefällt. Er ist Sachbearbeiter mit Schwerpunkt Recherche, und er passt sogar prima in unser Budget.“ Lisa grinste.
„Wo liegt der Haken, oder soll ich besser sagen: die Haken?“, sagte Jakob.
Lisa überhörte seine Frage, was umgehend den Phantomschmerz in seinem amputierten Zeh auslöste. „Alle drei Kandidaten erfüllen die fachlichen Anforderungen, und die Rahmenbedingungen stimmen. „Diese sind …“, sie schlug die richterliche Verfügung auf,
Weitere Kostenlose Bücher