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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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aus.
    Tobias Feists Gesicht nahm die Konturen seines Freundes Clemens Lange an. Sein Bewusstsein drehte sich nach innen weg. Er wusste, was passierte, war aber von der Heftigkeit des Anfalls überrumpelt, sodass er seinen antrainierten Schutzmechanismus nicht aktivieren konnte. Er stürzte ab. Es war der letzte Absturz, den er erleben sollte. Ein heilender Absturz.

„Chef, Jakob, ist alles okay?“ Lisas Stimme drang in sein Bewusstsein. Nach wenigen Sekunden realisierte er, dass er weggetreten war. Als er dies begriffen hatte, übernahm er sofort wieder die Kontrolle über seinen Körper. Er kannte das Gefühl, das sich sogleich einstellte: ein dumpfes Pochen tief hinten im Kopf, trockener Mund, Durst.
    Er richtete sich auf seinem Stuhl auf, fuhr sich mit der Hand über die Stirn, sie war trocken. Er blickte Lisa an, die leicht nach vorne gebeugt dastand, um ihm besser in die Augen sehen zu können. Sein Blick fiel auf ihr Dekolleté und schon machten sich seine Gedanken selbstständig. Wenigstens das funktioniert zuverlässig, dachte er und riss seinen Blick von ihren Brüsten los.
    „Wie lange war ich weg?“, fragte er mit belegter Stimme.
    „Keine Ahnung, ich bin gerade erst reingekommen“, antwortete sie.
    „Ich hab gesehen, wie sich der Junge setzte, dann war ich weg“, sagte er.
    „Das muss dann vor etwa fünfzehn Minuten gewesen sein. Geht’s wieder?“ Sie klang besorgt.
    Zeit, das Thema zu wechseln, dachte er. „Alles wieder im Griff, und was hältst du von ihm? Nimmt er das Angebot an?“
    „Ja, ich bin ziemlich sicher. Er leidet darunter, hier eingesperrt zu sein. Ich glaube, er würde viel tun, um rauszukommen. Und ich habe einen guten Eindruck von ihm.“
    Jakob stand auf, er schob energisch den Stuhl an seinen ursprünglichen Platz zurück. „Er sieht irgendwie krank aus. Die Kids heute sind entweder zu fett oder magersüchtig. Aber wenn du sagst, er ist okay, und wenn du versprichst, ihm eine andere Brille zu besorgen, nehmen wir ihn.“
    „Du willst nicht mit ihm reden?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Was bringt das schon. In den Akten steht, dass er das Fachwissen hat, das wir brauchen. Du findest ihn in Ordnung. Das, was er verbirgt, wird er uns sowieso nicht auf die Nase binden. Also geben wir ihm eine Chance und lassen ihn für uns arbeiten. Nach der Probezeit sehen wir weiter.“
    „Er hat was zu verbergen, wie kommst du denn darauf?“
    „Seine Akte! Er hat alles, was man ihm vorgeworfen hat, gestanden. Er hat aber nicht mehr erzählt. Der Psychologe beschreibt ihn als hochintelligent, mit einer schnellen Auffassungsgabe und einer hochentwickelten sprachlichen Intelligenz. Ich wette eins zu hundert, dass in dem Jungen eine ganze Menge Überraschungen stecken.“
    „Du meinst, seine Aussage ist gefakt?“
    „Ge… – was?“
    „Manipuliert, falsch, erfunden – gefakt eben.“
    „Nein, die ist mit aller Wahrscheinlichkeit richtig. Aber jede Wette, dass er weiß oder zumindest eine Vermutung hat, wer ihn da reingelegt hat, und mich würde nicht wundern, wenn er sich schnellstmöglich revanchieren wird.“
    „Meinst du? Er macht nicht gerade den Eindruck, als würde er mit rauchenden Colts durch die Gegend ziehen, finde ich.“
    Jakob schaute durch die Scheibe in den Nebenraum. Sein Blick traf den des jungen Mannes. Tobias Feist nickte ihm zu. Er nickte zurück und konnte nicht verhindern, dass er lächelte. Sein Lächeln wurde erwidert.
    „Es gibt da noch etwas, Chef.“ Lisas Stimme verriet sie. Er hatte es geahnt, an der Sache war ein Haken. Er drehte sich zu ihr um und wartete, dass sie weiterredete.
    Er hatte sie noch nie so verlegen gesehen. Sie wurde doch tatsächlich rot. „Also, wir können ihn haben. Das Problem ist die Wohnung.“ Er ahnte Böses.
    Er hob die Hände und setzte einen Blick auf, der eine perfekte Mischung aus Entschlossenheit und Ablehnung sein sollte. „Nein, das kommt gar nicht infrage.“
    Lisa zog schon wieder ihr gewinnendes Lächeln auf. „Chef, deine Frau ist einverstanden. Sie meinte, jetzt wo Max in den USA ist, hättet ihr ein Zimmer frei, und sie hat nichts dagegen, einem jungen gestrauchelten Menschen für eine gewisse Zeit ein Zuhause zu geben. Außerdem würde er ja Miete zahlen.“
    Ihm verschlug es die Sprache. Sie hatte bereits mit seiner Frau geredet. Sie hatte das alles geplant.
    „Und damit alles einfacher wird“, jetzt strahlte sie förmlich, „habe ich den Richter noch gefragt, ob du als Bewährungshelfer

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