E-Mail-Systeme und Datenbanken ihrer Abteilung erst gestern installiert hatte. Es meldete damit, dass sich eine nicht autorisierte Person Zugang zu ihren Daten verschafft hatte.
Zuerst tippte er auf die interne IT-Abteilung, konkret den Chinesen, und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Als er aber die Daten analysierte, kam er zur Überzeugung, dass hier jemand ganz anderes unterwegs war oder der Chinese sich äußerst geschickt tarnte. Er hatte allerdings das Gefühl, dass der Chinese nicht dahintersteckte.
Der Unbekannte interessierte sich vor allem für die Mails und die Dokumente von Jakob und Lisa. Seine eigene Mailbox war nicht angerührt worden. Die Spuren des Zugriffs waren verwischt, er konnte weder feststellen, welche Dokumente der Eindringling gelesen hatte, noch woher der Zugriff erfolgt war. Nur eines schien sicher, der Spion kam aus dem Haus.
Ein Zugriff von außerhalb des BKA-Netzwerkes war zwar nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich. Der Aufwand, um die vielschichtigen Sicherheitsvorkehrungen zu überwinden, wäre enorm. Dann noch der Aufwand, ihren unbedeutenden Server zu finden. Und das alles, ohne bemerkt zu werden – das passte nicht zu einem Angriff von außen.
Dass der Besucher seine Spuren gut verwischt hatte, sprach ebenfalls dafür, dass er die IT-Systeme des BKA gut kannte. Wir sollten besser alle unsere Passwörter ändern. Für Jakob und Lisa muss ich mir dafür eine Begründung einfallen lassen, dachte er.
Der Spion hatte vor einer halben Stunde eine Mail in Jakobs Mailbox hinterlassen, sie war noch ungelesen. Als Absender war Jakobs Mailadresse angegeben, als hätte Jakob sich die Mail selbst geschickt. Tobias fand noch drei weitere Mails mit dem Absender
[email protected].
Die Mails waren bis auf die erste Mail von der Form her identisch. In dieser ersten Mail stand: „USB-Stick, Spielplatz Anton-Antweiler-Straße, 50937 Köln .“ In den folgenden Mails waren nur noch die Straße, die Postleitzahl und der Ort angegeben. Jakob schien mit dem Unbekannten zu kommunizieren. Tobias konnte sich keinen Reim darauf machen.
Das Jagdfieber hatte ihn gepackt. Er schloss sein Notebook ans Netz an und installierte eine Reihe von Programmen. Die Leute von der internen Sicherheit würden graue Haare bekommen, und dem Chinesen würden die spärlichen Haare ausfallen, wenn sie von diesen Programmen wüssten. Bei diesem Gedanken grinste er. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf seine Programme stießen, war äußerst gering, da er die Programme in eine Reihe offizieller Systemprogramme integrierte. Man musste schon gezielt nach ihnen suchen. Sie würden solange aktiv sein, bis er sie wieder entfernte oder bis bei einer Wartung die Systemprogramme neu installiert wurden.
Noch vor dem Mittagessen gehörte ihm ein Großteil des BKA-Netzes. Er konnte sich alles anschauen – wenn er das wollte. Ihn wurmte nur, dass er keine Verbindung nach außen aufmachen konnte. Auf die Systeme konnte er also nur zugreifen, wenn er sich im Hause aufhielt. Am Wochenende und in der Nacht war er in Sachen BKA blind.
Technisch wäre das kein Problem gewesen, jedoch unterm Strich viel zu unsicher, da die externen Zugänge mehrfach gesichert waren und dauernd überwacht und regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht wurden. Außerdem versuchten jeden Tag irgendwelche Hacker, ins BKA-Netz zu kommen. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis man seinen Bypass finden würde.
Das hatte er gut gemacht, fand er dennoch, und den Spion würde er auch bald identifizieren, keine Frage. Zufrieden widmete er sich erst mal seinen eigenen Angelegenheiten.
Er stellte alle Telefonnummern zusammen, die Idi Masilla bisher angewählt hatte und über die er angerufen worden war. Zu jeder Nummer besorgte er sich die Namen der Besitzer. Dann startete er eine Recherche auf den BKA-Datenbanken.
Schmerz
Er wusste sofort, dass etwas schiefgelaufen war. Er konnte Menschen lesen wie andere die Speisekarte im Restaurant. Diese Fähigkeit hatte ihn in der Bank bis ganz nach oben gebracht. Ihr verdankte er ein jährliches Gehalt in zweistelliger Millionenhöhe.
Es waren nur etwa zehn Meter von der Tür, die aus dem Operationstrakt führte, bis zum Warteraum für Angehörige. Vor dieser Tür lief er seit Stunden angespannt auf und ab.
Als die Tür aufging und der Chefarzt mit einer fahrigen Bewegung die Operationshaube vom Kopf zog, sah er es in seinem Gesicht und in seiner ganzen Körperhaltung. Eine Mischung aus Wut, Enttäuschung