Honeymoon
weiter, ehe sie schließlich mit Connors Adresse in Briarcliff Manor herausrückte.
»Okay, Ma'am, bleiben Sie, wo Sie sind. Versuchen Sie sich zu beruhigen. Der Notarzt wird jeden Moment da sein.«
»Oh, bitte, machen Sie schnell!«
Nora legte den Hörer auf. Sie schätzte, dass ihr vielleicht noch sechs oder sieben Minuten blieben. Reichlich Zeit, um alles perfekt herzurichten.
Die Flasche Johnny Walker würde sie stehen lassen, beschloss sie, ebenso wie das Glas, aus dem sie getrunken hatte. Wer konnte es ihr schließlich verdenken, dass sie in einer solchen Situation einen Drink nötig hatte? Das Tablettenfläschchen dagegen würde sie mit Sicherheit
nicht
stehen lassen.
Es kam zurück in den Koffer. Nora packte es ganz unten in ihren Toilettenbeutel, den sie wiederum tief unter ihren Kleidern vergrub. Sollte irgendjemand die Flasche dennoch finden und das Etikett lesen, würde er sehen, dass Nora Zyrtec gegen ihren Heuschnupfen nahm. Es wäre allerdings keine sehr gute Idee gewesen, sich eine der Zehn-Milligramm-Tabletten zu borgen.
Nora zog den Reißverschluss des Koffers zu und trug ihn nach oben ins Schlafzimmer. Dann stellte sie sich vor den großen Spiegel und legte letzte Hand an ihr Äußeres. Sie zog das Baumwoll-T-Shirt aus der Jeans und riss ein paarmal kräftig am Halsausschnitt. Anschließend rieb sie sich die Augen, um sie rot zu machen. Durch heftiges Blinzeln lockte sie noch ein paar Tränen hervor, die ihr Make-up ordentlich verschmierten.
So, das dürfte reichen.
Nora war bereit für den nächsten Akt.
20
Irgendwie ganz schön aufregend. Der Nervenkitzel. Der alles entscheidende dritte Akt des Dramas.
Flackerndes Blaulicht und das anschwellende Heulen einer Sirene ließen Nora zur Haustür eilen. Hysterisch schreiend stürzte sie hinaus: »Schnell! Oh, bitte beeilen Sie sich doch! Bitte!«
Die Sanitäter – zwei junge Männer mit kurz geschorenen Haaren – schnappten sich ihre Taschen und eilten in das große Haus.
Nora trieb sie den Flur entlang zu dem Bad, wo Connor ausgestreckt am Boden lag.
Plötzlich fiel sie hemmungslos weinend auf die Knie und presste das Gesicht an Connors Brust. Einer der Sanitäter, der kleinere der beiden, musste sie auf den Flur hinauszerren, um Platz für sich und seinen Partner zu schaffen. »Bitte, Ma'am. Lassen Sie uns da drin unsere Arbeit machen. Er ist vielleicht noch am Leben.«
In den folgenden fünf Minuten wurden alle Anstrengungen unternommen, um Connor Brown wieder zu beleben, doch es war alles umsonst. Schließlich tauschten die zwei Sanitäter einen viel sagenden Blick und kamen schweigend überein, dass sie nichts mehr für den Patienten tun konnten.
Der Ältere der beiden drehte sich nach Nora um, die in einer anscheinend durch den Schock ausgelösten Trance in der Tür stand. Seine Miene sagte alles, Worte waren überflüssig, und doch konnte er sich ein überflüssiges »Es tut mir Leid« nicht verkneifen.
Wie auf ein Stichwort brach Nora wieder in Tränen aus. »Nein!«, schrie sie. »Nein, nein, nein! Oh, Connor, Connor!«
Minuten später traf die Polizei von Briarcliff Manor am Ort des Geschehens ein. Das war reine Routine, wie Nora wusste. Sobald Connor von dem Notarztteam für tot erklärt wurde, bekam das Revier den Anruf. Wieder das Heulen einer Sirene, noch mehr flackerndes Blaulicht in der Einfahrt.
Ein paar Nachbarn hatten sich versammelt, um zu gaffen. Erst vor einer Stunde hatten Nora und Connor darüber gewitzelt, dass sie ihnen beim Sex zuschauen könnten.
Der Polizeibeamte, der zumeist das Reden übernahm, hieß Nate Pingry. Er war älter als sein Partner, Officer Joe Barreiro, und eindeutig der Erfahrenere von beiden. Was sie wollten, war schnell gesagt: Man verlangte von ihnen einen detaillierten Bericht über die Umstände des Todes von Connor Brown und die Ereignisse, die dazu geführt hatten. Mit anderen Worten: nur der unvermeidliche Papierkram.
»Ich weiß, wie schwer das für Sie sein muss, Mrs Brown, also lassen Sie uns versuchen, es so schnell wie möglich hinter uns zu bringen«, sagte Pingry.
Nora hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Sie saß auf einem Polsterhocker im Wohnzimmer, zu dem die Sanitäter sie praktisch hatten tragen müssen. Jetzt blickte sie zu den Polizeibeamten Pingry und Barreiro auf.
»Wir waren nicht verheiratet«, schluchzte sie. Sie sah, dass die Blicke der beiden Polizisten den vierkarätigen Ring an ihrer linken Hand streiften, den Connor ihr geschenkt hatte. »Wir
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