Honeymoon
stinksauer.
»Glaub mir, es ist nur zu unserem Vorteil«, sagte ich. »Jetzt denkt Nora mehr denn je, dass ich auf ihrer Seite bin. Außerdem hast du selbst mir gesagt, dass die Exhumierung nicht ohne Risiko ist. Sie hätte es auch so herausfinden können.«
»Ich sagte, es besteht ein
kleines
Risiko.«
»Und ich sage nur, dass wir dieses Risiko gerade in einen Vorteil für uns verwandelt haben.«
»
Wir
haben gar nichts getan, O'Hara. Du hast auf eigene Faust gehandelt, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen.«
»Also gut, dann habe ich eben ein bisschen improvisiert.«
»Nein, du hast ganz gewaltig improvisiert. Das ist dein Markenzeichen, nicht wahr? Damit bringst du dich immer wieder in Schwierigkeiten«, schimpfte sie. »Es hat seinen Grund, dass wir vorher eine Strategie festlegen – damit nämlich jeder von uns weiß, was der andere tut.«
»Ach, komm schon, Susan – jetzt gib doch wenigstens zu, dass es für uns von Vorteil ist.«
»Darum geht es nicht. Du musst dich einem Team unterordnen, verstehst du? Du bist jetzt nicht mehr der Undercover-Cop.«
Ich zögerte einen Moment, aber dann erwiderte ich: »Du hast Recht. Ich bin jetzt der Undercover-FBI-Agent.«
»Nicht mehr lange, wenn du noch öfter so eigenmächtig die Strategie umschmeißt. Ich mag keine Cowboys in diesem Job.«
Wir waren beide einige Sekunden lang still. Ich brach das Schweigen. »Weißt du, eigentlich habe ich es lieber, wenn du mein Ego aufbaust.«
Susan brachte ein kleines, frustriertes Lachen zustande.
»Jetzt erzähl doch mal, du Genie«, sagte sie, »nachdem Nora jetzt weiß, dass wir ihren Verlobten ausbuddeln wollen, wie soll es deiner Meinung nach weitergehen?«
»Das ist doch klar«, antwortete ich. »Wir warten die Ergebnisse ab. Wenn unser Labor sagt, dass er keines natürlichen Todes gestorben ist, haben wir unsere Mörderin.«
»Dann brauchst du immer noch Beweise für ihre Schuld.«
»Die sind nun mal sehr viel leichter zu finden, wenn man weiß, wonach man sucht.«
»Und wenn das Labor nichts findet?«
»Dann gebe ich die frohe Botschaft an Nora weiter und lege mich noch mehr ins Zeug, um ihr eine Falle zu stellen.«
»Etwas vergisst du dabei.«
»Was denn?«
»Dass sie vielleicht tatsächlich unschuldig ist.«
»Und das aus deinem Mund – du hältst doch jeden gleich für schuldig.«
»Ich will damit nur sagen ...«
»Nein, ich verstehe dich ja. Möglich ist alles. Aber diese Frau hatte was mit zwei verschiedenen Typen in zwei verschiedenen Staaten, und die sind jetzt beide tot. Wenn das Zufall ist, dann hat Nora Sinclair wirklich ausgesprochenes Pech mit Männern.«
»Ach ja, wie dumm von mir«, sagte sie. »Gut, binden wir sie auf den elektrischen Stuhl.«
»Na also, das hört sich doch schon viel besser an. Ich dachte schon einen Moment lang, du wärst jemand anderes«
»Da wir gerade beim Thema sind, wie stehen die Chancen, dass Nora sich in dein Alter Ego verguckt?«
»Vergiss es. Craig Reynolds ist nicht ihre Güteklasse«, sagte ich. »Er verdient nicht genug.«
»Man kann nie wissen. Du hast mir doch gerade erzählt, wie sehr sie davon überzeugt ist, dass du auf ihrer Seite bist. Eine gute Voraussetzung, falls sie beschließen sollte, sich zur Abwechslung mal unters gemeine Volk zu mischen.«
»Dann habe ich genau die passende Wohnung. Perfekt für Begegnungen mit dem gemeinen Volk.«
»Jetzt fängst du hoffentlich nicht wieder damit an.«
»Nein, aber wenn ich noch länger in diesem Loch hausen muss, beantrage ich Gefahrenzulage.«
»Wenn sich herausstellen sollte, dass die Qualität deiner Unterkunft das schwierigste Problem bei diesem Auftrag ist, kannst du dich glücklich schätzen, O'Hara.«
53
Nora trat leise ins Zimmer ihrer Mutter in der psychiatrischen Klinik Pine Woods und rang sich ein gequältes Lächeln ab. Sie hatte eine fürchterliche Laune, und sie wusste es ebenso gut wie alle, denen sie begegnete – zuletzt hatten Schwester Emily Barrows und ihre neue Mitarbeiterin Patsy das Vergnügen gehabt, als Nora die Station betreten hatte.
Vorläufig versuchte sie das gestrige Treffen mit Craig Reynolds im Restaurant ganz einfach zu verdrängen. Sie tat so, als hätte er ihr nicht gesagt, dass Connors Leiche exhumiert werden sollte.
»Hallo, Mutter.«
Olivia Sinclair saß in ihrem gelben Nachthemd auf dem Bett. Sie sah Nora an und lächelte verständnislos. »Oh, hallo.«
Die tief hängenden Wolken, die sich fast den ganzen Tag über hartnäckig gehalten hatten,
Weitere Kostenlose Bücher