Honeymoon
ich hier gar nichts tun kann?«
»Absolut sicher, Schatz. Ich habe alles unter Kontrolle.«
Sie griff nach dem Spachtel. Es gab wirklich nichts, was er tun konnte, oder? Sie hatte ihren Entschluss gefasst. Während er sich an den Tisch setzte, wendete sie das Omelett noch ein letztes Mal.
Es gibt kein Zurück. Ich muss es tun. Heute Abend ist es so weit.
»Ach, da fällt mir was ein«, sagte er. »Ich habe dir ja noch gar nicht gesagt, dass dieser Zeitschriftenfotograf nächstes Wochenende vorbeikommt. Er will am Samstagnachmittag die Fotos von uns für diesen Artikel machen.«
»Soll das heißen, du hast es dir noch mal durch den Kopf gehen lassen und dich dafür entschieden?«
»Dass ich der Welt von meinem Riesenglück erzählen will? Ja. Jeffrey Walker und Nora Sinclair sind ein glücklich verheiratetes Paar. Ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass es richtig ist, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.«
Sie unterdrückte ein Lachen.
»Was ist denn?«
»Das klingt ja fast wie ›an die Börse gehen‹«, sagte sie. »So geschäftsmäßig.« Nora wandte sich wieder zum Herd um und hob Jeffreys Omelett auf einen Teller. Es wurde Zeit, dass er etwas zu essen bekam.
Eine Weile saß sie schweigend am Tisch und sah ihm zu, wie er sich sein Essen schmecken ließ. Er wirkte glücklich und zufrieden. Warum auch nicht?
»Erzähl mir doch mehr von deinem Roman«, sagte sie schließlich. »Die Hauptfigur stirbt am Schluss durch Erhängen?«
Er nickte. »Ich habe schon Guillotinen gehabt, Schwertkämpfe, Erschießungskommandos – aber noch nie so einen richtig altmodischen Tod durch den Strang.« Plötzlich fuhr er sich mit der Hand an den Hals und stieß einen erstickten Laut aus. Doch dann konnte er das Lachen nicht länger unterdrücken.
Nora gab sich alle Mühe, wenigstens zu lächeln.
»Weißt du, Nora, wir sollten uns mal über ...«
»Was hast du?«
Jeffrey schlug zögernd die Augen auf. »Nichts«, antwortete er mit stockender Stimme. Er räusperte sich. »Was habe ich gerade gesagt? Ach ja – wir sollten mal über unsere ...«
Wieder brach er ab. Nora beobachtete sein Gesicht ganz genau. Das Medikament zeigte eine gewisse Wirkung, aber sie fürchtete, die Dosis könnte zu gering gewesen sein. Er müsste schon weiter sein. Da stimmt irgendwas nicht.
»Also, was habe ich denn nun gesagt?«, fragte er mit mühsam beherrschter Stimme.
Kaum hatte er die Frage gestellt, da begann er mit dem Oberkörper zu schwanken. Dann hörte er sich an wie eine Schallplatte mit einem Sprung: »Wir sollten über ... sollten über ... unsere Flitterwochen reden.« Er hielt sich den Bauch und rang nach Luft, als ob er heftige Schmerzen hätte. Hilfe suchend sah er Nora an.
Sie stand auf, ging zur Spüle und füllte ein Glas mit Wasser. Mit dem Rücken zu ihm schüttete sie rasch das Pulver hinein, eine fette Überdosis Prostigmin –
der Kicker
, wie es ihr erster Ehemann Tom, der Kardiologe, immer genannt hatte. In Kombination mit dem Chloroquinphosphat, das Nora ihm in das Omelett gemischt hatte, würde es den Atemkollaps beschleunigen und schließlich zum Herzstillstand führen. Und das Beste: Es würde rückstandslos von seinem Organismus absorbiert werden.
»Hier, trink das«, sagte sie zu Jeffrey und hielt ihm das Glas hin.
Er hustete und stammelte: »Wa... was ist das?« Das sprudelnde Gebräu verschwamm vor seinen Augen.
»Trink es einfach nur«, sagte Nora. »Das hilft gegen alle Beschwerden. Plopp, plopp, zisch, zisch.«
91
Er wollte Antworten; er musste die richtigen Verbindungen herstellen. Er musste die Puzzleteile zu einem kompletten Bild zusammensetzen.
Plötzlich betraf der Fall ihn, O'Hara – den Touristen –, ganz persönlich.
Die geheimnisvolle Datei, die er vor der Grand Central Station in seinen Besitz gebracht hatte.
Die Liste mit Namen, Adressen, Bankkonten und Summen.
Ein Pizzafahrer, der versucht hatte, ihn zu töten.
Wer steckte dahinter? Der ursprüngliche Verkäufer, der Erpresser?
Seine eigenen Leute?
Was wollten sie? Wussten sie, dass er die Datei kopiert hatte? Vermuteten sie es nur? Oder wollten sie nur auf Nummer Sicher gehen, falls er es getan hatte?
Sie trauen mir nicht. Ich traue ihnen nicht.
Ist das nicht entzückend?
So läuft es eben in dieser Welt.
Jedenfalls brachte er von nun an jede freie Minute – zum Beispiel nach seinem großen Tag mit den Jungs im Yankee-Stadion – damit zu, über den Namen in der Datei zu brüten und an der Lösung des Rätsels zu
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